Sachverhalt:
In ihrer Sitzung BRODE/GV/02/2015 vom 06.05.2015
hatte die Gemeindevertretung beschlossen, ein externes Büro damit zu
beauftragen, den Entwurf einer Satzung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen
zu erarbeiten (vgl. TOP 12).
Die Firma COMUNA Gesellschaft für Kommunal-
und Wirtschaftsberatung mbH wurde nach der Durchführung einer Ausschreibung mit
Schreiben vom 13.05.2015 damit beauftragt, einen entsprechenden Satzungsentwurf
zu erstellen. Zuvor hatte die Gemeindevertretung ebenfalls in ihrer Sitzung BRODE/GV/02/2015
am 06.05.2015 beschlossen, der COMUNA Gesellschaft für Kommunal- und
Wirtschaftsberatung mbH den Auftrag zu erteilen (vgl. TOP 17).
Es wird zunächst auf die Vorlagen BRODE/BV/004/2016
und BRODE/BV/004/2016/1 verwiesen. Diese Vorlagen wurden in der Sitzung des
Finanzausschusses BRODE/FA/02/2016 vom 05.10.2016 beraten.
Gegenüber dem Satzungsentwurf, der mit den
vorstehenden Vorlagen zur Beratung vorgelegt wurde, hat der Finanzausschuss
folgende Änderungen beschlossen:
Zu §
4: Ermittlung des umlagefähigen
Aufwandes
Die Festsetzung der Anliegeranteilssätze ist
ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie kann vom Gericht nur daraufhin
überprüft werden, ob die Gemeinde den durch Gesetz und Recht gesteckten Rahmen
ihres gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat (OVG Schleswig, Urteil
vom 19.05.2010 – 2 KN 2/09 –, Die Gemeinde 2010 S. 202), also ob Obergrenzen
eingehalten und die Anteilssätze hinreichend aufeinander abgestimmt sind (OVG
Schleswig, Urteil vom 11.02.1998, NordÖR 1998 S. 268). Die Untergrenze wird
durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen (§ 76 GO) gesetzt.
Innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens steht
der Gemeinde Einschätzungsspielraum zu, da eine sichere Prognose über das
Verhältnis der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Straße durch
die Allgemeinheit einerseits und die Grundstückseigentümer andererseits
schlechterdings nicht möglich ist (OVG Schleswig, Urteil vom 19.05.2010 a. a.
O.).
Der höchste Anliegeranteil am
beitragsfähigen Aufwand ist der einer ausgebauten Anliegerstraße, und dieser
darf gemäß § 8 Absatz 1 Satz 3 KAG maximal 85 % betragen. Einer Differenzierung
der Anliegeranteilssätze nach
Teileinrichtungen bedarf es nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig
bei Anliegerstraßen nicht (Urteil vom 19.05.2010 a. a. O.). Das Verhältnis der
Vorteile ist – anders als bei Straßen mit innerörtlichem oder überörtlichem
Durchgangsverkehr – hinsichtlich aller Teileinrichtungen nahezu gleich (OVG
Lüneburg, Urteil vom 11.11.1986, Die Gemeinde 1987 S. 233).
Anders stellt sich die Situation bei
Teileinrichtungen einer Innerortsstraße dar. Hier dienen die Teileinrichtungen im unterschiedlichen
Umfang dem Anliegerverkehr. Dementsprechend ist bei der Festlegung der
Anliegeranteilssätze zu differenzieren.
Weiterhin sind die Anteilssätze mit dem Anteilssatz für Anliegerstraßen
abzustimmen (OVG Lüneburg, Urteil vom 12.01.1988 – 9 C 2/87). In der Praxis
wird überwiegend für Anliegerstraßen ein Anliegeranteilssatz von 75 bis 85 %
bestimmt. D. h. die Anteilssätze der Teileinrichtungen einer Innerortsstraße
müssen unter diesen %-Sätzen liegen. Dasselbe
gilt für Durchgangsstraßen sowie Außenbereichsstraßen analog.
Die Beratungen im
Finanzausschuss haben ergeben, dass die Gemeinde ihr Ermessen in der Weise
ausüben will, dass sie am unteren Ende der üblichen und rechtlich zulässigen
Bandbreite die Beiträge erheben möchte. Vor diesem Hintergrund ist der höchste
Umlagesatz mit 75 % und der niedrigste mit 20 % festgelegt worden.
