Sachverhalt:
Bereits
in seiner Sitzung SCHÖN/BA/01/2016 vom 11.02.2016 hatte der Bau- und
Verkehrsausschuss beschlossen, den Bürgermeister damit zu beauftragen, Angebote
von Fachfirmen zur Überarbeitung der Straßenausbaubeitragssatzung einzuholen
und zur nächsten Sitzung vorzulegen (vgl. TOP 8). In der Sitzung des Bau- und
Verkehrsausschusses SCHÖN/BA/02/2016 vom 10.03.2016 wurde berichtet, dass die
Kanzlei WEISSLEDER EWER aus Kiel das günstigste Gebot (1.500,00 EUR netto)
abgegeben hatte (vgl. TOP 11). Diese erhielt mit Schreiben vom 18.03.2016 den
Zuschlag zur Erstellung eines Entwurfs einer Straßenausbaubeitragssatzung.
Im
Zusammenhang mit der Beratung des durch die Amtsverwaltung vorgelegten Entwurfs
einer Satzung der Gemeinde Schönberg über die Erhebung von Beiträgen für die
Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und
Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung) im Rahmen der Vorlage SCHÖN/BV/082/2016
hatte der HFA bereits in seiner Sitzung SCHÖN/HA/04/2016 vom 01.12.2016 unter
TOP 8 folgenden Beschluss gefasst:
„Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Satzung
der Gemeinde Schönberg über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den
Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen
(Straßenausbaubeitragssatzung) wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet bestehend
aus je einem Vertreter der drei Fraktionen und dem zuständigem Sachbearbeiter
aus der Amtsverwaltung.“
Ursprünglich
war geplant, die Arbeitsgruppe am 11.04.2017 tagen zu lassen. Wegen erheblicher
Terminschwierigkeiten auf Seiten der Selbstverwaltung konnte die Arbeitsgruppe
jedoch tatsächlich erst am 18.10.2018 ihrem Auftrag nachkommen.
Dabei
standen die folgenden Grundsatzfragen im Vordergrund:
- Soll die Gemeinde von ihrem Recht auf Erhebung von Beiträgen nach
dem KAG Gebrauch machen oder soll sie auf dieses Recht verzichten?
- Sofern sich die Gemeinde für die Erhebung von Beiträgen
entscheidet, ist zu bestimmen, welche Beitragsanteile einer entsprechenden
Erhebung zu Grunde gelegt werden sollen. Soll der Beitragsanteil also
möglichst niedrig, im Rahmen etablierter „Mittelwerte“ oder möglichst hoch
bemessen werden?
Zur
Vorbereitung der Tagung der Arbeitsgruppe wurden durch die Amtsverwaltung diverse
fachliche Fragen bereits im Vorfeld beantwortet, so dass sich letztlich nur
noch die beiden Grundsatzfragen als „Arbeitsfeld“ herauskristallisierten, deren
politische Bewertung und
Beantwortung durch die Selbstverwaltung erforderlich ist.
Der
neue § 76 Absatz 2 Satz 2 GO regelt, dass eine Rechtspflicht zur Erhebung von
Straßenausbaubeiträgen im Sinne der §§ 8 und 8 a KAG nicht mehr besteht.
Eine
Pflicht der Gemeinden zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen besteht daher
seit dem 26.01.2018 (Tag nach der Veröffentlichung des Gesetzes) nicht mehr.
Vor
diesem Hintergrund steht es der Gemeinde grundsätzlich vollkommen frei, ob sie
entsprechende Beiträge überhaupt noch erheben will.
Das
Recht zur Erhebung von Beiträgen bleibt von der gesetzlichen Neuregelung unberührt.
Mit der Gesetzesänderung erhalten die Gemeinden die Möglichkeit, zukünftig in
eigener Verantwortung auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu
verzichten. Eine Erhebung ist jedoch weiterhin möglich.
Durch
§ 76 Absatz 2 Satz 2 GO ist die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen
abgeschafft worden. Dies hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Höhe des
umlagefähigen Anteils der Straßenausbaumaßnahme, denn die Vorschrift regelt
lediglich das „Ob“ der Festsetzung und Erhebung.
Das
Stimmungsbild zur Beantwortung dieser Grundsatzfragen stellte sich als durchaus
ambivalent dar. Während es bei der SPD eher eine Tendenz in Richtung Verzicht
auf die Erhebung von Beiträgen gab, sprachen sich die Vertreter der CDU und der
EIS für eine Beitragspflicht aus. Auch der Bürgermeister tendierte in diese
Richtung, da ansonsten die notwendigen Finanzmittel beispielsweise für den
Ausbau der Straße „Eichkamp“ und der Umsetzung des Ortsentwicklungskonzeptes
fehlen würden.
Die
(massive) Erhöhung der Hebesätze für die Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer)
oder der Steuersätze für die örtlichen Aufwandsteuern (Zweitwohnungs-,
Stellplatz- und Hundesteuer) wurde von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe als
nicht zielführend und zudem nicht vermittelbar angesehen, um die notwendigen
Finanzmittel zu generieren.
Als
Nachteil dieser Lösung erweist sich insbesondere der Umstand, dass die
Belastung nicht dem eigentlichen Verursacher zugerechnet wird. So wird ein
Grundstückseigentümer im Norden einer Gemeinde genauso zu einer Finanzierung
herangezogen, obwohl eine Anliegerstraße im Süden ausgebaut wurde, die ihm
keine Vorteile bringt, weil er sie nicht nutzt.
Auch
die Erhebung wiederkehrender Beiträge nach § 8 a KAG wurde verworfen, da diese
– ähnlich wie die Erhöhung der Steuern – kaum lösbare Probleme bei der
„Finanzierungsgerechtigkeit“ auslösen. Darüber hinaus sind in Praxis,
Rechtsprechung und Literatur zahlreiche Einzelfragen noch ungeklärt.
Beitragsangelegenheiten lösen regelmäßig Rechtsstreitigkeiten aus. Schon die
Festsetzung von Beiträgen für Einzelmaßnahmen (gängiges und etabliertes
Verfahren) beinhaltet hohe prozessuale Risiken für die Gemeinde. Dieses Risiko
würde bei wiederkehrenden Beiträgen immens gesteigert werden.
Auch
die Amtsverwaltung rät dringend davon
ab, wiederkehrende Beiträge einzuführen. Die Erfahrungen – beispielsweise in
der Gemeinde Heikendorf – zeigen, dass nahezu unüberwindbare Hindernisse allein
schon bei der Ermittlung der notwendigen Bemessungsgrundlagen zu überwinden
sind. Mit dem personellen Bestand der Amtsverwaltung kann ein solcher Aufwand
auf keinen Fall geleistet werden, so dass im Falle der Einführung
wiederkehrender Beiträge auch erhöhte Umlagen bzw. erhöhte
Verwaltungskostenbeiträge auf die Gemeinde Schönberg zukommen würden.
Sofern
man sich für die Erhebung von Beiträgen entscheiden sollte, wird diese auf der
Grundlage konkreter Baumaßnahmen angestrebt (maßnahmenbezogene
Beitragspflicht). Von diesem Leitbild geht auch der vorgelegte Satzungsentwurf
aus.
Vor
diesem Hintergrund wurde vereinbart, das Meinungsbild der Arbeitsgruppe in die
Fraktionen zu spiegeln, um im Anschluss nach Möglichkeit eine einvernehmliche
Zielrichtung unter Beantwortung der oben dargestellten Grundsatzfragen zu
definieren.
