Betreff
Einrichtung einer Sozialarbeiter*innenstelle für die aufsuchende Jugendsozialarbeit
Vorlage
SCHÖN/BV/915/2023
Aktenzeichen
III.4-4511.16
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Gemeindevertretung hat am 27.06.2023 auf Antrag der CDU-Fraktion (Anlage 1), ergänzt durch einen Antrag der EIS-Fraktion (Anlage 2), folgenden Beschluss gefasst:

 

Die Angelegenheit wird an den Jugend-, Kultur- und Sozialausschuss zur Beratung und abschließenden Entscheidung überwiesen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die alternativen Möglichkeiten zur Einrichtung einer aufsuchenden Jugendsozialarbeit in Schönberg aufzubereiten.

 

Hierzu gehört auch, mit entsprechenden sozialen und/oder kirchlichen Trägern Kontakt aufzunehmen, um Interessenbekundungen abzufragen.

 

Inzwischen hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Ergänzungsantrag zur weiteren Beratung der Thematik im Fachausschuss eingereicht (Anlage 3).

 

Zur Aufbereitung der Möglichkeiten zur Einrichtung einer aufsuchenden Jugendsozialarbeit in Schönberg ist zunächst eine Definition dieses Handlungsfeldes und eine qualitative sowie quantitative Bedarfsanalyse erforderlich, aus der anschließend eine Ausgestaltung notwendiger Rahmenbedingungen abzuleiten ist. Letztere stellt die Grundlage des durchzuführenden Interessenbekundungsverfahrens dar.

 

Zur differenzierten Beschreibung des Handlungsfeldes „Streetwork und aufsuchende Jugendarbeit“ können die „fachlichen Standards 2018“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork / Mobile Jugendarbeit herangezogen werden, die als Anlage 4 der Vorlage beigefügt sind.

 

Die konkrete Ausgangslage wurde in der Sitzung des „runden Tisches Soziales“, der am 11.07.2023 stattfand, zusammengetragen und analysiert. Dort wurde der „harte Kern“ der Gruppe im Kinder- und Jugendalter, die mit den Angeboten der offenen Kinder- und Jugendarbeit und der offenen Ganztagsschule nicht mehr erreichbar sind und die starke Verhaltensauffälligkeiten zeigen, mit ca. einem Dutzend Personen beschrieben, von denen mehr als ein Drittel aus den Umlandgemeinden Schönbergs stammt. Außerdem wurde dargestellt, dass es ein Umfeld zahlreicher weiterer Kinder und Jugendlichen gibt, die bereits ähnliche Verhaltensauffälligkeiten zu zeigen beginnen und die sich dieser Gruppe annähern.

 

Es herrschte Einvernehmen, dass die Bereitstellung von Streetwork und aufsuchender Jugendarbeit in der Größenordnung einer Vollzeitstelle mit der Qualifikation eines/einer Sozialarbeiters*in / Sozialpädagogen*in ein sinnvolles Hilfsangebot wäre.

 

Es wurde nicht weiter differenziert, ob eine Teilung einer solchen Stelle und eine verschiedengeschlechtliche Besetzung vorgenommen werden soll. Auch ob und wo eine Standortanbindung erfolgen soll, blieb offen.

 

Der Ergänzungsantrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert hierzu nun die Bereitstellung von Räumlichkeiten für ein Jugendcafé außerhalb des schulischen Bereichs.

 

Hierzu sind gegebenenfalls konkretisierende Beschlüsse erforderlich. Alternativ ist es auch möglich, diese Fragen offen zu lassen und möglichen Trägern im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens, die Möglichkeit zu geben, die aus ihrer Sicht notwendigen Rahmenbedingungen zu beschreiben.