Zu §
7 Absatz 1 Nummer 3 Buchstaben a bis c: Begrenzung der Grundstücksfläche
Im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) ist
Baufläche grundsätzlich die gesamte im Innenbereich gelegene Grundstücksfläche.
Die genaue Abgrenzung des Innenbereichs führt regelmäßig zu Schwierigkeiten.
Deshalb ist es ratsam, in die Beitragssatzung eine Tiefenbegrenzungsregelung
aufzunehmen (§ 8 Absatz 1 Satz 4 KAG). Diese Tiefenbegrenzung begründet die
Vermutung, dass die Grundstücke des Innenbereichs bis zur festgesetzten
(Tiefen-)Grenze erschlossen sind (BVerwG, Urteil vom 19.02.1982, DVBl 1982 S.
552 = NVwZ 1982 S. 677), also Baulandqualität besitzen.
Die Bestimmung der Tiefenbegrenzung liegt im
Ermessen des Satzungsgebers. Sie hat sich an der ortsüblichen Tiefe der
baulichen Nutzung in der Gemeinde zu orientieren. Üblicherweise wird in
Satzungen in Schleswig-Holstein eine Tiefenbegrenzung von 40 - 50 Meter
verwendet. Die Fehlerhaftigkeit einer Tiefenbegrenzung ist auf die
Satzungsregelung im Übrigen ohne Einfluss. Sie ist nicht Teil des
Verteilungsmaßstabes (OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.1999, Die Gemeinde 1999
S. 185). Fehlt eine solche Regelung oder ist sie unwirksam, hat dies allerdings
zur Folge, dass in jedem Einzelfall zu entscheiden ist, inwieweit ein
vorteilhabendes Grundstück zum Innenbereich gehört.
Für den Fall, dass eine Hinterbebauung zulässig
ist, muss sich die Tiefenbegrenzungsregelung auch auf diese Grundstücke bzw.
Grundstücksteile erstrecken. Es muss geregelt werden, bis zu welcher Tiefe
bebaubare Hinterliegergrundstücke oder bebaubare Grundstücke, die nur über eine
Zuwegung mit der Straße verbunden sind, als Baugrundstücke beitragsrechtlich zu
erfassen sind. Hier sollte geregelt werden, dass die Tiefengrenze in einem
entsprechenden Abstand vom Ende der Zuwegung bzw. von der hinteren Grenze des
Anliegergrundstücks gezogen wird. Die Vermutung, dass ein bevorteiltes
Grundstück bis zur Tiefenbegrenzung Baulandqualität besitzt, ist nur widerlegt,
wenn und soweit ein Grundstück über die Grenze hinaus tatsächlich bebaut ist
oder gewerblich genutzt wird (BVerwG, Urteil vom 19.02.1982, a. a. O.). Dies
gilt aus Praktikabilitätsgründen auch für Grundstücke in innerörtlichen
Kernzonen (OVG Schleswig, Urteil vom 13.10.1999, Die Gemeinde 2000 S. 43). Die
Satzung sollte darüber hinaus auch klarstellen, dass bei über die
Tiefenbegrenzung hinausgreifender baulicher, gewerblicher, industrieller oder
vergleichbarer Nutzung zusätzlich die Fläche bis zu einer Linie entlang dem
Ende der übergreifenden Nutzung als Baufläche zu berücksichtigen ist. Von der
übergreifenden Nutzung ist die abgesetzte bauliche Nutzung durch
landwirtschaftliche Gebäude zu unterscheiden. Derartige Gebäude sind nicht
geeignet, die mit der Tiefengrenze verbundene Vermutung (Außenbereich) zu
widerlegen (OVG Schleswig, Urteil vom 26.05.1999, Die Gemeinde 1999 S. 185)
Für die am Rande der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) gelegenen Grundstücke scheidet eine abstrakte
Festlegung einer Seitenbegrenzungsregelung aus, denn anders als bei der
Festlegung der Tiefenbegrenzung durch Satzung gibt es für eine ortsübliche
Breite der baulichen Nutzung keine sachlichen Anhaltspunkte (OVG Schleswig, Urteil
vom 26.09. 2007, – 2 LB 21/07 –, NVwZ-RR 2008 S. 346).
Auf der Grundlage der Beratungen des
Finanzausschusses wird die Tiefenbegrenzung auf 40 m festgelegt.