Der
dafür notwendige Abstimmungsprozess ist bislang nicht erfolgt.
Gleichwohl
wird in der Anlage der entsprechende Satzungsentwurf nochmals vorgelegt, der
wegen des Zeitablaufs jedoch geringfügig zu aktualisieren war. Dieser Entwurf
berücksichtigt die Rechtsprechung und Literatur zum Ausbaubeitragsrecht. An den
farbig unterlegten Stellen
des Entwurfs sind durch die Gemeindevertretung als Satzungsgeberin noch
Ermessenentscheidungen zu treffen. Die enthaltenen Zahlenwerte bzw. Texte sind
daher als Vorschläge anzusehen, die gegebenenfalls noch zu verändern sind, in
der vorgeschlagenen Form aber ein hohes Maß an Rechtssicherheit bieten.
A Allgemeiner Teil
Um
es der Gemeinde zu ermöglichen, zukünftig bestimmte Grundstückseigentümer und
diesen gleichgestellte Personen an den Kosten für die Durchführung von
Straßenbaumaßnahmen zu beteiligen, ist der Erlass einer Satzung über die
Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erforderlich. Rechtsgrundlage für den
Erlass der Satzung ist das Kommunalabgabengesetz (KAG). Dessen Regelungen
werden ergänzt durch die Abgabenordnung (AO) und das Landesverwaltungsgesetz
(LVwG).
B Besonderer Teil
Die
Einzelregelungen werden wie folgt begründet:
Inhaltsverzeichnis:
I. Obergrenze des Anliegeranteils/Beitragsanteils
II. Untergrenze des Anliegeranteils/Beitragsanteils
III. Maßstab zur Bestimmung der einzelnen Anteilssätze
V. Bemessung der vorgeschlagenen Anteilssätze in § 3
Satzungsentwurf
VI. Anrechenbare Fahrbahnbreiten
II. § 4 Absatz 2 Satz 2 und 5 – Abstände der sog.
Tiefenbegrenzungslinie
IV. § 4 Absatz 3 – Nutzungsfaktor je Vollgeschoss
V. § 4 Absatz 6 – Höhe des Artzuschlags für gewerblich nutzbare
Grundstücke
VI. § 4 Absatz 7 – sog. Eckgrundstückregelung
§ 5 Entstehung der sachlichen Beitragspflicht
§ 6 und 7 Abschnittsbildung und Kostenspaltung
§ 8 Beitragspflichtige / Beitragspflichtiger
III. § 10 Absatz 3 – Verrentungsregelung nach § 8 Absatz 9 KAG
Die
Eingangsformel (Präambel) ist nach § 66 LVwG erforderlich. Nach § 66 Absatz 1
LVwG muss eine Satzung
1. in der Überschrift als Satzung gekennzeichnet sein,
2. die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung
berechtigen,
3. auf die erfolgte Beschlussfassung, Genehmigung, Zustimmung oder das
Einvernehmen mit anderen Stellen hinweisen, soweit diese durch Rechtsvorschrift
vorgeschrieben sind,
4. das Datum angeben, unter dem sie ausgefertigt sind, und
5. den Träger der öffentlichen Verwaltung bezeichnen, der die Satzung
erlassen hat.
Nach
§ 66 Absatz 2 LVwG sollen Satzungen zudem
1. in der Überschrift ihren wesentlichen Inhalt kennzeichnen und
2. bei Gemeinden, Kreisen und Ämtern den örtlichen Geltungsbereich angeben;
ist der Geltungsbereich nicht angegeben, so gelten die Satzungen für deren
gesamten Bezirk.
§
1 des Satzungsentwurfs regelt den Gegenstand des Beitrags. Der
Beitragsgegenstand beschreibt diejenigen Maßnahmen der Gemeinde, die eine
Straßenausbaubeitragspflicht auslösen können. Dies sind:
·
Die Herstellung, der Ausbau
und Umbau sowie die Erneuerung
·
von öffentlichen Straßen,
Wegen und Plätzen,
·
soweit sie in der
Straßenbaulast der Gemeinde stehen.
Der
Beitragsgegenstand gehört zum gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt der
Satzung nach § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG.
§ 1 regelt zudem in Anlehnung an § 8 Absatz 1 KAG, von wem Beiträge
erhoben werden dürfen. Dies sind die Grundstückseigentümer oder zur Nutzung
eines Grundstücks dinglich Berechtigten, denen durch eine beitragspflichtige
Maßnahme Vorteile erwachsen.
§
2 des Satzungsentwurfs enthält eine Aufzählung unterschiedlicher
beitragsfähiger Aufwendungen. Die Vorschrift ist in ihrem Umfang nicht zwingend
erforderlich. Es wäre auch ausreichend, wenn die Vorschrift den „notwendigen
Aufwand im Sinne von § 8 Absatz 1 KAG“ als beitragsfähig bezeichnen würde.
Welcher Aufwand beitragsfähig ist, ist nämlich bereits abschließend im Gesetz
geregelt. Beitragsfähig ist immer nur der Aufwand, der für die Verwirklichung
einer beitragspflichtigen Maßnahme notwendig ist. Dies ergibt sich aus § 8 Absatz
1 Satz 1 KAG,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 201.
Die
Regelung in § 2 dient daher in erster Linie der Information des Bürgers. Dabei
macht das Wort „insbesondere“ deutlich, dass der folgende Katalog von
beitragsfähigen Aufwendungen nicht abschließend, sondern nur Beispielhaft zu
verstehen ist. Es empfiehlt sich auch, diesen beispielhaften Charakter in der
Satzung zum Ausdruck zu bringen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der
Satzungsgeber den möglichen Umfang des beitragsfähigen Aufwands ungewollt
beschränkt, indem er versehentlich Lücken in der Aufzählung belässt.
§
3 des Satzungsentwurfs regelt, welcher Anteil des beitragsfähigen Aufwands, der
der Gemeinde durch eine beitragsfähige Maßnahme (d. h. die Herstellung, den
Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung einer notwendigen öffentlichen
Gemeindestraße) entsteht, auf die Gruppe der Beitragspflichtigen umgelegt wird
(Anliegeranteil/Beitragsanteil) und welcher Anteil von der Gemeinde als
Repräsentant der Allgemeinheit getragen wird (Gemeindeanteil). Diese Aufteilung
erfolgt vor der Verteilung des danach verbleibenden umlagefähigen
Aufwands auf die beitragsfähigen Grundstücke.
Die
Aufteilung ist gemäß § 8 Absatz 1 Satz 3 vorgeschrieben, da die Vorteile einer
beitragsfähige Maßnahme an einer Gemeindestraße nicht nur den jeweiligen
Grundstücken an der Straße zuwachsen, sondern auch und gerade der Allgemeinheit
zugutekommen,
vgl.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 205.
Der
Abzug ist in § 3 nicht pauschal geregelt, sondern erfolgt nach Straßentypen und
Teileinrichtung gestaffelt. Diese Differenzierung ist erforderlich.
Verschiedene Straßentypen und Teileinrichtung werden erfahrungsgemäß in
unterschiedlichem Maße von den anliegenden Grundstückseigentümern und der
Allgemeinheit genutzt. So werden die Gehwege einer Hauptverkehrsstraße
beispielsweise typischerweise in höherem Maße von den Anliegern als von der
Allgemeinheit genutzt. Demgegenüber wird die Fahrbahn einer Hauptverkehrsstraße
typischerweise mehr von der Allgemeinheit und weniger von den Anliegern
genutzt,
vgl.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 209f und 213ff.
