Betreff
Anpassung von Parkgebühren als Folge der Umsatzsteuerpflicht ab 01.01.2023
Vorlage
LABOE/BV/616/2022
Aktenzeichen
III / StVO, UStG
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Gemeinde Laboe erhebt im Rahmen der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften Parkgebühren.

 

Rechtsgrundlage hierfür bildet die von der insoweit sachlich und örtlich zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde des Amtes Probstei erlassene Amtsverordnung über Parkgebühren (Parkgebührenverordnung). Ihre Grundlage findet die Parkgebührenverordnung in

 

 

¾     § 6 a Absatz 6 Satz 1 und Absatz 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG)

 

¾     § 1 der Landesverordnung über Parkgebühren sowie

 

¾     § 55 Absatz 2 des Landesverwaltungsgesetzes (LVwG).

 

Die in der Parkgebührenverordnung enthaltenen Gebührensätze werden durch die örtliche Ordnungsbehörde mit der Gemeinde, innerhalb deren Gebiet sich der jeweilige Parkplatz befindet, abgestimmt, da die erwirtschafteten Gebühren vollständig in den Haushalt der Gemeinde fließen.

 

Als Folge der Reform des Umsatzsteuerrechts sind die durch Parkgebühren erwirtschafteten Umsätze vielfach als steuerbare Umsätze zu beurteilen, die mit Umsatzsteuer belastet sind. Für die Zeit ab dem 01.01.2023 ist daher durch die Gemeinde die Frage zu beantworten, ob die bestehende Parkgebührenverordnung so anzupassen ist, dass die künftig zu entrichtende Umsatzsteuer zusätzlich erwirtschaftet wird.

 

Die Neuregelung trat bereits zum 01.01.2017 in Kraft. Der Gesetzgeber hatte mit dem ebenfalls neu eingefügten § 27 Absatz 22 UStG jedoch die Möglichkeit eröffnet, durch eine einmalige, gegenüber dem Finanzamt bis zum 31.12.2016 abzugebende Erklärung zur Beibehaltung der Regelungen des § 2 Abs. 3 UStG in der Fassung vom 31.12.2015 zu optieren. Die Erklärung war einmalig für sämtliche vor dem 01.01.2021 ausgeführten Leistungen abzugeben. Hiervon hatte die Gemeinde auch Gebrauch gemacht.

 

Die Gemeinde als juristische Person des öffentlichen Rechts kann bzw. konnte damit im Übergangszeitraum die für sie im konkreten Fall günstigere Rechtslage zur Anwendung bestimmen.

 

Auch wenn der Optionszeitraum vergleichsweise lang bemessen war, konnten dennoch nicht alle Probleme und offenen Fragen der kommunalen Ebene geklärt werden. Bereits im Jahr 2019 gab es daher vermehrt Bestrebungen, den Übergangszeitraum zu verlängern. Diesem Wunsch wurde mit Artikel 1 Nummer 2 des Corona-Steuerhilfegesetzes vom 19.06.2020 entsprochen, indem § 27 Absatz 22 a UStG angefügt wurde. Das Gesetz sah eine Verlängerung der Optionsfrist für alle Leistungen vor, die vor dem 01.01.2023 ausgeführt werden. Die Optionsfrist wurde dabei Kraft Gesetz verlängert, so lange die juristische Person des öffentlichen Rechts die Optionserklärung nicht widerruft. Damit mussten die Kommunen keine neue Optionserklärung abgeben, um die Verlängerung zu nutzen.

 

Da nicht beabsichtigt ist, die Optionsregelung nochmals zu verlängern, ergibt sich für die Gemeinde im Zusammenhang mit der Erzielung von Umsätzen in Form von Erlösen aus Parkscheinautomaten die Notwendigkeit zum Treffen einer Grundsatzentscheidung.

 

Bei einer Parkgebühr, die beispielsweise einen Umsatz von 1,00 EUR für eine Stunde Parken auslöst und als steuerbarer Umsatz zu behandeln ist, wird der Gemeinde künftig ein Ertrag von lediglich 0,84 EUR verbleiben, wohingegen ihr bis zum 31.12.2022 weiterhin 1,00 EUR als Ertrag zufließen wird.

 

Sofern also ein am Parkscheinautomaten getätigter Umsatz als steuerbarer Umsatz zu behandeln ist, müsste die Gemeinde einen Beschluss darüber fassen, dass künftig die Umsatzsteuer auf die bestehende Gebühr aufgeschlagen wird, um Aufkommensneutralität zu erreichen.

 

Der steuerrechtliche Hintergrund stellt sich wie folgt dar:

 

Nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG unterliegen im hier zu beurteilenden Zusammenhang unter anderem Umsätze der Umsatzsteuer, die als sonstige Leistungen durch einen Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt werden. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt.

