Betreff
Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit (Wohnungslosigkeitsbeseitigungssatzung)
Vorlage
AMTPR/BV/077/2023
Aktenzeichen
III / LAufnG
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

a)    Allgemeines

 

Dem Amt Probstei obliegt nach Maßgabe des § 162 Absatz 1 LVwG die Aufgabe, von der Allgemeinheit oder der einzelnen Person Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit bedroht wird (Gefahrenabwehr).

 

Diese Aufgabe wird vom Amt Probstei gemäß § 162 Absatz 3 LVwG als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen.

 

Der Zustand der (unfreiwilligen) Wohnungslosigkeit ist nach der gefestigten Meinung in Rechtsprechung und Literatur als eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. im Hinblick auf die damit unter Umständen verbundene Gefährdung von Gesundheit und Leben des Obdachlosen als eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit anzusehen.

 

Im Rahmen der §§ 173 ff. LVwG hat das Amt Probstei als Sicherheitsbehörde die (unfreiwillige) Wohnungslosigkeit nach pflichtgemäßem Ermessen zu beseitigen. Es hat unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Insoweit ist es grundsätzlich verpflichtet, zur Behebung der unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben des Wohnungslosen eine den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterkunft genügende vorübergehende Unterbringung zu ermöglichen.

 

Dieser Verpflichtung kommt das Amt Probstei auch und insbesondere durch die Zuweisung einer Unterkunft innerhalb seiner öffentlichen Einrichtung nach, welche dem Betrieb von Sammelunterkünften dient.

 

Diese Sammelunterkünfte dienen der Unterbringung von Personen, welche

 

¾     § 1 LAufnG in Verbindung mit §§ 173 ff. LVwG

 

¾     §§ 173 ff. LVwG

 

unterfallen.

 

Zum Personenkreis des § 1 LAufnG gehören insbesondere

 

¾     Personen im Sinne von § 1 Absatz 1 AsylG (Asylantragsteller, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sowie subsidiär Schutzberechtigte)

 

¾     Kriegsflüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten können (Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine)

 

Für den vorstehend genannten Personenkreis besteht nach § 4 Satz 1 LAufnG eine Verpflichtung der kreisangehörigen Körperschaften zur Aufnahme und vorläufigen Unterbringung. Die Anzahl der von den kreisangehörigen Körperschaften aufzunehmenden Personen richtet sich nach den Regelungen der AuslAufnVO. Nach Maßgabe des in § 6 Absatz 2 AuslAufnVO kodifizierten Verteilungsschlüssels ist das Amt Probstei dazu verpflichtet, rund 17,20 % der dem Kreis Plön zugewiesenen Personen aufzunehmen. Aktuell liegt die zu erfüllende Aufnahmequote für das Kalenderjahr 2023 bei rund 180 Personen.

 

In Abhängigkeit von der Intensität des Zustroms von Personen im Sinne des § 1 LAufnG ist damit zu rechnen, dass auch im Kalenderjahr 2024 eine ähnliche Quote zu erfüllen sein wird.

 

Die aktuellen Krisenherde, welche das geopolitische Gefüge weltweit erschüttern, lassen zumindest nichts Gutes erahnen. Die Konflikte bzw. kriegerischen Auseinandersetzungen

 

¾     zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation

 

¾     zwischen Israel und der palästinensischen Bevölkerung

 

¾     zwischen Armenien und Aserbaidschan

 

¾     zwischen Serbien und dem Kosovo

 

¾     im Zuge der bürgerkriegsähnlichen Zustände in Afghanistan

 

¾     im Zuge der bürgerkriegsähnlichen Zustände im Irak sowie

 

¾     die unverändert andauernden irregulären Migrationsbewegungen insbesondere vom afrikanischen und zunehmend auch vom asiatischen Kontinent

 

werden jedenfalls nicht zu einer Entspannung beitragen. Sofern überhaupt auf der Ebene der EU und des Bundes Maßnahmen zur Begrenzung insbesondere der irregulären Migration ergriffen werden sollten, werden sich diese erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung auswirken können.

 

Zum Personenkreis der §§ 173 ff. LVwG gehören insbesondere Personen, die aus wirtschaftlichen oder aus in ihrem sozialen Umfeld wurzelnden Gründen ihre Wohnung verloren haben. Hierbei handelt es sich um die „klassische Obdachlosigkeit“, die beispielsweise aufgrund der Flucht vor häuslicher Gewalt, einer Suchterkrankung oder als Folge fehlender wirtschaftlicher Mittel zum Erhalt von Wohnraum eintreten kann.

 

Die vorstehend geschilderte geopolitische Lage macht es auch erforderlich, auf der örtlichen Ebene des Amtes Maßnahmen zu treffen, um die Unterbringungsverpflichtung (weiterhin) erfüllen zu können. Hierfür sind auch ganz profane bürokratische Voraussetzungen für den Betrieb der bestehenden bzw. künftigen Sammelunterkünfte zu schaffen.