Die
einzelnen Anteilssätze kann und muss allein die Gemeinde bestimmen. Allerdings
ist sie dabei nicht vollkommen frei. Vielmehr muss sie folgende Grenzen und
Maßstäbe beachten:
I.
Obergrenze
des Anliegeranteils/Beitragsanteils
Der
Anliegeranteil/Beitragsanteil ist nach oben hin begrenzt. Er darf maximal 85 %
des beitragsfähigen Aufwands betragen. Dies ergibt sich aus § 8 Absatz 1 Satz 3
KAG. Danach tragen die Beitragsberechtigten, d. h. die Gemeinden, bei
Straßenbaumaßnahmen nämlich mindestens 15 % des (beitragsfähigen) Aufwandes.
II.
Untergrenze
des Anliegeranteils/Beitragsanteils
Der
Spielraum bei der Bestimmung des Anliegeranteils/Beitragsanteils ist allerdings
auch nach unten hin begrenzt. Im Gegensatz zur Obergrenze (unter I.) lassen
sich hier zwar keine genauen Prozentzahlen benennen, allerdings ist zu beachten,
dass das
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 19.05.2010 – 2 KN 2/09 –,
zit. n. juris, Rn. 70,
angedeutet
hat, dass ein Beitragsanteil von unter 53 % für Anliegerstraßen rechtswidrig
sein dürfte. In der Entscheidung hat das Gericht einen Beitragsanteil von 53 %
für Anliegerstraßen für rechtmäßig erklärt und zugleich angemerkt, dass dieser
deutlich hinter den allgemein üblichen Werten zurückbleibe,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.05.2010 – 2 KN 2/09 –, zit. n.
juris, Rn. 65.
Darüber
hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Spielraum bei der Bestimmung des
Beitragsanteils nach unten hin auch durch die Haushaltslage der Gemeinde
begrenzt wird. Es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die
Kommunalaufsicht Gemeinden mit angespannter Haushaltslage, die ihre
Beitragsanteile verhältnismäßig niedrig festgesetzt haben, die Genehmigung von
neuen Kreditaufnahmen nach § 85 bzw. § 95 GO verweigern wird und sie
stattdessen auffordern wird, ihre Beitragsanteile heraufzusetzen. Nach § 76 Absatz
3 GO darf die Gemeinde nämlich nur dann Kredite aufnehmen, wenn eine andere
Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Zu den
anderen Finanzierungsmöglichkeiten gehört nach § 76 Absatz 2 Nummer 1 GO auch
und gerade die Beitragserhebung. Beiträge sind Entgelte für die Vorteile aus
der Straßenbauleistung der Gemeinde,
vgl.
Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts vom 07.06.2012 –
LVerfG 1/12 –, Die Gemeinde 2012, S. 281, 283.
Allerdings
ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass durch Artikel 1 des Gesetzes zur
Aufhebung der Erhebungspflicht für Straßenausbaubeiträge vom 04.01.2018 ein
neuer § 76 Absatz 2 Satz 2 GO angefügt wurde, nach welchem eine Rechtspflicht
zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach dem KAG nicht mehr besteht.
Insoweit dürfte der Kommunalaufsichtsbehörde der oben beschriebene Einwand seit
dem 26.01.2018 abgeschnitten sein. Auch eine Kürzung bei der Zuweisung von
Finanzmitteln zur Deckung eines Fehlbedarfs scheidet vor diesem Hintergrund
aus. Die Einrede der zu niedrigen oder gänzlich fehlenden Erhebung von
Beiträgen kann daher nicht vorgebracht werden.
Sofern
die Haushaltssatzung der Genehmigungspflicht unterliegen sollte, weil der
Verwaltungshaushalt des Haushaltsjahres und der drei nachfolgenden Jahre nach
der Finanzplanung nicht ausgeglichen ist sowie in den beiden vorangegangenen
Haushaltsjahren nicht ausgeglichen war (vergleiche § 85 Abs. 6 GO), ist der
Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keine zu prüfende
Tatbestandsvoraussetzung für die Genehmigung. Die GO stellt insofern lediglich
auf die Grundsätze einer geordneten Haushaltswirtschaft und hierbei
insbesondere auf die dauernde Leistungsfähigkeit und damit den
Haushaltsausgleich ab. Konkret bedeutet dies, dass nach der gegenwärtigen
Auffassung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde die Genehmigung des
Gesamtbetrages der Kredite in einer Haushaltssatzung nicht deshalb versagt
werden darf, weil die Gemeinde von ihrem Recht Gebrauch macht, auf die Erhebung
von Straßenausbaubeiträgen zu verzichten (Runderlass vom 24.04.2018, Az. IV 322
– 50/2018).
III. Maßstab zur Bestimmung der einzelnen
Anteilssätze
Innerhalb
der zuvor (unter I. und II.) erläuterten Ober- und Untergrenze müssen die
Anteilssätze des Anliegeranteils/Beitragsanteils nach dem Verhältnis von
Allgemein- und Anliegerverkehr innerhalb des jeweiligen Straßentyps, d. h.
- Anliegerstraße,
- Haupterschließungsstraße,
- Hauptverkehrsstraße,
- Fußgängerzone
und
der jeweiligen Teileinrichtung, d. h.
- Fahrbahn
- Radwege,
- kombinierte Radwege,
- Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung,
- Gehwege
- Parkflächen und Standspuren,
- Bushaltebuchten
- Mischflächen,
- verkehrsberuhigende Maßnahmen im Fahrbahnbereich.
bemessen
sein. Je mehr ein Straßentyp bzw. eine Teileinrichtung erfahrungsgemäß von der
Allgemeinheit benutzt wird, desto höher ist der Wert des der Allgemeinheit
vermittelten Vorteils zu bemessen und desto höher muss dementsprechend der
Gemeindeanteil sein. Umgekehrt muss der Anliegeranteil/Beitragsanteil umso
höher sein, je mehr die ausgebaute Einrichtung erfahrungsgemäß von den
Eigentümern der anliegenden Grundstücke genutzt wird,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.05.2010 – 2 KN 2/09 –, zit. n.
juris, Rn. 65.
Wie
das Verhältnis von Allgemein- und Anliegerverkehr innerhalb der Straßen im
Gemeindegebiet im Einzelfall zu bewerten ist, ist Sache der Gemeinde. § 8 KAG
enthält hierzu keine Vorgaben. Als Anhaltspunkte kommen dabei vor allem
- die objektive Funktion der jeweiligen Straße im gesamten gemeindlichen
Straßennetz,
- der Ausbauzustand der Straße
- die straßenverkehrsrechtliche Einordnung der Straße und
- die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse auf der Straße
in
Frage. Maßgeblich soll dabei stets die theoretische Überlegung sein, ob die
Straße auch dann noch eine Funktion hätte, wenn sie keine Anliegergrundstücke
erschließen würde. Ist dies der Fall, findet auf ihr zumindest auch
Allgemeinverkehr statt,
Thiem/Böttcher,
Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 19. Lfg. 2014, § 8 Rn.
467a.
Ein
weiterer Anhaltspunkt soll die Unterscheidung nach sog. „Ziel- und
Quellverkehr“ auf der einen und „Durchgangsverkehr“ auf der anderen Seite sein.