 

Tatbestandlich setzt die Umsatzsteuerpflicht daher folgende Merkmale voraus:

 

¾     Vorliegen eines Umsatzes als sonstige Leistung

 

¾     Eigenschaft als Unternehmer

 

¾     Ausführung im Inland

 

¾     Zahlung eines Entgelts

 

¾     Ausführung im Rahmen des Unternehmens

 

Umsatzsteuerrechtlich unstreitig ist, dass die Gemeinden bei der Erhebung von Parkgebühren einen Umsatz ausführen. Der Umsatz ist gekennzeichnet durch einen gegenseitigen Austausch von Leistungen. Ein Leistungsaustausch setzt voraus, dass Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht (Abschnitt 1.1 Absatz 1 Satz 1 UStAE). Die Leistung der Gemeinde besteht darin, (öffentliche) Flächen für das Parken von Kraftfahrzeugen zur Verfügung zu stellen. Die Gegenleistung besteht darin, dass der Verkehrsteilnehmer ein Entgelt für die Inanspruchnahme der zur Verfügung gestellten (öffentlichen) Fläche entrichtet.

 

Der bei der Entrichtung von Parkgebühren getätigte Umsatz ist im Sinne des § 3 Absatz 9 Satz 1 UStG als sonstige Leistung anzusehen. Sonstige Leistungen sind danach Leistungen, die keine Lieferungen sind.

 

Die Ausführung der genannten Umsätze erfolgt auch zweifelsfrei im umsatzsteuerrechtlichen Inland im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 UStG.

 

Ebenso wenig ist die Entgeltlichkeit des Umsatzes in Zweifel zu ziehen, da hier fraglos Zahlungsmittel eingesetzt werden müssen.

 

Ob die Gemeinde umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer anzusehen ist und die in Rede stehenden Umsätze daher auch im Rahmen des Unternehmens ausführt, ist hingegen nicht so einfach zu beantworten. Zumindest ist die Tendenz erkennbar, dass die gemeindlichen Umsätze zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durch die Finanzverwaltung mittlerweile deutlich öfter als steuerbar angesehen werden.

 

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Absatz 1 Satz 1 UStG). Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Absatz 1 Satz 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Absatz 1 Satz 3 UStG).

 

Gemeinden als juristische Personen des öffentlichen Rechts wurden unter Geltung des mittlerweile aufgehobenen aber im Übergangszeitraum weiterhin anwendbaren § 2 Absatz 3 UStG nur insoweit der Besteuerung ihrer Umsätze unterworfen, als dass diese innerhalb der sogenannten „Betriebe gewerblicher Art“ ausgeführt wurden. Auch nach dem Wegfall von § 2 Absatz 3 UStG, dessen Regelungsgehalt in § 2 b UStG überführt wurde, ohne den Betrieb gewerblicher Art ausdrücklich zu nennen, wird auch weiterhin auf diesen Rechtsbegriff abgestellt.

 

Abschnitt 2.11 Absatz 2 und 4 UStAE definiert die in Rede stehenden Betriebe gewerblicher Art im Wesentlichen wie folgt:

 

Die Gesamtheit aller Betriebe gewerblicher Art im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 6 und § 4 KStG und aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe stellt das Unternehmen der juristischen Person des öffentlichen Rechts dar. Das Unternehmen erstreckt sich auch auf die Tätigkeitsbereiche, die nach § 2 Absatz 3 Satz 2 UStG als unternehmerische Tätigkeiten gelten. Nur die in diesen Betrieben und Tätigkeitsbereichen ausgeführten Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer. Andere Leistungen sind nicht steuerbar, auch wenn sie nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt bewirkt werden, es sei denn, die Behandlung als nichtsteuerbar würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen.

 

Für die Frage, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, ist auf § 1 Absatz 1 Nummer 6 und § 4 KStG in der jeweils geltenden Fassung abzustellen. Die zu diesen Vorschriften von Rechtsprechung und Verwaltung für das Gebiet der Körperschaftsteuer entwickelten Grundsätze sind anzuwenden (vgl. insbesondere R 4.1 KStR). Über die Anwendung der Umsatzgrenzen von 130.000 EUR (R 4.1 Absatz 4 KStR) und 35.000 EUR (R 4.1 Absatz 5 KStR) ist bei der Umsatzsteuer und bei der Körperschaftsteuer einheitlich zu entscheiden.

 

Ob eine Gemeinde als Unternehmer im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 UStG zu behandeln ist, muss letztlich anhand der Kriterien des § 2 b UStG beantwortet werden.

 

Hierzu bestimmt § 2 b Absatz 1 Satz 1 UStG, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG gelten, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

 

Unter Zugrundelegung von § 2 b Absatz 1 Satz 1 UStG wären die Parkgebühren daher nicht als steuerbare Umsätze zu behandeln. Denn die Erhebung von Parkgebühren stellt sich zweifellos als Ausübung hoheitlicher Befugnisse dar.