 

In der Anlage wird daher der Entwurf einer „Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit (Wohnungslosigkeitsbeseitigungssatzung)“ überreicht. Mit dieser Satzung soll die bestehende Wohnungslosigkeitsbeseitigungssatzung vom 15.05.2014 ersetzt werden, die bereits viermal geändert wurde. Aus Gründen der Rechtsklarheit sowie auf der Grundlage von erforderlichen redaktionellen Änderungen ist daher eine vollständige Neufassung vorgesehen worden.

 

b)    Begründung der einzelnen Regelungen

 

Zum Einleitungsteil

 

Mit Rücksicht auf die Rechtsprechung der schleswig-holsteinischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (beispielsweise VG Schleswig vom 06.03.2019 – 4 A 115/16) wird dem Zitiergebot des § 66 Absatz 1 Nummer 2 LVwG umfassend Rechnung getragen.

 

Danach muss eine kommunale Satzung die Rechtsvorschriften angeben, welche zu ihrem Erlass berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich (vorgesehen im Abschnitt 2). Nach der Rechtsprechung muss die Verwaltung durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient das Zitiergebot der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Satzung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Satzung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt.

 

Vor diesem Hintergrund nimmt der Satzungsgeber für sich folgende Ermächtigungen in Anspruch:

 

Als allgemeine Befugnis ist § 24 a AO in Verbindung mit § 4 Absatz 1 Satz 1 GO zu nennen. Danach können die Ämter zur Regelung ihrer Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (Selbstverwaltungsaufgaben) Satzungen erlassen, insbesondere die Benutzung ihres Eigentums und ihrer öffentlichen Einrichtungen regeln. Einer weitergehenden Ermächtigungsgrundlage, die Benutzung zu regeln, bedarf es nicht. Insbesondere stehen dem das LAufnG und das Gefahrenabwehrrecht des LVwG nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um Aufgaben, welche dem übertragenen Wirkungskreis im Sinne einer Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung unterfallen.

 

¾     Rechtsetzungsbefugnis für Abschnitt 1 (Öffentliche Einrichtung zur Unterbringung wohnungsloser Personen)

 

Ergänzt wird diese Befugnis durch § 18 Absatz 1 GO, wonach das Amt im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen, die für die soziale Betreuung erforderlich sind, schafft und die Einwohnerschaft im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, diese Einrichtungen zu benutzen.

 

Weiterhin fußt die Satzung auf § 45 LVwG, der das Amt zur Errichtung von nicht rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts (beispielsweise eine Zusammenfassung von Sammelunterkünften als öffentliche Einrichtung) sowie zur Regelung von Gegenstand und Umfang sowie die Voraussetzungen der Benutzung und die Pflichten und Rechte der Benutzer der Einrichtung befugt.

 

§ 45 LVwG enthält zudem die spezialgesetzliche Zulassung für nicht rechtsfähige Anstalten, auch Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung durch Satzung (Benutzungsordnung) zu regeln.

 

¾     Rechtsetzungsbefugnis für den Abschnitt 2 (Gebühren)

 

Für den Abschnitt 2 bilden die genannten Vorschriften des KAG die maßgebliche Rechtsgrundlage.

 

Zu § 1 – Einrichtung und Zweck, Unterkünfte für Wohnungslose

 

Absatz 1

 

Mit § 1 Absatz 1 wird klargestellt, dass es sich bei der Einrichtung des Amtes um eine öffentliche Einrichtung in der Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts handelt. Die Einrichtung ist rechtlich nicht selbständig, sondern eine solche des Amtes. Ihre rechtliche Stellung ist mit der einer Freiwilligen Feuerwehr oder einem gemeindlichen Bau- und Betriebshof vergleichbar. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtslage.

 

Solche Anstalten werden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (beispielsweise einem Amt) errichtet und verfügen über einen Bestand an sachlichen Mitteln und Dienstkräften, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen.

 

Der Begriff der öffentlichen Einrichtung umfasst solche Gegenstände oder Gesamtheit von Gegenständen, die vom Amt für bestimmte öffentliche Zwecke gewidmet sind und deren Benutzung durch die Einwohner bzw. durch einen in der Zweckbestimmung festgelegten Personenkreis einer besonderen Zulassung bedarf (Borchert in KVR SH-GO, Stand 11/1997, Rn 13 zu § 17 GO).

 

Der Begriff der öffentlichen Einrichtung ist weit zu verstehen und unabhängig von der Rechtsform. Ausschlaggebend ist letztlich nur der kommunale Akt der Widmung, der wiederum an eine bestimmte Rechtsform nicht gebunden ist und auch durch schlichte „Bereitstellung" der Einrichtung erfolgen kann (Achterberg/Püttner/Würtemberger, Besonderes Verwaltungsrecht, Band 2, 2. Auflage, Kommunalrecht, Seite 44, 45). Für die Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge ist dies im Zweifel anzunehmen (Kopp/Schenke, 19. Auflage, Rn 16 zu § 40 VwGO).