- „Ziel-und Quellverkehr“ ist der Verkehr, der an oder auf einem
Anliegergrundstück der jeweiligen Straße beginnt oder dort endet. Er entspricht
der Nutzung der Straße durch die Anlieger.
- „Durchgangsverkehr“ ist der Verkehr, der ohne Halt durch die Straße
hindurch führt, d. h. weder dort beginnt noch dort endet. Er entspricht der
Nutzung der Straße durch die Allgemeinheit.
Verkehrszählungen
scheiden demgegenüber als Anhaltspunkt für die Bestimmung des Verhältnisses von
Allgemein- und Anliegerverkehr aus. Verkehrszählungen sind nämlich nur Momentaufnahmen
der Straßennutzung,
Habermann,
in: Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8
a Rn. 32.
Überschreitet
oder missachtet die Gemeinde die vorstehend erläuterten Grenzen und Maßstäbe
für die Bestimmung der Anliegeranteilssätze, sind die Anteilssätze rechtswidrig
und damit nichtig. Kommt es in dieser Situation zu einem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem ein Beitragspflichtiger nach
Abschluss des Widerspruchsverfahrens, Anfechtungsklage gegen seinen
Beitragsbescheid erhebt, wird das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid
in vollem Umfang aufheben. Eine Teilaufhebung kommt nicht in Betracht. Fehler
bei der Bestimmung der Anliegeranteilssätze führen immer zur vollständigen
Nichtigkeit der Satzung und damit zum Wegfall der Rechtsgrundlage für den
Beitragsbescheid,
m.w.N.
Habermann, in: Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8
Rn. 208.
Die
Festlegung der Anteilssätze sollte daher besonders sorgfältig erfolgen.
V.
Bemessung
der vorgeschlagenen Anteilssätze in § 3 Satzungsentwurf
Die
in § 3 Satzungsentwurf nunmehr vorgeschlagenen Anteilssätze sind mit 75 % für
Anliegerstraßen weder besonders hoch noch besonders niedrig bemessen. Im
Übrigen orientieren sich die Anteilssätze an der Kommentierung von
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 213-216.
Wie
oben dargestellt wurde, kann die Gemeinde darüber entscheiden, ob sie überhaupt
Straßenausbaubeiträge erheben möchte oder nicht.
Entscheidet
sie sich jedoch für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen, ist sie bei deren
Ausgestaltung nicht völlig frei. „Wie“
derartige Beiträge zu erheben sind, folgt aus § 8 KAG und § 8 a KAG. Die hierzu
durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten also weiterhin und
uneingeschränkt fort. Die Gemeinden sind zur Übernahme von mindestens 15 % der
Kosten einer beitragspflichtigen Maßnahme verpflichtet (§ 8 Absatz 1 Satz 3
KAG). Der verbleibende Betrag ist demnach grundsätzlich umlagefähig – maximal
also 85 %. Zwingend ist das sich aus § 8 Absatz 1 Satz 2 KAG ergebende
Vorteilsprinzip zu beachten. Danach hat sich der zu erhebende Beitrag am
jeweiligen durch die Maßnahme erhaltenen Vorteil für die beitragspflichtigen
Anlieger im Verhältnis zu den der Allgemeinheit durch die Maßnahme gebotenen
Vorteilen zu orientieren. Hierbei sind Abstufungen zwischen unterschiedlichen
Straßenkategorien (zum Beispiel Anlieger- und Durchgangsstraßen) vorzunehmen.
Daraus
folgt, dass die verschiedenen Anteile der verschiedenen Gruppen von Anliegern
innerhalb der Beitragssatzung weiterhin „vorteilsgerecht“ aufeinander
abzustimmen sind. Dabei hat die Gemeinde grundsätzlich einen
Beurteilungsspielraum. Aus dem Vorteilsprinzip können sich nach Auffassung der
obersten Kommunalaufsichtsbehörde Untergrenzen ergeben (Runderlass vom
24.04.2018, Az. IV 322 – 50/2018). So müssen bei Anliegerstraßen, also Straßen,
die überwiegend durch Anlieger benutzt werden, auch bei dem Vorliegen von
besonderen Umständen mindestens mehr als
50 % der Kosten der Maßnahme auf die Anlieger umgelegt werden. Hieraus
folgt also eine absolute Untergrenze von 51 %.
Gesetzt
den Fall, dass sich die Gemeinde Schönberg überhaupt dazu entscheidet, von
ihrem Recht auf die Erhebung von Beiträgen Gebrauch zu machen, ergeben sich aus
dem vorstehend Gesagten leicht veränderte Spielräume bei der Gestaltung der
Beitragsanteile. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der obersten
Kommunalaufsichtsbehörde wäre die absolute Untergrenze bei 51 % für
Anliegerstraßen. Innerhalb der zuvor erläuterten Ober- und Untergrenzen
(zwischen 85 % und über 50 %) müssen die Anteilssätze des
Anliegeranteils/Beitragsanteils nach dem Verhältnis von Allgemein- und
Anliegerverkehr innerhalb des jeweiligen Straßentyps, d. h.
·
Anliegerstraße,
·
Haupterschließungsstraße,
·
Hauptverkehrsstraße,
·
Fußgängerzone
und
der jeweiligen Teileinrichtung, d. h.
·
Fahrbahn
·
Radwege,
·
kombinierte Radwege,
·
Straßenentwässerung und
Straßenbeleuchtung,
·
Gehwege
·
Parkflächen und
Standspuren,
·
Bushaltebuchten
·
Mischflächen,
·
verkehrsberuhigende
Maßnahmen im Fahrbahnbereich.
bemessen
sein. Je mehr ein Straßentyp bzw. eine Teileinrichtung erfahrungsgemäß von der
Allgemeinheit benutzt wird, desto höher ist der Wert des der Allgemeinheit
vermittelten Vorteils zu bemessen und desto höher muss dementsprechend der
Gemeindeanteil sein. Umgekehrt muss der Anliegeranteil/Beitragsanteil umso
höher sein, je mehr die ausgebaute Einrichtung erfahrungsgemäß von den
Eigentümern der anliegenden Grundstücke genutzt wird.
Wie
das Verhältnis von Allgemein- und Anliegerverkehr innerhalb der Straßen im
Gemeindegebiet im Einzelfall zu bewerten ist, ist Sache der Gemeinde. § 8 KAG
enthält hierzu keine Vorgaben.
Vor
diesem Hintergrund würde es sich anbieten, das Verhältnis zwischen dem in
Schleswig-Holstein üblichen Beitragsanteil für Anliegerstraßen von 75 % (dieser
Wert wird auch im Satzungsentwurf zu Grunde gelegt) und der nach der
Rechtsänderung zu beachtenden Untergrenze von 51 % zu ermitteln. Der
entsprechende Faktor beträgt 0,68. Die bislang im Satzungsentwurf enthaltenen
Beitragsanteile (vergleiche § 3 des Entwurfes) könnten so mit dem Faktor von
0,68 multipliziert werden, um die „neuen“ Werte, die eine Untergrenze und damit
auch eine „schonende“ Belastung mit Beiträgen berücksichtigen, zu ermitteln.
Bei
einer solchen Herangehensweise würde sich beispielsweise der vorgeschlagene
Beitragsanteil für Anliegerstraßen gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Entwurfs von
bisher 75 % auf 51 % vermindern (75 % * 0,68 = 51 %).