 

Zur Einrichtung einer aufsuchenden Jugendsozialarbeit in Schönberg stehen sich grundsätzlich zwei alternative Möglichkeiten gegenüber:

 

  1. Durchführung des Angebotes in eigener Regie der Gemeinde Schönberg und Einstellung eigenen Fachpersonals

 

  1. Schaffung des Angebotes durch einen freien Träger der Jugendhilfe mit eigenem Personal und finanzieller Förderung durch die Gemeinde Schönberg auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung.

 

Der Beschluss der Gemeindevertretung weist mit dem Auftrag, mit freien Trägern der Jugendhilfe in der Sache Kontakt aufzunehmen, tendenziell auf die Lösungsalternative 2 hin.

 

Die Verwaltung hat zunächst zusammengetragen, welche Träger in der Region Angebote im Bereich Streetwork, aufsuchende Jugendarbeit vorhalten:

 

  • Arbeiterwohlfahrt-Kreisverband Kiel (Fanprojekt)
  • Brücke Rendsburg-Eckernförde e. V. (Streetworker-Projekt Wirtschaftsraum Rendsburg)
  • Diakonie Kirchenkreis Plön/Segeberg (Streetwork Preetz)
  • DRK Kreisverband Kiel e. V. (Integration durch integrierte)
  • Internationaler Bund (Streetwork Lübeck und Ostholstein)
  • isfa – interkulturelle Schule Fortbildung und Ausbildung GmbH (Streetwork Gettorf)
  • Kinder- und Jugendhilfeverbund Kiel (Straßensozialarbeit Kieler Zentrum/Garden)
  • SOS- Kinderdorf Lütjenburg (Schulsozialarbeit im Kreis Plön)
  • Stadt Mission Mensch, Kiel

 

Insbesondere das Streetwork-Projekt im Wirtschaftsraum Rendsburg, welches der Träger Brücke Rendsburg-Eckernförde e. V. in Kooperation mit dem Kreis Rendsburg-Eckernförde und einigen Städten, Ämtern und Gemeinden in der Region durchführt, erscheint aufgrund der Vergleichbarkeit der örtlichen Strukturen und Problemlagen geeignet, zur Ausgestaltung des geplanten Schönberger Angebotes genauer betrachtet zu werden. Ich habe deshalb die Leiterin des Projektes, Frau Andrea Wieczorek eingeladen, dieses Projekt in der Sitzung des Jugend-, Kultur- und Sozialausschusses persönlich vorzustellen.

 

Besonders beachtenswert ist bei diesem Angebot die Kooperation mehrerer Kommunen und die Beteiligung des Kreises Rendsburg-Eckernförde als örtlicher Träger der Jugendhilfe. Der Kreis trägt ca. 50 % der Kosten und übernimmt die Fachaufsicht. Die übergemeindliche Kooperation ermöglicht dort die Beschäftigung mehrerer Mitarbeitenden und somit eine gendergerechte Teambildung mit möglicher Vertretung in Urlaubs- und Krankheitsfällen.

 

Jugendsozialarbeit ist auf eine Aufgabe nach dem Sozialgesetzbuch VIII - Kinder-und Jugendhilferecht (SGB VIII). Zur Jugendsozialarbeit bestimmt § 13 Abs. 1 SGB VIII folgendes:

 

Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern.

 

Die Abgrenzung zur allgemeinen Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII ergibt sich aus der jeweiligen Zielgruppendefinition. Die allgemeine Jugendarbeit richtet sich an alle Kinder und Jugendlichen, die Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII an sozial benachteiligte Jugendliche.

 

Das Jugendförderungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein (JuFöG) greift dies in § 11 unter dem Titel „Jugendarbeit mit besonders benachteiligten Menschen auf und formuliert:

 

Jugendarbeit mit jungen Menschen mit besonderen sozialen oder gruppen- und schichtspezifischen Problemen soll in ihrer Ausgleichsfunktion insbesondere die Fähigkeit zur Selbsthilfe vermitteln und durch integrative Maßnahmen das sozialpädagogische Beratungs- und Betreuungsangebot ergänzen.