 

Der erforderliche Akt der Widmung erfolgt hier durch die Kodifizierung einer satzungsrechtlichen Regelung.

 

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes sind in kommunaler Trägerschaft stehende Einrichtungen zur Beseitigung von Wohnungslosigkeit als öffentliche Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge bzw. der Erfüllung einer gesetzlichen Unterbringungsverpflichtung anzusehen.

 

Sie stehen nicht im Gemeingebrauch und sind aus dem Kreis der öffentlichen Einrichtungen auch nicht als ausschließlich im Verwaltungsgebrauch stehend oder erwerbswirtschaftlichen Zwecken des Amtes dienend ausgenommen (Achterberg/Püttner/Würtemberger, a.a.O. Seite 45).

 

Demgemäß werden in Rechtsprechung und Literatur als öffentliche Einrichtungen Schulen, Theater, Büchereien, Stadthallen, Versorgungs- und Verkehrsbetriebe, Friedhöfe, Sparkassen, Leihhäuser, Feuerwehren, Obdachlosenunterkünfte, Schützenfeste, Zirkusveranstaltungen und auch Alten- und Kinderheime sowie Einrichtungen der Jugendpflege angesehen (Borchert in KVR SH-GO, Stand 11/1997, Rn 11 zu § 17 GO, VG Düsseldorf 10.09.2003 – 24 L 3143/03, NWVBl 2004, 33 m. w. N.).

 

Absatz 2

 

Die Aufgabe, welche zur Erfüllung innerhalb der Anstalt ansteht, ist die Aufnahme und in der Regel vorübergehende Unterbringung von Personen, die wohnungslos sind, von Wohnungslosigkeit bedroht sind oder sich in einer vergleichbaren außergewöhnlichen wohnwirtschaftlichen Notlage befinden und die erkennbar nicht fähig sind, sich selbst eine Unterkunft zu verschaffen oder diese zu erhalten, die den Anforderungen des soziokulturellen Existenzminimums entspricht. Dieser Einrichtungszweck wird in § 1 Absatz 2 beschrieben.

 

Der Vollzug des LAufnG sowie die Beseitigung „klassischer“ Wohnungslosigkeit sind vordringliche öffentliche Aufgaben, die nach Auffassung des Landesgesetzgebers nur ortsnah erfüllt werden können. So sind die Ämter und amtsfreien Gemeinden nach §§ 1 und 4 LAufnG insbesondere dazu verpflichtet, den dort beschriebenen Personenkreis als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung aufzunehmen und zugleich in enger Abstimmung mit den Trägern von Integrationsangeboten auf eine möglichst zügige endgültige Unterbringung und sonstige Integration in die inländische Gesellschaft hinzuwirken. Zur vorläufigen Unterbringung dienen insbesondere eigens hierfür geschaffene Sammelunterkünfte. Die Vorschrift beinhaltet jedoch keine Pflicht der kommunalen Ebene, die aufgenommenen Personen endgültig unterzubringen (vergleiche hierzu bereits Landtags-Drucksache 12/1331, Seite 10 zu § 1 LAufnG und Landtags-Drucksache 19/3141, Seite 10 zu § 4 LAufnG).

 

Absatz 3

 

Die Einrichtung zur Beseitigung von Wohnungslosigkeit wird nach § 1 Absatz 3 Satz 1 aus mehreren selbstständigen Teileinrichtungen gebildet. In Satz 2 werden die Standorte der aktuell 4 tatsächlich bestehenden Teileinrichtungen beschrieben.

 

Gegenüber der bisherigen Rechtslage wurde die neue Unterkunft „Seesternweg 9, 24217 Schönberg“ in die Aufzählung aufgenommen. Diese Sammelunterkunft wurde nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Russischen Föderation auf die Ukraine in Betrieb genommen. Bislang war sie nicht Gegenstand der Einrichtung. Dennoch wurde sie in der Vergangenheit ähnlich wie eine Teileinrichtung behandelt. Insbesondere Kriegsflüchtlinge, welche die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 AufenthG beantragt hatten, wurden und werden dort untergebracht. Diese in der Trägerschaft des Amtes befindliche Teileinrichtung stellt insoweit eine öffentliche Einrichtung im Sinne des § 18 GO Absatz 1 dar.

 

Entfallen ist dagegen die ehemalige Sammelunterkunft mit dem Standort „Große Mühlenstraße 24, 24217 Schönberg“.

 

Absatz 4

 

In § 1 Absatz 4 wird deklaratorisch klargestellt, dass die Bestimmung weiterer Teileinrichtungen durch den Amtsausschuss erfolgt.

 

Absatz 5

 

Wie bisher auch soll die örtliche Ordnungsbehörde auch weiterhin das Recht behalten, bei Vorliegen eines dringenden Bedarfs weitere Unterkünfte für die Unterbringung wohnungsloser Personen zu nutzen und weitere Teileinrichtungen zu bestimmen. Derartige Eilfälle entstehen insbesondere als Folge von Massenzuströmen von Personen.