Der
Beitragsanteil für die Fahrbahn einer Haupterschließungsstraße im Sinne des § 3
Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Entwurfs würde sich so von 45 % auf 30,60 %
vermindern (45 % * 0,68 = 30,60 %). Für die übrigen Beitragsanteile würde dies
entsprechend gelten (vgl. Anlage).
Aufgrund
der obigen Darlegungen wäre ein Faktor, der kleiner als 0,68 ist, nicht
zulässig, weil dann der Beitragsanteil für Anliegerstraßen unter die „magische
Grenze“ von 51 % sinken würde. Innerhalb eines Rahmens von 0,99 bis 0,68,
bezogen auf den bisherigen Vorschlag, wären jedoch sämtliche Beitragsanteile
denkbar.
VI. Anrechenbare Fahrbahnbreiten
Neben
den Anliegeranteilsätzen kann die Gemeinde auch die Werte der anrechenbaren
Fahrbahnbreiten in § 3 des Satzungsentwurfs verändern.
Die
Bestimmung der anrechenbaren Fahrbahnbreiten in § 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe
a), Nummer 2 Buchstabe a), Nummer 2 Buchstabe a) und Absatz 2 Satzungsentwurf
ist erforderlich, da sich Erweiterungen der Fahrbahnen ab einer bestimmten
Breite nur noch für die Allgemeinheit, aber nicht mehr für anliegenden
Grundstücke vorteilhaft auswirken. Würde die Gemeinde die Begrenzungen nicht in
ihre Satzung aufnehmen, müsste sie bei jeder Fahrbahnverbreiterung einzeln
prüfen, ob, und ggf. in welchem Maße die Verbreiterung auch für die anliegenden
Grundstücke Vorteile bringt,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 155.
Bedauerlicherweise
hat die Rechtsprechung allerdings noch keine klaren Maßstäbe für die Bemessung
der Fahrbahnbreitenbegrenzungen formuliert. Als Maßstab lässt sich daher nur
der Gedanke heranziehen, der hinter der Begrenzung steht; d. h. die Überlegung,
ab welcher Fahrbahnbreite keine zusätzlichen Sondervorteile für die
Anliegergrundstücke mehr entstehen, und zwar orientiert an den typischen, in
Schönberg vorherrschenden Verhältnissen.
Mangels
entsprechender Informationen aus der Gemeinde orientieren sich die nunmehr in §
3 Satzungsentwurf vorgeschlagenen Werte an den Zahlen aus der bisherigen
Straßenausbaubeitragsatzung der Gemeinde Schönberg vom 28.06.1999.
Denkbar
wäre es aber auch, auf die Breitenbegrenzungsregelung in der Satzung gänzlich
zu verzichten. Erfahrungsgemäß bringt ein solcher Verzicht insbesondere bei
kleineren Gemeinden keine zusätzlichen Anwendungsprobleme.
§
4 des Satzungsentwurfs sieht für die oben (eingangs unter § 3) erläuterte
Verteilung des umlagefähigen Aufwands auf die beitragspflichtigen Grundstücke
den sog. Vollgeschossmaßstab vor. Dabei handelt es sich um einen von zwei Maßstäben,
die von der Rechtsprechung anerkannt werden,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 16.09.1997 – 2 L 198/96 –, Die
Gemeinde 1998, S. 166, 170.
Beim
Vollgeschossmaßstab wird die Fläche, mit der ein beitragspflichtiges Grundstück
an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands teilnimmt (beitragspflichtige
Fläche), im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt:
1. der baulich nutzbaren Fläche des Grundstücks
und
2. der Zahl der zulässigen bzw. tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse auf
dem Grundstück.
Die
beitragspflichtige Fläche eines Grundstücks errechnet sich, indem die baulich
nutzbare Fläche mit einem Faktor vervielfacht wird, der sich nach den auf dem
Grundstück zulässigen Vollgeschossen richtet.
Statt
des Vollgeschossmaßstabs kann die Gemeinde auch der sog. Geschossflächenmaßstab
wählen. Auch dieser Maßstab ist von der Rechtsprechung anerkannt,
u.
a. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom
24.03.1994 – 2 L 71/92 –, zit. n. juris, Rn. 21.
Beim
Geschossflächenmaßstab richtet sich der Faktor, mit dem die baulich nutzbare
Fläche des Grundstücks vervielfacht wird, nicht nach der Zahl der
Vollgeschosse, sondern nach der Geschossfläche auf dem Grundstück.
In
dem anliegenden Satzungsentwurf wurde der Vollgeschossmaßstab gewählt. Er ist
in der Regel einfacher zu handhaben, als der Geschossflächenmaßstab. Außerdem
fällt es den Beitragspflichtigen erfahrungsgemäß auch leichter, diesen Maßstab
zu verstehen und nachzuvollziehen. Beides zeigt sich beispielhaft bei bebauten
Grundstücken, bei denen sich die Anzahl der zulässigen Vollgeschosse bzw.
Geschossfläche nicht verlässlich bestimmen lässt, da das Grundstück z. B. nicht
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt. In solchen Fällen darf die Zahl
der zu berücksichtigenden Vollgeschosse bzw. die anzurechnende Geschossfläche
aus der tatsächlich vorhanden Bebauung ermittelt werden, d. h. also aus der
Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bzw. aus der tatsächlich
vorhandenen Geschossfläche. Dabei ist es in der Regel deutlich einfacher,
festzustellen, wie viele Vollgeschosse ein vorhandenes Gebäude hat, als
festzustellen, über wie viel Geschossfläche es tatsächlich verfügt,
vgl.
Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 19. Lfg.
2014, § 8 Rn. 661.
Neben
der Art des Maßstabes kann die Gemeinde auch den Vervielfältiger für die nicht
baulich, gewerblich, industriell oder in vergleichbarer Weise nutzbare
Grundstücksflächen in § 4 Absatz 2 verändern. Auch diese Grundstücksflächen
nehmen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands teil. Auch sie sind von
beitragsfähigen Maßnahmen an der Straße bevorteilt,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.07.2002 – 2 M 38/02 –, zit.
n. juris, Rn. 11.
Da
nicht baulich, gewerblich, industriell oder in vergleichbarer Weise nutzbare
Grundstücksflächen aber deutlich weniger Vorteile haben, als baulich nutzbare
Flächen, werden sie mit einem Faktor von weniger als 1 vervielfältigt und
dadurch „kleingerechnet“.
In
dem anliegenden Satzungsentwurf wurde der Faktor 0,05 gewählt. Dies ist ein
üblicher Faktor, der auch von der Rechtsprechung anerkannt wird,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.07.2002 – 2 M 38/02 –, zit.
n. juris, Rn. 11.
Der
Gemeinde steht es jedoch auch frei, einen anderen Faktor festzulegen. Die
Rechtsprechung hat auch Faktoren von 0,06 und 0,03 für rechtmäßig erachtet,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.10.2002 – 2 MB 18/07 –; Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.08.2007 – 2 MB 12/07, beiden
zitiert bei Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des
Landes Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan.
2016, § 8, Rn. 222.
II.
§ 4 Absatz
2 Satz 2 und 5 – Abstände der sog. Tiefenbegrenzungslinie
In
§ 4 des Satzungsentwurfs kann die Gemeinde weiterhin die Abstände der sog.
Tiefenbegrenzungslinie verändern.
