Betreff
Satzung der Gemeinde Brodersdorf über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Ausbaubeitragssatzung)
Vorlage
BRODE/BV/004/2016/2
Aktenzeichen
III
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

 

In ihrer Sitzung BRODE/GV/02/2015 vom 06.05.2015 hatte die Gemeindevertretung beschlossen, ein externes Büro damit zu beauftragen, den Entwurf einer Satzung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu erarbeiten (vgl. TOP 12).

 

Die Firma COMUNA Gesellschaft für Kommunal- und Wirtschaftsberatung mbH wurde nach der Durchführung einer Ausschreibung mit Schreiben vom 13.05.2015 damit beauftragt, einen entsprechenden Satzungsentwurf zu erstellen. Zuvor hatte die Gemeindevertretung ebenfalls in ihrer Sitzung BRODE/GV/02/2015 am 06.05.2015 beschlossen, der COMUNA Gesellschaft für Kommunal- und Wirtschaftsberatung mbH den Auftrag zu erteilen (vgl. TOP 17).

 

Es wird zunächst auf die Vorlagen BRODE/BV/004/2016 und BRODE/BV/004/2016/1 verwiesen. Diese Vorlagen wurden in der Sitzung des Finanzausschusses BRODE/FA/02/2016 vom 05.10.2016 beraten.

 

Gegenüber dem Satzungsentwurf, der mit den vorstehenden Vorlagen zur Beratung vorgelegt wurde, hat der Finanzausschuss folgende Änderungen beschlossen:

 

Zu § 4: Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes

 

Die Festsetzung der Anliegeranteilssätze ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie kann vom Gericht nur daraufhin überprüft werden, ob die Gemeinde den durch Gesetz und Recht gesteckten Rahmen ihres gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat (OVG Schleswig, Urteil vom 19.05.2010 – 2 KN 2/09 –, Die Gemeinde 2010 S. 202), also ob Obergrenzen eingehalten und die Anteilssätze hinreichend aufeinander abgestimmt sind (OVG Schleswig, Urteil vom 11.02.1998, NordÖR 1998 S. 268). Die Untergrenze wird durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen (§ 76 GO) gesetzt.

 

Innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens steht der Gemeinde Einschätzungsspielraum zu, da eine sichere Prognose über das Verhältnis der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Straße durch die Allgemeinheit einerseits und die Grundstückseigentümer andererseits schlechterdings nicht möglich ist (OVG Schleswig, Urteil vom 19.05.2010 a. a. O.).

 

Der höchste Anliegeranteil am beitragsfähigen Aufwand ist der einer ausgebauten Anliegerstraße, und dieser darf gemäß § 8 Absatz 1 Satz 3 KAG maximal 85 % betragen. Einer Differenzierung der Anliegeranteilssätze nach Teileinrichtungen bedarf es nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig bei Anliegerstraßen nicht (Urteil vom 19.05.2010 a. a. O.). Das Verhältnis der Vorteile ist – anders als bei Straßen mit innerörtlichem oder überörtlichem Durchgangsverkehr – hinsichtlich aller Teileinrichtungen nahezu gleich (OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.1986, Die Gemeinde 1987 S. 233).

 

Anders stellt sich die Situation bei Teileinrichtungen einer Innerortsstraße dar. Hier dienen die Teileinrichtungen im unterschiedlichen Umfang dem Anliegerverkehr. Dementsprechend ist bei der Festlegung der Anliegeranteilssätze zu differenzieren. Weiterhin sind die Anteilssätze mit dem Anteilssatz für Anliegerstraßen abzustimmen (OVG Lüneburg, Urteil vom 12.01.1988 – 9 C 2/87). In der Praxis wird überwiegend für Anliegerstraßen ein Anliegeranteilssatz von 75 bis 85 % bestimmt. D. h. die Anteilssätze der Teileinrichtungen einer Innerortsstraße müssen unter diesen %-Sätzen liegen. Dasselbe gilt für Durchgangsstraßen sowie Außenbereichsstraßen analog.

 

Die Beratungen im Finanzausschuss haben ergeben, dass die Gemeinde ihr Ermessen in der Weise ausüben will, dass sie am unteren Ende der üblichen und rechtlich zulässigen Bandbreite die Beiträge erheben möchte. Vor diesem Hintergrund ist der höchste Umlagesatz mit 75 % und der niedrigste mit 20 % festgelegt worden.