 

Da die Möglichkeit der Erhebung von Gebühren formal erst dann entsteht, nachdem eine Aufnahme einer neuen Sammelunterkunft in die Satzung erfolgt ist, was wiederum eine Gebührenkalkulation voraussetzt, wird innerhalb des Satzungsrechts deklaratorisch geregelt, dass die örtliche Ordnungsbehörde in derartigen Fällen anstelle von Gebühren den Ersatz von Auslagen nach § 10 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 VwKostG festsetzen und erheben kann. So wurde beispielsweise bei der neuen Sammelunterkunft nach Maßgabe des § 1 Absatz 3 Nummer 4 vorgegangen. Der Ersatz von Auslagen stellt sicher, dass die untergebrachten Personen die Kosten ihrer Unterbringung im Ergebnis weitestgehend selbst tragen. Die Refinanzierung erfolgt (auch) für diese Personen in der Weise, dass der Ersatz von Auslagen als Bedarf für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Transferleistungen nach dem AsylbLG, SGB II und SGB XII berücksichtigt wird, so dass sich die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um diese Bedarfe erhöhen.

 

Zu § 2 – Benutzerkreis

 

Absatz 1

 

Der zur Nutzung der Einrichtung berechtigte Personenkreis besteht aus wohnungslosen Personen, die aus Gründen der Gefahrenabwehr durch eine Ordnungsverfügung zur Benutzung der Einrichtung verpflichtet werden.

 

Absatz 2

 

An dieser Stelle wird klargestellt, dass kein Rechtsanspruch auf die Nutzung der Einrichtung oder auf ein weiteres Verbleiben in der Einrichtung besteht. Die nach Maßgabe des Gefahrenabwehrsrechts vorzunehmende Unterbringung wird von der örtlichen Ordnungsbehörde nach pflichtgemäßen Ermessen durchgeführt. Vor diesem Hintergrund bestimmt allein sie, welche Person welche Unterkunft zu nutzen hat.

 

Zu § 3 – Umfang der Benutzung, Benutzungsordnung

 

Absatz 1

 

Der Umfang der Benutzung, also beispielsweise die zeitliche Dauer und die konkrete Zuweisung von Räumen, regelt die örtliche Ordnungsbehörde im Rahmen einer Ordnungsverfügung.

 

Absatz 2

 

Die Vorschrift gibt der örtlichen Ordnungsbehörde die Möglichkeit, verhaltensregelnde Bestimmungen zu erlassen. In der Praxis erfolgt dies durch den Erlass einer Art „Hausordnung“, welche auf die Bedürfnisse der jeweiligen Teileinrichtung zugeschnitten ist.

 

Zu § 4 – Gegenstand der Gebühr

 

Die Ämter sind nach § 1 Absatz 2 Satz 1 KAG berechtigt, in Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben kommunale Abgaben mit Ausnahme von Steuern erheben.

 

Die Norm stellt klar, dass das Amt von seinem Recht auf die Erhebung von Benutzungsgebühren, welches sich haushaltsrechtlich zugleich als Pflicht darstellt, Gebrauch macht.

 

Gebühren sind Geldleistungen, die als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer besonderen Leistung – Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit – der Behörden (Verwaltungsgebühren) oder für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen (Benutzungsgebühren) erhoben werden.

 

Da hier ein Entgelt als Gegenleistung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erhoben werden soll, stellen sich diese Entgelte als Benutzungsgebühren dar.

 

Derartige Benutzungsgebühren dürfen gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 KAG nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, so dass die notwendigen satzungsrechtlichen Regelungen insgesamt im Abschnitt 2 getroffen werden.

 

Die Satzung muss den Gegenstand der Abgabe, die Gebührenschuldner, die Höhe und die Bemessungsgrundlage der Gebühr sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben (Pflichtbestandteile nach § 2 Absatz 1 Satz 2 KAG).

 

Benutzungsgebühren sind gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 KAG zu erheben, wenn die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung dem Vorteil Einzelner oder Gruppen von Personen dient, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor.

 

Denn den wohnungslosen Personen, die im Sinne des Gefahrenabwehrsrechts sogenannte Verhaltensstörer im Sinne des § 218 Absatz 1 LVwG sind, wird durch die Zuweisung einer Unterkunft durch die örtliche Ordnungsbehörde die Möglichkeit geboten, die Wohnungslosigkeit zu beseitigen.

 

Gegenstand der Gebührenpflicht, also die gebührenpflichtige Handlung, ist die Inanspruchnahme der Einrichtung durch Nutzung im Rahmen der Satzung. Das gebührenpflichtige Benutzungsverhältnis wird durch den Erlass der Ordnungsverfügung bewirkt, welche die wohnungslose Person zur Nutzung der Einrichtung verpflichtet.