Die
Tiefenbegrenzungsregelung vereinfacht die Ermittlung der beitragspflichtigen
Fläche von Grundstücken, die auf der Grenze zwischen dem sog. unbeplanten
Innenbereich nach § 34 BauGB und dem Außenbereich nach § 35 BauGB liegen. Dies
ist typischerweise bei Baulücken der Fall, bei denen das Grundstück mit seinem
hinteren Teil in den Außenbereich ragt.
Mit
einer Tiefenbegrenzungsregelung bestimmt die Gemeinde pauschalisierend, welcher
Teil eines Grundstücks im vorgenannten Sinne bei der Verteilung des
beitragsfähigen Aufwands als baulich nutzbarer Innenbereich und welcher Teil
als nicht mehr bebaubarer Außenbereich gilt. Dies geschieht in der Weise, dass
ein seitlicher Abstand von der Straßengrenze bestimmt und zugleich angeordnet
wird, dass die gesamte Fläche, die innerhalb dieses Abstands liegt, als
bebaubar, die übrige Fläche, die außerhalb dieses Abstands liegt, als nicht
bebaubar gilt,
vgl.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan 2016, § 8,
Rn. 231.
Ohne
eine Tiefenbegrenzungsregelung müsste die Gemeinde in jedem Einzelfall
gesondert prüfen, welche Fläche des Grundstücks noch zum baulich nutzbaren
Innenbereich gehört und welche Fläche bereits Teil des grundsätzlich nicht
bebaubaren Außenbereichs ist.
Die
Bestimmung des genauen Abstands der Tiefenbegrenzungslinie liegt im Ermessen
der Gemeinde. Diese ist dabei aber nicht vollkommen frei. Der Abstand muss sich
daran orientieren, bis zu welcher Tiefe die Grundstücke in der Gemeinde
typischerweise baulich genutzt werden. Nur wenn die Tiefenbegrenzung nach der
typischen Tiefe der baulichen Nutzungen im Gemeindegebiet bemessen ist, ist sie
rechtmäßig und wirksam. Wie bereits erläutert, dient die Regelung gerade dazu,
möglichst zutreffend abzugrenzen, welcher Teil eines Grundstücks noch zum
bebaubaren Innenbereich und, welcher Teil zum unbebaubaren Außenbereich gehört,
vgl.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 231.
In
vielen Gemeinden sind Grundstücke im unbeplanten Innenbereich üblicherweise bis
zu einer Tiefe von 50 m baulich nutzbar.
Der
Umstand, dass diese Abstände den ortsüblichen Bebauungstiefen in vielen anderen
Gemeinden entsprechen, entbindet die Gemeinde jedoch nicht davon, eine eigne
originäre und nachvollziehbare Ermessensentscheidung über die festzulegenden
Abstände in ihrer Satzung zu treffen. Gerade in Gemeinden mit überwiegender
Wohnbebauung können auch Tiefenbegrenzungen von 40 m und 80 m rechtmäßig sein,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 231.
Folglich
bedarf die Tiefenbegrenzung von 50 m in jedem Fall noch einmal einer Prüfung
vonseiten der Gemeinde.
Die
in § 4 Absatz 2 Nummer 4 aufgezählten Grundstücksnutzungen und Vervielfältiger
müssen ggf. ergänzt werden. Für Grundstücke, die nur in einer der baulichen
Nutzung vergleichbaren Weise oder nur untergeordnet baulich genutzt werden
können, sind fiktive Vervielfältiger festzulegen,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 268.
Dementsprechend
sieht der anliegende Satzungsentwurf für Sportplätze, Freibäder, Campingplätze,
Friedhöfe, Kleingärten, Flächen für den Naturschutz und die Landespflege,
Teichanlagen, die zur Fischzucht dienen und Gartenbaubetriebe im Außenbereich
eigene Vervielfältiger vor.
Soweit
es in der Gemeinde Grundstücke gibt, die in vergleichbarer Weise genutzt werden
dürfen, sollten die Gemeinde für diese Grundstücke eigene Vervielfältiger bestimmen.
IV. § 4 Absatz 3 – Nutzungsfaktor je Vollgeschoss
Die
Gemeinde kann auch die Nutzungsfaktoren in § 4 Absatz 3 verändern, mit denen
die baulich nutzbare Fläche eines Grundstücks nach Maßgabe der zulässigen
Vollgeschosse vervielfältigt wird. Allerdings ist das Ermessen der Gemeinden
auch hierbegrenzt. Die Steigerungsraten, die die Gemeinde vorsieht, müssen sich
an der Steigerung der Nutzfläche orientieren, die mit jedem weiteren
Vollgeschoss in einer für das Gemeindegebiet typischen Bebauung geschaffen
wird,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 257.
Üblicherweise
sehen Satzungen eine Steigerung von +0,25 je Vollgeschoss vor. Eine solche
Steigerung ist jedenfalls für das zweite und dritte Vollgeschoss nicht zu
beanstanden,
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.07.1999 – 2 M 31/98 –, zit.
n. juris, Rn. 4.
Daher
sieht auch der anliegende Satzungsentwurf diese
Steigerungsraten in § 4 Absatz 3 vor.
V.
§ 4 Absatz
6 – Höhe des Artzuschlags für gewerblich nutzbare Grundstücke
Die
Gemeinde kann darüber hinaus auch die Höhe des Artzuschlags für gewerblich
nutzbare Grundstücke in § 4 Absatz 6 bestimmen.
Die
Gemeinden sind verpflichtet, Artzuschläge für gewerblich nutzbare Grundstücke
in ihrer Satzungen vorzusehen. Gewerblich nutzbare Grundstücke sind in
besonderem Maße darauf angewiesen, von der Straße aus erreicht und befahren
werden zu können. Daher haben sie von einer beitragsfähigen Straßenbaumaßnahme
auch mehr Vorteile als ein gewöhnliches Wohngrundstück und müssen daher auch
mehr von dem beitragsfähigen Aufwand tragen,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 246 und 270.
Der
anliegende Satzungsentwurf sieht in § 4 Absatz 6 vor, dass die Flächen von den
dort definierten gewerblich nutzbaren Grundstücken nach der Anwendung der
Verteilungsregeln aus § 4 Absatz 1 bis 3 noch einmal um 30 v. H. erhöht werden.
Dabei handelt es sich um eine niedrige, aber übliche Bemessung des
Artzuschlags. Die Gemeinde kann die Höhe des Artzuschlags aber auch höher oder
niedriger ansetzen. Die Grenzen des gemeindlichen Ermessens sollen hier bei 10
v. H. bzw. 100 v. H. liegen,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 246.
VI. § 4 Absatz 7 – sog. Eckgrundstückregelung
Die
Gemeinde kann weiterhin die sog. Eckgrundstückregelung in § 4 Absatz 7
streichen oder verändern.
Die
Gemeinde kann frei entscheiden, ob sie Grundstücke, die an zwei oder mehr
Gemeindestraßen anliegen (Eckgrundstücke), in der Weise entlasten will, dass
sie die auf diese Grundstücke entfallenden Beiträge nur teilweise erhebt. Es
handelt sich hierbei aber um eine reine Billigkeitsregelung. Die
Beitragsausfälle, die durch die nicht erhobenen Beiträge entstehen, muss die
Gemeinde aus eigenen Mitteln ausgleichen. Eine Umverteilung auf die übrigen
beitragspflichtigen Grundstücke ist unzulässig,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 273.