 

Zu § 7 Absatz 1 Nummer 3 Buchstaben a bis c: Begrenzung der Grundstücksfläche

 

Im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) ist Baufläche grundsätzlich die gesamte im Innenbereich gelegene Grundstücksfläche. Die genaue Abgrenzung des Innenbereichs führt regelmäßig zu Schwierigkeiten. Deshalb ist es ratsam, in die Beitragssatzung eine Tiefenbegrenzungsregelung aufzunehmen (§ 8 Absatz 1 Satz 4 KAG). Diese Tiefenbegrenzung begründet die Vermutung, dass die Grundstücke des Innenbereichs bis zur festgesetzten (Tiefen-)Grenze erschlossen sind (BVerwG, Urteil vom 19.02.1982, DVBl 1982 S. 552 = NVwZ 1982 S. 677), also Baulandqualität besitzen.

 

Die Bestimmung der Tiefenbegrenzung liegt im Ermessen des Satzungsgebers. Sie hat sich an der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung in der Gemeinde zu orientieren. Üblicherweise wird in Satzungen in Schleswig-Holstein eine Tiefenbegrenzung von 40 - 50 Meter verwendet. Die Fehlerhaftigkeit einer Tiefenbegrenzung ist auf die Satzungsregelung im Übrigen ohne Einfluss. Sie ist nicht Teil des Verteilungsmaßstabes (OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.1999, Die Gemeinde 1999 S. 185). Fehlt eine solche Regelung oder ist sie unwirksam, hat dies allerdings zur Folge, dass in jedem Einzelfall zu entscheiden ist, inwieweit ein vorteilhabendes Grundstück zum Innenbereich gehört.

 

Für den Fall, dass eine Hinterbebauung zulässig ist, muss sich die Tiefenbegrenzungsregelung auch auf diese Grundstücke bzw. Grundstücksteile erstrecken. Es muss geregelt werden, bis zu welcher Tiefe bebaubare Hinterliegergrundstücke oder bebaubare Grundstücke, die nur über eine Zuwegung mit der Straße verbunden sind, als Baugrundstücke beitragsrechtlich zu erfassen sind. Hier sollte geregelt werden, dass die Tiefengrenze in einem entsprechenden Abstand vom Ende der Zuwegung bzw. von der hinteren Grenze des Anliegergrundstücks gezogen wird. Die Vermutung, dass ein bevorteiltes Grundstück bis zur Tiefenbegrenzung Baulandqualität besitzt, ist nur widerlegt, wenn und soweit ein Grundstück über die Grenze hinaus tatsächlich bebaut ist oder gewerblich genutzt wird (BVerwG, Urteil vom 19.02.1982, a. a. O.). Dies gilt aus Praktikabilitätsgründen auch für Grundstücke in innerörtlichen Kernzonen (OVG Schleswig, Urteil vom 13.10.1999, Die Gemeinde 2000 S. 43). Die Satzung sollte darüber hinaus auch klarstellen, dass bei über die Tiefenbegrenzung hinausgreifender baulicher, gewerblicher, industrieller oder vergleichbarer Nutzung zusätzlich die Fläche bis zu einer Linie entlang dem Ende der übergreifenden Nutzung als Baufläche zu berücksichtigen ist. Von der übergreifenden Nutzung ist die abgesetzte bauliche Nutzung durch landwirtschaftliche Gebäude zu unterscheiden. Derartige Gebäude sind nicht geeignet, die mit der Tiefengrenze verbundene Vermutung (Außenbereich) zu widerlegen (OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.1999, Die Gemeinde 1999 S. 185)

 

Für die am Rande der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) gelegenen Grundstücke scheidet eine abstrakte Festlegung einer Seitenbegrenzungsregelung aus, denn anders als bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung durch Satzung gibt es für eine ortsübliche Breite der baulichen Nutzung keine sachlichen Anhaltspunkte (OVG Schleswig, Urteil vom 26.09. 2007, – 2 LB 21/07 –, NVwZ-RR 2008 S. 346).

 

Auf der Grundlage der Beratungen des Finanzausschusses wird die Tiefenbegrenzung auf 40 m festgelegt.