 

Zu § 5 – Pflicht zur Tragung der Gebührenschuld

 

Absatz 1

 

Die Pflicht zur Tragung der entstehenden Gebührenschuld wird nach Absatz 1 den Personen auferlegt, an welche die örtliche Ordnungsbehörde ihre Ordnungsverfügung richtet.

 

Absatz 2

 

In Absatz 2 wird eine Regelung festgelegt, die für den Fall der gesamtschuldnerischen Haftung vorgesehen ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Familienverband von einer Ordnungsverfügung zur Beseitigung von Wohnungslosigkeit betroffen ist.

 

Zu § 6 – Entstehen der Gebührenpflicht

 

Die Vorschrift bestimmt als Pflichtbestandteil der Satzung das Entstehen der Gebühren. Danach entsteht die Gebührenpflicht mit der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung, mit welcher die wohnungslose Person zur Benutzung der Einrichtung verpflichtet wird.

 

Zu § 7 – Bemessungsgrundlage

 

Bemessungsgrundlage für die Benutzungsgebühr ist auch weiterhin der flächenmäßige Umfang der Nutzung der Einrichtung, welcher durch die jeweilige Ordnungsverfügung festgelegt wird. Dieser wird nach der Anzahl der m² der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bestimmt.

 

Zu § 8 – Höhe der Gebühr

 

Benutzungsgebühren sollen so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Die Kosten sind nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln.

 

Für die rechtsfehlerfreie Festlegung eines Gebührentarifes ist es daher erforderlich, die jeweilige Gebühr konkret zu ermitteln. Hierzu sind die im Kalkulationszeitraum anfallenden Aufwendungen und Erträge nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln bzw. zu prognostizieren.

 

Nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 9 und 10 KAG sind hierbei auch die Ergebnisse der Vorjahre (Überschüsse oder Defizite) zu berücksichtigen. Eine sich am Ende des Kalkulationszeitraums aus einer Abweichung der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten ergebende Kostenüber- oder -unterdeckung ist innerhalb der auf die Feststellung der Über- oder Unterdeckung folgenden drei Jahre auszugleichen. Der Zeitraum für den Ausgleich kann unabhängig davon gewählt werden, welcher Zeitraum der Kalkulationsperiode zugrunde gelegt wurde, in der die Abweichung auftritt.

 

Mit Beginn des neuen Kalkulationszeitraumes endet automatisch der bisherige Kalkulationszeitraum. Da der neue Kalkulationszeitraum 2024 beginnt, sind zum Ende des bisherigen Kalkulationszeitraumes 2023 die Jahresergebnisse 2020 bis 2022 im Rahmen der Jahresrechnung festgestellt.

 

Vor diesem Hintergrund wurden die Ergebnisse für die Teileinrichtungen nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 und 2 des Entwurfs bei der Kalkulation berücksichtigt. Für die in § 1 Absatz 3 Nummer 4 genannte Teileinrichtung liegen derartige Ergebnisse naturgemäß noch nicht vor, da sie mit Beginn des 01.01.2024 erstmalig Bestandteil der öffentlichen Einrichtung werden soll. Anstelle einer Gebühr, die nur für eine öffentliche Einrichtung erhoben werden kann, für welche eine solche Gebühr auch satzungsrechtlich festgesetzt ist, wurde und wird von den untergebrachten Personen bislang der Ersatz von Auslagen auf der Grundlage des § 10 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 VwKostG gefordert.

 

Für die in § 1 Absatz 3 Nummer 3 genannte Teileinrichtung (Korshagener Redder 3, 24217 Schönberg) wurde jedoch auf die Einstellung der recht erheblichen Defizite verzichtet, um den Anstieg des Gebührensatzes zu begrenzen. Hintergrund für diese Verfahrensweise ist einerseits die Tatsache, dass sich das Amt Probstei bereits seit Jahren mit dem Jobcenter bzw. dem Kreis Plön, der nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II kommunaler Träger für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung als Bestandteil des Bürgergeldes ist, in einer Auseinandersetzung befindet, die sich um die Höhe der Gebühren für die genannte Teileinrichtung dreht.

 

Nach Auffassung des kommunalen Trägers sind die erhobenen Benutzungsgebühren in ihrer tatsächlich kalkulierten Höhe deutlich zu hoch, weil sie die Angemessenheitsgrenze der Bedarfe für Unterkunft und Heizung erheblich überschreiten. Der in der genannten Teileinrichtung untergebrachte Personenkreis bezieht nämlich nach Abschluss des Asylverfahrens regelmäßig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II, also das Bürgergeld. Im Rahmen des Bürgergeldes werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung regelmäßig nur insoweit berücksichtigt, als dass diese Bedarfe bestimmte Angemessenheitskriterien nicht überschreiten. Die kalkulierten Gebühren sind regelmäßig höher als die vom kommunalen Träger für angemessen erachteten Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Die Höhe der für diese Teileinrichtung festgesetzten Gebühren war auch schon in der Vergangenheit Gegenstand von Auseinandersetzungen mit der Prüfungsbehörde.