 

Zuständig für die Schaffung entsprechender Angebote ist der örtliche Träger der Jugendhilfe, der nach § 47 JuFöG als Ausführungsgesetz zum SGB VIII die Kreise und kreisfreien Städte als solche bestimmt.

 

Als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die Kreise und kreisfreien Städte die Jugendarbeit in ihrem Bereich zu fördern (vergleiche § 8 Abs. 2 Satz 1 JuFöG). § 8 Abs. 3 JuFöG bestimmt weiter, dass die übrigen kommunalen Körperschaften die Jugendarbeit im Rahmen ihrer Selbstverwaltung fördern.

 

Es ergibt sich somit zunächst für die Förderung benachteiligter Jugendlicher durch Jugendsozialarbeit eine Zuständigkeit des örtlichen Jugendhilfeträgers, also des Kreises Plön. Allerdings ist seine Förderungsverpflichtung zumindest in der Höhe variabel. Außerdem obliegt es seiner Entscheidung, mit welchen Instrumenten und in welchem Umfang er ein solches Hilfsangebot vorhält. Dabei gilt für ihn jedoch auch ein Beteiligungsgebot der Gemeinden, welches sich aus § 55 Abs. 2 JuFöG (Jugendhilfeplanung des örtlichen Trägers) ergibt.

 

Ob Gemeinden solche Angebote vorhalten oder sich an einer Förderung beteiligen wollen, entscheiden sie im Rahmen ihrer Selbstverwaltung, eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung ergibt sich nicht. Insoweit würde es sich hier um eine freiwillige Leistung handeln.

 

Diese gesetzlich unkonkrete Gemengelage impliziert eine Abstimmung zwischen Gemeinde und Kreis, wie sie scheinbar im Nachbarkreis bereits seit langem erfolgt ist.

 

Im Kreis Plön existiert aktuell, soweit der Verwaltung bekannt ist, nur das Streetwork-Angebot der Diakonie in Preetz, welches von der Stadt Preetz ohne Beteiligung des Kreises finanziert wird.

 

Die Amtsverwaltung hat deshalb bei der Leitung des Amtes für Familie und Jugend des Kreises Plön unter Hinweis auf das Projekt des Kreises Rendsburg-Eckernförde zunächst telefonisch angefragt, ob etwas Vergleichbares für den Kreis Plön ins Auge gefasst werden kann und eine Förderung des Schönberger Vorhabens zum Beispiel als Pilotprojekt möglich wäre. Der Leiter des Amtes für Familie und Jugend des Kreises Plön, Herr Marc Ruddies, wurde zu diesem Tagesordnungspunkt zur Sitzung des Ausschusses eingeladen.


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1: Antrag CDU-Fraktion

Anlage 2: Ergänzungsantrag EIS-Fraktion

Anlage 3: Ergänzungsantrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Anlage 4: Fachliche Standards BAG Streetwork/Mobile Jugendarbeit e.V.


Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

  1. Der Bürgermeister und die Verwaltung werden beauftragt, mit dem Kreis Plön in konkrete Gespräche zur Förderung des Streetwork-Projektes in Schönberg einzutreten und einen entsprechenden Förderantrag zu stellen. Der Aufbau eines übergemeindlichen Projektes nach dem Beispiel des Kreises Rendsburg-Eckernförde wird ausdrücklich unterstützt, das Schönberger Vorhaben kann hier als Initial- und Pilotprojekt angeboten werden.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, unter den in der Vorlage genannten freien Trägern der Jugendhilfe ein Interessenbekundungsverfahren im Rahmen des Zuwendungsrechts auf der Grundlage des § 74 SGB VIII zur Durchführung eines Streetwork-Angebotes im Sinne des § 13 Abs. 1 SGB VIII in Schönberg durchzuführen. Dabei sollen folgende Rahmenbedingungen gelten:

 

 

[Zielgruppe:

Laufzeit:

Personal:

Standort/Räumlichkeiten:]