Zu §
9 Absatz 1 Nummer 2 Buchstaben c bis f: Ermittlung bebauter Flächen im Außenbereich
Nach der Rechtsprechung (OVG Schleswig, Beschluss
vom 06.08.2007 – 2 MB 12/07) muss sich die Ermittlung von Umgriffsflächen an
der tatsächlichen Bebauungsdichte im Innenbereich der jeweiligen Gemeinde
orientieren, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Bebauung im Außenbereich in
ihrer Struktur den Bereichen mit landwirtschaftlichen Hofstellen oder der
aufgelockerten Bebauung am Ortsrand am nächsten kommen dürfte. Ausgehend
hiervon hat das OVG Schleswig (Beschluss vom 06.08.2007 a. a. O.) einen
Multiplikationsfaktor zur Ermittlung einer fiktiven Gebäudeumgriffsfläche von 5
(= Teiler 0,2) für sachgerecht erachtet.
In der Literatur (Habermann in
Habermann/Arndt zu § 8 Rn. 233) wird allerdings darauf hingewiesen, dass gemäß
§ 5 Absatz 1 BauNVO Dorfgebiete ebenfalls der Unterbringung von Wirtschaftsstellen
land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und die Obergrenze der GRZ in
Dorfgebieten nunmehr gemäß § 17 Absatz 1 BauNVO 1990 bei 0,6 (BauNVO 1977 =
0,4) liegt, d. h. das Verhältnis Freifläche zu bebaubarer Fläche hat sich
zugunsten der bebaubaren Fläche erhöht. Hieraus folge - so Habermann -, dass
der Ansatz einer fiktiven GRZ von 0,25 bis 0,3 vorteilsgerechter erscheine als
der Faktor 0,2.
Die Beratungen im Finanzausschuss haben
ergeben, dass der Nutzungsfaktor mit 0,3 festgelegt werden soll.
Zu § 18:
Ratenzahlung
Zusammen mit der
Einführung des „wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages“ hat der Gesetzgeber mit
dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und der Gemeindeordnung vom
30.11.2012 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein S. 740) den Gemeinden
die Möglichkeit eingeräumt, durch Satzung zu regeln, dass der Beitrag auf
Antrag des Beitragsschuldners durch Bescheid in eine Schuld umgewandelt wird,
die in höchstens zehn Jahresleistungen zu entrichten ist (§ 8 Absatz 9 Satz 1
KAG).
Die Gemeinde hat
nur die Wahl, ob sie die gesetzlich vorgegebene Stundungs- und Ratenzahlungsregelung
in ihre Satzung aufnimmt. Ein weitergehendes Satzungsermessen ist ihr nicht
eingeräumt. Sie kann diese Regelung nicht „verschärfen“, indem sie die
Gewährung der Stundung bzw. Ratenzahlung an Bedingungen, z. B. das Vorliegen
einer unbilligen Härte im Einzelfall, knüpft. Dem Beitragsschuldner steht bei
rechtzeitigem Antrag ein Stundungsanspruch zu, welcher, von der Antragstellung
abgesehen, voraussetzungslos ist.
Die Höhe der
jeweiligen Jahresleistungen bestimmt der Beitragsschuldner. Gemäß § 8 Absatz 9
Satz 1 KAG kann die Gemeinde nur die vorgegebene Höchstgrenze von zehn
Jahresleistungen in ihre Satzung übernehmen (Habermann in Habermann/Arndt zu §
8 Rn. 110 c). Der jeweils vom Beitragsschuldner noch nicht getilgte Restbetrag
ist mit einem angemessenen Zinssatz zu verzinsen (§ 8 Absatz 9 Satz 4 KAG).
Die Aufnahme eines
voraussetzungslosen Rechtsanspruches auf Ratenzahlung zu angemessenen Zinsen
wird für die Erhöhung der Akzeptanz der Beitragserhebung ausdrücklich empfohlen.
Die Verzinsung ist
nach dem Beschluss des Finanzausschusses auf der Grundlage des Basiszinssatzes
im Sinne des § 247 BGB vorzunehmen. Der von der Gemeinde zu fordernde Zins
liegt 3 % über diesen Basiszinssatz.
Anlagenverzeichnis:
¾ Entwurf einer „Satzung der Gemeinde Brodersdorf über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Ausbaubeitragssatzung)“
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung beschließt den Entwurf der „Satzung der Gemeinde Brodersdorf über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Ausbaubeitragssatzung)“ in der Fassung der Verwaltungsvorlage BRODE/BV/004/2016/2.