 

Andererseits ist aber auch zu beachten, dass das Amt jedenfalls nicht vollständig „auf dem Verlust sitzen bleibt“, weil den Defiziten aus der Vergangenheit Einnahmen in Form der Integrations- und Aufnahmepauschale entgegenstehen. Diese betragen in

 

¾     2020 = 64.472,62 EUR

 

¾     2021 = 69.984,58 EUR

 

¾     2022 = 90.164,61 EUR.

 

Der Verzicht auf die Einstellung der Defizite der Vorjahre kann auch gesetzlich durch § 6 Absatz 3 KAG legitimiert werden. Sind die Benutzer einer öffentlichen Einrichtung zu ihrer Benutzung verpflichtet oder darauf angewiesen, so können die Gebührensätze unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, dem die öffentliche Einrichtung dient, und der dem Einzelnen gewährten Vorteile ermäßigt werden; die Gebührenerhebung kann auch unterbleiben.

 

Unter Einrechnung der Defizite aus den Jahren 2020 bis 2022 würde sich ein Gebührensatz von 49,25 EUR pro m² und Monat ergeben. Demgegenüber beziffert sich der Gebührensatz ohne Einrechnung der Defizite immerhin noch auf 40,11 EUR pro m² und Monat. Dies ist immer noch ein beachtlicher Wert, soweit man ihn in Beziehung zu den angemessenen Bedarfen für Unterkunft und Heizung setzt.

 

Im Übrigen wird auf die 4 beigefügten Gebührenkalkulationen für die jeweiligen Teileinrichtungen verwiesen. Aus rechtssystematischen Gründen wird die Höhe der Gebühren in einer Anlage zu § 8 geregelt.

 

Zu § 9 – Festsetzung der Gebühr

 

Entsprechend der bisherigen Rechtslage, soll die Gebühr auch weiterhin im Rahmen der Ordnungsverfügung festgesetzt werden. Dabei erfolgt die Festsetzung, ähnlich wie bei einer Miete, als Monatsgebühr. Typisierend wird dabei davon ausgegangen, dass der Monat jeweils 30 Tage hat, was auch der zivilrechtlichen Regelung zum Mietrecht entspricht. Bei dem durch die örtliche Ordnungsbehörde begründeten öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis handelt es sich zwar nicht um ein Mietverhältnis. Im Rahmen der Zuweisung von Wohnraum zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit wird ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis besonderer Art begründet. Dieses Verhältnis wird vielfach auch als „mietähnliches Nutzungsverhältnis“ beschrieben.

 

Zu § 10 – Gebührenpflichtiger Zeitraum

 

Mit § 10 wird im Vergleich zur bisherigen Rechtslage unverändert der gebührenpflichtige Zeitraum festgelegt.

 

Zu § 11 – Fälligkeit

 

Die festgesetzte Benutzungsgebühr ist unverändert jeweils zum 5. Kalendertag eines Kalendermonats zu entrichten.

 

Zu § 12 – Verarbeitung personenbezogener Daten

 

Zur Nutzung personenbezogener Daten ist formal eine Befugnis erforderlich. Diese Befugnis wird nach § 12 satzungsrechtlich verankert.

 

Zu § 13 – Inkrafttreten, Außerkrafttreten

 

Absatz 1

 

Der vorgelegte Satzungsentwurf soll zum 01.01.2024 in Kraft treten.

 

Absatz 2

 

Die bisherige Satzung vom 15.05.2014, die bereits vierfach geändert wurde, soll mit Ablauf des 31.12.2023 außer Kraft treten.

 

Zur Anlage zu § 8 – Gebührentarif

 

Aus rechtssystematischen Gründen soll die Höhe des Gebührensatzes für die jeweilige Teileinrichtung zukünftig nicht mehr im § 8, sondern in einer Anlage zu § 8 ausgewiesen werden.

 

c)    Gebührenkalkulationen

 

Die Gebührenkalkulationen für jede der insgesamt aktuell 4 Sammelunterkünfte sind als Anlage beigefügt. Auf die Erläuterungen zu § 8 des Entwurfes wird insoweit verwiesen.

 

Ergänzend ist noch vorzutragen, dass auch weiterhin daran festgehalten wird, die Einrichtung mit 4 selbstständigen Teileinrichtungen zu führen, wobei für jede Teileinrichtung eine eigenständige Gebührenkalkulation vorgenommen wird. Es bestünde auch die Möglichkeit, die Einrichtung als einheitliche Einrichtung zu führen, welche lediglich über einen einheitlichen Gebührensatz verfügt. Bei einer solchen einheitlichen Betrachtung würde sich für alle 4 Teileinrichtungen ein Gebührensatz von 37,68 EUR pro m² und Monat ergeben.

 

Das Verwaltungsgericht Bremen hatte in seinem grundlegenden Urteil vom 28.01.1999 – 2 K 2081/97 zur Thematik der einheitlichen Einrichtung zur Beseitigung von Wohnungslosigkeit entsprechende Ausführungen gemacht.