 

Zu § 9 Absatz 1 Nummer 2 Buchstaben c bis f: Ermittlung bebauter Flächen im Außenbereich

 

Nach der Rechtsprechung (OVG Schleswig, Beschluss vom 06.08.2007 – 2 MB 12/07) muss sich die Ermittlung von Umgriffsflächen an der tatsächlichen Bebauungsdichte im Innenbereich der jeweiligen Gemeinde orientieren, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Bebauung im Außenbereich in ihrer Struktur den Bereichen mit landwirtschaftlichen Hofstellen oder der aufgelockerten Bebauung am Ortsrand am nächsten kommen dürfte. Ausgehend hiervon hat das OVG Schleswig (Beschluss vom 06.08.2007 a. a. O.) einen Multiplikationsfaktor zur Ermittlung einer fiktiven Gebäudeumgriffsfläche von 5 (= Teiler 0,2) für sachgerecht erachtet.

 

In der Literatur (Habermann in Habermann/Arndt zu § 8 Rn. 233) wird allerdings darauf hingewiesen, dass gemäß § 5 Absatz 1 BauNVO Dorfgebiete ebenfalls der Unterbringung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und die Obergrenze der GRZ in Dorfgebieten nunmehr gemäß § 17 Absatz 1 BauNVO 1990 bei 0,6 (BauNVO 1977 = 0,4) liegt, d. h. das Verhältnis Freifläche zu bebaubarer Fläche hat sich zugunsten der bebaubaren Fläche erhöht. Hieraus folge - so Habermann -, dass der Ansatz einer fiktiven GRZ von 0,25 bis 0,3 vorteilsgerechter erscheine als der Faktor 0,2.

 

Die Beratungen im Finanzausschuss haben ergeben, dass der Nutzungsfaktor mit 0,3 festgelegt werden soll.

 

Zu § 18: Ratenzahlung

 

Zusammen mit der Einführung des „wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages“ hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und der Gemeindeordnung vom 30.11.2012 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein S. 740) den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, durch Satzung zu regeln, dass der Beitrag auf Antrag des Beitragsschuldners durch Bescheid in eine Schuld umgewandelt wird, die in höchstens zehn Jahresleistungen zu entrichten ist (§ 8 Absatz 9 Satz 1 KAG).

 

Die Gemeinde hat nur die Wahl, ob sie die gesetzlich vorgegebene Stundungs- und Ratenzahlungsregelung in ihre Satzung aufnimmt. Ein weitergehendes Satzungsermessen ist ihr nicht eingeräumt. Sie kann diese Regelung nicht „verschärfen“, indem sie die Gewährung der Stundung bzw. Ratenzahlung an Bedingungen, z. B. das Vorliegen einer unbilligen Härte im Einzelfall, knüpft. Dem Beitragsschuldner steht bei rechtzeitigem Antrag ein Stundungsanspruch zu, welcher, von der Antragstellung abgesehen, voraussetzungslos ist.

 

Die Höhe der jeweiligen Jahresleistungen bestimmt der Beitragsschuldner. Gemäß § 8 Absatz 9 Satz 1 KAG kann die Gemeinde nur die vorgegebene Höchstgrenze von zehn Jahresleistungen in ihre Satzung übernehmen (Habermann in Habermann/Arndt zu § 8 Rn. 110 c). Der jeweils vom Beitragsschuldner noch nicht getilgte Restbetrag ist mit einem angemessenen Zinssatz zu verzinsen (§ 8 Absatz 9 Satz 4 KAG).

 

Die Aufnahme eines voraussetzungslosen Rechtsanspruches auf Ratenzahlung zu angemessenen Zinsen wird für die Erhöhung der Akzeptanz der Beitragserhebung ausdrücklich empfohlen.

 

Die Verzinsung ist nach dem Beschluss des Finanzausschusses auf der Grundlage des Basiszinssatzes im Sinne des § 247 BGB vorzunehmen. Der von der Gemeinde zu fordernde Zins liegt 3 % über diesen Basiszinssatz.


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Entwurf einer „Satzung der Gemeinde Brodersdorf über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Ausbaubeitragssatzung)“


Beschlussvorschlag:

 

Die Gemeindevertretung beschließt den Entwurf der „Satzung der Gemeinde Brodersdorf über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Ausbaubeitragssatzung)“ in der Fassung der Verwaltungsvorlage BRODE/BV/004/2016/2.