Sollte
sich die Gemeinde für die Beibehaltung der Eckgrundstückregelung in § 4 Absatz
7 entscheiden, ist zu beachten, dass die Ermäßigung deutlich unter 50 v. H. der
Beitragshöhe liegen sollte. Eine weitere Vergünstigung dürfte nicht mehr mit
den Grundsätzen der Abgabengleichheit und Abgabengerechtigkeit vereinbar sein.
Ein Eckgrundstück darf bei einer Gesamtbetrachtung nicht bessergestellt werden
als ein Grundstück, dass nur für eine Straße beitragspflichtig ist,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 273.
§ 5 Entstehung
der sachlichen Beitragspflicht
§
5 des Satzungsentwurfs regelt den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen
Beitragspflicht. Die Vorschrift ist nach § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG zwingend
erforderlich.
Ab
dem Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht darf die Gemeinde
die Beiträge festsetzen und erheben. Zugleich beginnt mit diesem Zeitpunkt die
vierjährige Festsetzungsfrist aus § 15 Satz 1 KAG, nach deren Ablauf die
Festsetzung der Beiträge nicht mehr zulässig ist, § 169 Absatz 1 Satz 1 AO.
Den
Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht kann die Gemeinde nicht
selbst bestimmen. § 8 Absatz 4 Satz 3 KAG regelt abschließend und verbindlich,
dass die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Maßnahme entsteht.
Allerdings
kann die Gemeinde über die Gestaltung des Bauprogramms für die jeweilige
Maßnahme Einfluss auf den Abschluss der Maßnahme nehmen. Dabei ist jedoch zu
beachten, dass die Tätigung von Grunderwerb, der mitunter für die
Verwirklichung von Straßenbaumplänen erforderlich ist, nur dann Einfluss auf
den Abschluss der Maßnahme im Sinne von § 8 Absatz 4 Satz 3 KAG haben kann,
wenn die Gemeinde dies zuvor in ihrer Satzung bestimmt hat,
vgl.
Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom
17.02.2015 – 4 LA 102/14 –, unveröffentlicht.
Aus
den vorstehenden Gründen wurde der Satz
„Zum Abschluss der Maßnahme gehört auch der
Erwerb der für die Maßnahme erforderlichen Grundflächen“
in
§ 5 des Satzungsentwurfs eingefügt. Der Satz hindert die Entstehung von
Beitragspflichten in Fällen, in denen die Gemeinde kein Eigentum an den für die
Straße benötigten Flächen erlangt. Vor diesem Hintergrund kann die Gemeinde
auch auf den Satz verzichten, je nachdem ob diese Folge gewünscht ist oder
nicht.
§ 6 und 7 Abschnittsbildung
und Kostenspaltung
§
6 und 7 des Satzungsentwurfs machen von der in § 8 Absatz 4 Satz 1 und 2 KAG
enthaltenen Möglichkeit Gebrauch, den Aufwand für
·
zu bestimmende,
selbstständig nutzbare Abschnitte einer Straße (Abschnittsbildung)
oder
·
für einzelne
Teileinrichtungen einer Straße (Kostenspaltung)
zu
ermitteln und durch Beiträge umzulegen.
§
6 und 7 des Satzungsentwurfs sind erforderlich, da § 8 Absatz 4 Satz 1 und 2
KAG die Gemeinden nur ermächtigt, Beiträge im Wege der Abschnittsbildungen und
Kostenspaltung zu erheben. Um von dieser Ermächtigung Gebrauch machen zu
können, muss die Gemeinde dies zuvor positiv in ihrer Satzung geregelt haben,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 278.
§ 8 Beitragspflichtige
/ Beitragspflichtiger
§
8 des Satzungsentwurfs bestimmt, wer beitragspflichtig ist. Die Vorschrift ist
nach § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG zwingend erforderlich.
§
8 Absatz 1 des Satzungsentwurfs sieht vor, dass grundsätzlich der
Grundstückseigentümer zu Beiträgen heranzuziehen ist. Inhaber von
Gewerbebetrieben sind dagegen bewusst nicht aufgeführt, obwohl sie in § 8 Absatz
5 Satz 1 KAG ausdrücklich als mögliche Beitragspflichtige genannt sind. Dies
hat den Grund, dass sie im Straßenausbaubeitragsrecht anerkanntermaßen nicht
beitragspflichtig sein können,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 199; Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar,
19. Lfg. 2014, § 8 Rn. 223.
Absatz
3 der Vorschrift sieht zudem vor, dass in Fällen, in denen das Grundstück mit
einem Erbbaurecht belastet ist, der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers
beitragspflichtig ist. Die satzungsmäßige Festlegung, dass der
Erbbauberechtigte vorrangig vor dem Eigentümer heranzuziehen ist, dürfte
sinnvoll sein, da die Gemeinde andernfalls – d. h. im Falle einer
Satzungsregelung, die den Eigentümer und Erbbauberechtigten gleichrangig als
Beitragspflichtigen benennt – bei Erlass des Beitragsbescheides stets ihr
Ermessen dahingehend betätigen und begründen müsste, welchen der beiden – den
Eigentümer oder den Erbbauberechtigten – sie heranzuziehen hat. Bestimmt die
Gemeinde in ihrer Satzung lediglich, dass der Eigentümer und der
Erbbauberechtigte beitragspflichtig sind, führt dies dazu, dass der Eigentümer
und der Erbbauberechtigte stets in Gesamtschuldnerschaft stehen und die
Gemeinde mithin nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden muss, wen sie zum
Beitrag heranziehen muss.
vgl.
Thiem/Böttcher,
Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 19. Lfg. 2014, § 8 Rn. 226.
Die
vorrangige Heranziehung des Erbbauberechtigten vor dem Eigentümer (und nicht
umgekehrt) dürfte auch angemessen sein. Im Falle eines Erbbaurechts zieht der
Erbbauberechtigte und nicht der Eigentümer den wesentlichen wirtschaftlichen
Nutzen aus dem Grundstücke. Daher dürften ihm auch die Vorteile der jeweiligen
Straßenbaumaßnahme zufließen.
Der
Vollständigkeitshalber ist abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass es
der Gemeinde auch freisteht, neben dem Grundstückseigentümer und dem
Erbbauberechtigten auch den Nießbraucher (§ 1030 BGB) als Beitragspflichtigen
in der Satzung zu benennen,
Thiem/Böttcher,
Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 19. Lfg. 2014, § 8 Rn.
226.
§
9 des Satzungsentwurfs bestimmt, dass Beiträge mit schriftlichem Bescheid
festgesetzt werden und das Beitragsfestsetzung und Leistungsgebot in einem
Bescheid verbunden werden können. Die Satzungsvorschrift ist nicht
erforderlich. Dass Beiträge mit schriftlichem Bescheid festgesetzt werden
müssen, ergibt sich bereits aus § 11 Absatz 1 Satz 2 KAG in Verbindung mit §
157 AO. § 9 des Satzungsentwurfs dient daher ausschließlich zur Information des
Bürgers.
§
10 Absatz 1 des Satzungsentwurfs regelt die Fälligkeit von Beitragsforderungen.
Die Vorschrift muss nach § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG zwingend in der Satzung enthalten
sein.
§
10 Absatz 2 des Satzungsentwurfs enthält einen in
Straßenausbaubeitragssatzungen üblichen Verweis darauf, dass die Gemeinde
Beiträge nach §§ 11 Absatz 1 Satz 2 KAG in Verbindung mit §§ 222, 234 AO
stunden kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die
Voraussetzungen des vorgeschlagenen § 10 Absatz 3 des Entwurfes
(Verrentungsregelung) nicht greifen.