 

Danach ist es zur Ermittlung des Kostendeckungsgrades und der Obergrenze für Gebühren zulässig, auf die insgesamt für alle Teileinrichtungen entstehenden Kosten abzustellen und einen insoweit einheitlichen Gebührensatz zu bestimmen.

 

Eine öffentliche Einrichtung ist eine Zusammenfassung personeller und sachlicher Mittel eines Trägers öffentlicher Verwaltung zur dauerhaften Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe. Dieser kommunalverfassungsrechtliche Einrichtungsbegriff (vergleiche oben) hat durch das Kommunalabgabenrecht keine anderweitige Bedeutung erfahren.

 

In der Frage, ob mehrere technisch selbstständige Anlagen eine Einrichtung oder mehrere rechtlich selbstständige Einrichtungen bilden, steht den kommunalen Körperschaften ein Organisationsermessen zu. Von einer einheitlichen Einrichtung kann jedenfalls dann ermessensfehlerfrei ausgegangen werden, wenn mehrere Teileinrichtungen einem einheitlichen Zweck zu dienen bestimmt sind. Auch für das Abgabenrecht ist damit eine aufgaben- und funktionsbezogene Betrachtungsweise geboten, die es zu Gunsten einer praktikablen Abgabenerhebung ermöglicht, eine einheitliche Kostenkalkulation für die Gebührenerhebung zugrunde zu legen, ohne eine im Einzelfall problematische Differenzierung vornehmen zu müssen. Denn aus dem Prinzip der Einheit der öffentlichen Einrichtung ergibt sich, dass der jeweilige Benutzer nicht nur mit Kosten des von ihm in Anspruch genommenen Teils der Einrichtung belastet werden darf. Der dadurch im Interesse einer praktikablen einheitlichen Abgabenerhebung bewirkte Verzicht auf die Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse ist grundsätzlich hinzunehmen. An die Stelle der Kosten für den unmittelbar in Anspruch genommenen Einrichtungsteil tritt eine nur rechnerisch abgrenzbare Teilhabe an der Gesamteinrichtung.

 

Davon ist jedoch die Frage zu trennen, ob nicht hinsichtlich einzelner Benutzer oder Benutzergruppen, für welche gewichtige Besonderheiten gelten, aus dem Äquivalenzprinzip bzw. dem Gleichheitsprinzip oder aus sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten Staffelungen der Gebühr vorzunehmen sind. Dazu bedarf es prinzipiell nicht einer Aufspaltung der einheitlichen Einrichtung, sondern es wird lediglich der Rechtspflicht Rechnung getragen, etwaige Besonderheiten bei der Benutzung einer Einrichtung im Rahmen der Ausgestaltung des Gebührenmaßstabs oder der Gebührenhöhe zu berücksichtigen.

 

Ermessensfehlerhaft kann die Annahme einer einheitlichen Einrichtung danach allenfalls dann sein, wenn die von ihr erbrachten Leistungen nicht nur qualitative Unterschiede aufweisen, sondern ihrem Wesen nach derart unterschiedlich sind, dass von einem einheitlichen Zweck der Einrichtung nicht mehr ausgegangen werden kann und damit eine einheitliche Kostenkalkulation nicht gerechtfertigt erscheint.

 

So verhält es sich hier jedoch ausdrücklich nicht. Es wurde bewusst eine öffentliche Einrichtung geschaffen, da die Einrichtung als solches der Aufnahme und der vorübergehenden Unterbringung im Gebiet des Amtes dient.

 

Allerdings weisen die verschiedenen Teileinrichtungen erhebliche Unterschiede sowohl hinsichtlich der baulichen Substanz, der Ausstattung, des Alters der jeweiligen Teileinrichtung, ihrer Größe und damit einhergehend ihrer tatsächlichen Belegung sowie auch des in ihnen zu betreibenden personellen Aufwandes auf.

 

Vor diesem Hintergrund hielt und hält ist das Amt auch nach wie vor für geboten, diesen Unterschieden insoweit Rechnung zu tragen, als dass selbstständige Teileinrichtungen gebildet werden, für welche die Kosten jeweils auf die jeweilige selbständige Teileinrichtung bezogen ermittelt werden, um sodann für jede selbstständige Teileinrichtung der Einrichtung einen selbstständigen Gebührensatz zu ermitteln.

 

Wenn schon die Festsetzung der Gebührensätze auf der Grundlage einer Gesamtkalkulation für alle Unterkünfte nicht zu beanstanden wäre, ist es erst recht nicht zu beanstanden, wenn das Amt den Besonderheiten der einzelnen Teileinrichtungen in der Weise Berücksichtigung verschafft, dass unterschiedliche Gebührensätze wegen der unterschiedlichen Kostenstruktur der einzelnen Teileinrichtungen zu Grunde gelegt werden (in diesem Sinne OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.06.1997 – 9 A 4113/96).