III. § 10 Absatz 3 – Verrentungsregelung nach § 8 Absatz
9 KAG
§
10 Absatz 3 des Satzungsentwurfs ist eine Umsetzung der Verrentungsmöglichkeit
aus § 8 Absatz 9 KAG.
Durch
eine Neufassung des § 8 Absatz 9 KAG
werden auf Seiten des Beitragsschuldners Erleichterungen bei der Erfüllung des
Beitragsanspruches vorgesehen. Durch diese Regelung wird
eine vorher nicht mögliche Form der Stundung über einen Zeitraum von bis zu 20
Jahren erreicht, die nur von einem Antrag des Beitragsschuldners abhängig ist.
Die ansonsten für eine Stundung notwendige Voraussetzung der fehlenden
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist dagegen entfallen. Zudem wurde eine
(moderate) Zinsbasis zur Verzinsung der „umgewandelten“ Beitragsansprüche
eingeführt.
Die
Vorschrift ist nicht zwingend erforderlich. Die Gemeinde kann sich frei
entscheiden, ob sie die Verrentungsregelung in § 10 Absatz 3 des
Satzungsentwurfs beibehalten oder streichen will.
Belässt
die Gemeinde § 10 Absatz 3 in ihrer Satzung, muss sie den Beitragspflichtigen,
die einen entsprechenden Antrag stellen, die Möglichkeit einräumen, ihre
Beiträge in jährlichen Raten zu zahlen. Dabei darf allein der
Beitragspflichtige bestimmen, in wie viel der maximal möglichen 20
Jahresleistungen er seinen Beitrag abzahlen will,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein,
Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8, Rn. 110 c.
Stellt
ein Beitragspflichtiger einen Antrag nach § 8 Absatz 9 KAG, muss die Gemeinde
einen Bescheid erlassen, in dem sie den Beitrag nach Maßgabe des Antrags in
einzeln zu erbringenden Jahresleistungen umwandelt und zugleich bestimmt, wann
und in welcher Höhe die einzelnen Jahresleistungen zu erbringen sind,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 110 c.
In
dem Bescheid sollte die Gemeinde zur Klarstellung zugleich auf die Zinspflicht
für den jeweiligen Restbetrag hinweisen, die 3 Prozent oberhalb des
Basiszinssatzes des § 247 BGB liegen (variable Verzinsung).
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 110 d.
Die
jährlich angefallenen Zinsen sind schließlich durch einen gesonderten Bescheid
festzusetzen,
Habermann,
in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 110 d.
§
11 des Satzungsentwurfs regelt die Möglichkeit der Gemeinde, Vorauszahlungen
auf Beiträge zu erheben. Die Vorschrift hat im Wesentlichen informatorischen
Charakter. Sie ist streng genommen nicht erforderlich. Die Berechtigung der
Gemeinde, Vorauszahlungen zu erheben, ergibt sich bereits unmittelbar aus § 8 Absatz
4 Satz 4 KAG.
§
12 des Satzungsentwurfs ermächtigt die Gemeinde, Ablösungsvereinbarungen zu
schließen. Die Vorschrift ist hierfür zwingend erforderlich. Ohne die
Vorschrift dürfte die Gemeinde keine Ablösungsverträge abschließen,
m.w.N.
Habermann, in Habermann/Arndt (Hrsg.), Kommunalabgabengesetz des Landes
Schleswig-Holstein, Kommentar, 3. Auflage, Stand: 22. Nachlief. Jan. 2016, § 8,
Rn. 280.
§
13 des Satzungsentwurfs stellt die Rechtsvorschrift im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer
2 LDSG dar, die der Gemeinde erlaubt, die für die Beitragsveranlagung
notwendigen Daten zu erheben.
§
14 des Satzungsentwurfs regelt schließlich das Inkrafttreten der Satzung. Da
die Satzung vom 28.06.1999 bereits wegen der in § 2 Absatz 1 Satz 3 KAG
enthaltenen Regelung außer Kraft getreten ist, erübrigt sich eine Aufhebung der
bisherigen Satzung.
Ablauf
vor einer möglichen Erhebung von Beiträgen
Um die Erhebung von Beiträgen, welche durch diese
Satzung kodifiziert werden sollen, auf eine rechtssichere Basis stellen zu
können, müssen vor dem Beginn von Baumaßnahmen folgende
Grundentscheidungen getroffen bzw. Vorarbeiten erledigt werden:
¾
Bestimmung der öffentlichen
Einrichtung „Straße“, die ausgebaut werden soll
Der auszubauende Verlauf der jeweiligen Straße muss
zu Beginn eines jeden Entscheidungsprozesses – auch unter beitragsrechtlichen
Gesichtspunkten – exakt bestimmt werden. Es ist daher anzuraten, den
auszubauenden Straßenverlauf unter Zuhilfenahme externen Sachverstandes
festzulegen.
¾
Ausschluss einer
Konkurrenzsituation zum Erschließungsbeitragsrecht
Im
Sinne des Straßenausbaubeitragsrechts unterliegen Baumaßnahmen an einer zum
Anbau bestimmten Straße nur dann der Beitragspflicht, wenn diese über eine
künstlich hergestellte Fahrbahn, eine Straßenbeleuchtung und eine künstlich
hergestellte Entwässerung verfügt. Ist dies nicht der Fall, gilt die Straße
noch nicht als erstmalig hergestellt. In der Folge können für eine erstmalige
Herstellung nur Erschließungsbeiträge auf der Grundlage einer gesonderten
Erschließungsbeitragssatzung zur Erhebung gelangen.
¾
Widmung
Straßenausbaubeiträge
können nur für gewidmete Straßen erhoben werden. Das Vorliegen einer solchen
Widmung sollte unbedingt vor Beginn von Baumaßnahmen geprüft werden.
¾
Dokumentation des Straßenzustandes
vor Beginn der Baumaßnahmen
Der
bauliche Zustand der Straße und ihre optische Wirkung auf den unbefangenen
Betrachter sollte in geeigneter Weise dokumentiert werden (technisches
Gutachten, Fotos etc.).
¾
Beschluss des Ausbauprogramms
Das
von der Gemeinde zu beschließende Ausbauprogramm bestimmt grundsätzlich
abschließend den Umfang der auszuführenden Arbeiten (Festlegung der Breite der
Fahrbahn, Pflasterung, Beleuchtungseinrichtungen etc.).
¾
Durchführung eines
Vergabeverfahrens für Bauleistungen
Die
Bauleistungen zur Ausführung der Arbeiten an der Straße müssen grundsätzlich in
einem von der Vergabestelle des Amtes Probstei durchzuführenden
Vergabeverfahren ausgeschrieben werden.
Anlagenverzeichnis:
¾ Entwurf einer „Satzung der Gemeinde Schönberg über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung)“ – Stand 07.10.2020
¾ Beispielberechnung Beitragssätze
Beschlussvorschlag:
Alternative 1
Die Gemeinde Schönberg verzichtet auf die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung).
Alternative 2
Die Gemeindevertretung beschließt den Entwurf der „Satzung der Gemeinde Schönberg über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung)“ in der Fassung des Entwurfs zur Verwaltungsvorlage SCHÖN/BV/082/2016/1 mit folgenden Maßgaben:
- …
- …
- …