 

Aus dem Äquivalenzprinzip folgt, dass eine einheitliche Einrichtung, die keine auffallenden Leistungsunterschiede bietet, auch nur eine einheitliche Gebührenhöhe rechtfertigt. Solche auffallenden Leistungsunterschiede können sich beim vom Amt gewählten rechtlichen Ansatz einer einheitlichen Einrichtung gleichwohl ergeben. Soll eine Einrichtung einem einheitlichen Zweck dienen, profitieren die Nutzer grundsätzlich in gleichem Maße von der Einrichtung. Eine Gebührendifferenzierung kann allerdings auch bei einheitlichen Einrichtungen dieser Art dann geboten sein, wenn die Ausstattung der Unterkünfte derart unterschiedlich ausfällt, dass eine einheitliche Gebührenhöhe trotz des Gesichtspunktes der Verwaltungspraktikabilität mit dem Rechtsgedanken des aus Artikel 3 Absatz 1 GG in Verbindung mit dem Äquivalenzprinzip folgenden Differenzierungsgebotes nicht mehr in Einklang zu bringen ist.

 

Der Umfang der Kosten für die Unterbringung im Einzelfall kann demnach sehr wohl Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung bei den Gebühren sein, wenn mit dem unterschiedlichen Kostenaufwand auch ein unterschiedlicher wirtschaftlicher Wert der von der Einrichtung erbrachten Leistungen einhergeht.

 

So verhält es sich im zu beurteilenden Fall jedoch. Allein der bauliche Zustand der betrachteten Teileinrichtungen rechtfertigt nicht nur eine differenzierte Betrachtung, sondern erzwingt sie geradezu.

 

d)    Weitere Handlungsoptionen und Alternativen

 

Die Lage bei der Unterbringung zum Zwecke des Vollzugs des LAufnG (vergleiche oben unter a) macht es erforderlich, die in Sammelunterkünften vorgehaltenen Kapazitäten weiter auszubauen. Das Amt bemüht sich daher aktuell um eine Anmietung eines Teils der nicht mehr in Betrieb befindlichen Jugendherberge in Schönberg. Auf deren Gelände soll im Übrigen mit Beginn des 01.11.2023 eine Gemeinschaftsunterkunft des Kreises Plön in Betrieb gehen, welche der vorübergehenden Entlastung der örtlichen Ebene dienen soll (Funktion eines Puffers). Alternativ zur Anmietung wird auch geprüft, ob ein Erwerb eines Grundstücksteils möglich und wirtschaftlich ist. Zu diesem Zweck wurde die Erstellung eines Wertgutachtens in Auftrag gegeben.

 

Gegenwärtig werden keine realistischen Alternativen gesehen, die sich kurz- bis mittelfristig realisieren ließen. Zu denken wäre lediglich noch an die Anmietung oder den Kauf von Containern oder vergleichbaren Unterkünften in Form von

 

¾     modularem Wohnraum,

 

¾     Wohncontainern und

 

¾     Leichtbauhallen.

 

Derartige Lösungen bedingen jedoch oftmals die erstmalige Herstellung einer Infrastruktur für die Versorgung und die Entsorgung, benötigen für ihre erstmalige Herstellung Zeit und bergen ein nicht unerhebliches Kostenrisiko. Darüber hinaus müssen die für die baulichen Anlagen in Anspruch genommenen Grundstücke auch bauplanungsrechtlich geeignet sein, um dort in zulässiger Weise soziale Anlagen in der Sonderform der „Flüchtlingsunterkünfte“ errichten zu dürfen.

 

Da die Situation auf dem Wohnungsmarkt aus Sicht der mietwilligen Personen aktuell prekär ist, ist nach Auffassung der Amtsverwaltung äußerste Zurückhaltung bei der Anmietung von Wohnungen – insbesondere aus dem preisgünstigen Segment – geboten. Die Aktivitäten des Amtes Probstei als Mieter von Wohnraum führen dazu, dass Personengruppen, die nicht unter das LAufnG fallen, kaum noch halbwegs bezahlbaren Wohnraum finden können.

 

Um die Akzeptanz bei der Unterbringung von Personen im Sinne des LAufnG, die ohnehin schon gelitten hat, nicht weiter zu gefährden, soll die Unterbringung in „normalen“ Wohnungen daher zurückgefahren werden.

 


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Entwurf der „Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit (Wohnungslosigkeitsbeseitigungssatzung)“

 

¾     Gebührenkalkulationen für 4 Teileinrichtungen


Beschlussvorschlag:

 

Der Amtsausschuss

 

  1. beschließt die „Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit (Wohnungslosigkeitsbeseitigungssatzung)“ in der Fassung der Verwaltungsvorlage AMTPR/BV/077/2023 und

 

  1. schließt sich den in den Gebührenkalkulationen für die 4 Teileinrichtungen enthaltenen Ermessenserwägungen ausdrücklich an.