 

Allerdings ist hier die Vorschrift des § 2 b Absatz 1 Satz 2 UStG zu beachten, wonach die Behandlung als nicht steuerbarer Umsatz dann nicht gilt, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

 

§ 2 b Absatz 2 Nummer 1 UStG regelt, dass größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere dann nicht vorliegen, wenn der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500,00 EUR jeweils nicht übersteigen wird. Sofern also der Umsatz voraussichtlich über 17.500,00 EUR, der aus der Bereitstellung von öffentlichen Parkplätzen erzielt wird, liegt, ist typisierend von einer größeren Wettbewerbsverzerrung auszugehen. Da die Gemeinde die Umsatzgrenze von 17.500,00 EUR pro Kalenderjahr reißt, ist zu konstatieren, dass sie grundsätzlich eine Tätigkeit ausübt, die zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, sofern sie nicht als Unternehmer behandelt werden würde.

 

Abschnitt 2 b.1 Absatz 5 UStAE führt aus, dass die Überlassung unselbständiger Parkbuchten auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen gegen Gebühren (Parkscheinautomaten) als hoheitliche Tätigkeit zur Ordnung des ruhenden Verkehrs nach § 2 b UStG nicht steuerbar ist.

 

Diese Regelung innerhalb des UStAE geht auf ein Urteil des BFH vom 01.12.2011 (V R 1/11) mit folgenden Leitsätzen zurück:

 

¾     Eine Gemeinde, die nicht auf privatrechtlicher, sondern auf hoheitlicher Grundlage Stellplätze für PKW in einer Tiefgarage gegen Entgelt überlässt, handelt als Unternehmer und erbringt steuerpflichtige Leistungen, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Absatz 3 Satz 1 UStG in Verbindung § 4 KStG).

 

¾     Eine derartige Wettbewerbsverzerrung liegt auch vor, wenn eine Gemeinde Stellplätze zwar nach §§ 45, 13 StVO öffentlich-rechtlich auf einer öffentlich-rechtlich gewidmeten „Straße" überlässt, es sich hierbei jedoch um Flächen einer Tiefgarage handelt (Änderung der Rechtsprechung).

 

Zur Begründung hatte der BFH im Zusammenhang mit dem Merkmal der größeren Wettbewerbsverzerrung unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausgeführt, dass „größere" Wettbewerbsverzerrungen nur dann zu verneinen sind, wenn „die Behandlung öffentlicher Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige ... lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde". Es ist daher für die Behandlung einer auf öffentlich-rechtlicher Grundlage tätigen juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht erforderlich, dass „erhebliche" oder „außergewöhnliche" Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Weiter ist für die Wettbewerbsbeurteilung nicht nur der gegenwärtige, sondern auch der potenzielle Wettbewerb zu berücksichtigen. Im Übrigen kommt es für die Wettbewerbsbeurteilung nicht auf die Verhältnisse auf dem jeweiligen „lokalen Markt" an. Denn die Frage der Wettbewerbsverzerrungen ist „in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ..., ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht", so dass die Art der Tätigkeit maßgeblich ist. Jedoch kann die rein theoretische, durch keine Tatsache, kein objektives Indiz und keine Marktanalyse untermauerte Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, nicht mit dem Vorliegen eines potenziellen Wettbewerbs gleichgesetzt werden. Eine solche Gleichsetzung setzt vielmehr voraus, dass sie real und nicht rein hypothetisch ist.

 

Hierzu ist zu konstatieren, dass die notwendige Wettbewerbssituation durchaus real ist. Denn im Wirtschaftsraum der Probstei und des gesamten Bundesgebietes sowie auch im Wirtschaftsraum der EU konkurrieren private Betreiber von Parkplätzen durchaus mit den öffentlich-rechtlich verfassten Gemeinden um Verkehrsteilnehmer, die ihre Leistungen in Anspruch nehmen.

 

Die Art der Tätigkeit ist auch bei der Wettbewerbsbeurteilung der Parkraumüberlassung gemäß §§ 45, 13 StVO zu beachten.

 

Nach dem zu berücksichtigenden § 2 Absatz 2 Nummer 1 StrWG gehört der Straßenkörper zur öffentlichen Straße. Zum Straßenkörper gehören wiederum insbesondere der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Trenn-, Rand-, Seiten- und Sicherheitsstreifen sowie die Gehwege und Radwege, auch wenn sie ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen.

 

Öffentliche Parkplätze im Sinne des Straßen- und Wegerechts, also dem öffentlichen Verkehr gewidmete, durch die Art ihrer Anlage zur Aufnahme des ruhenden Verkehrs bestimmte Flächen, sind entweder in den Straßenkörper derart einbezogen, dass sie mit ihm eine Einheit bilden (unselbstständige Parkflächen; dazu gehören die Parkstreifen und die sonstigen als Längsstreifen oder Ausbuchtungen der Fahrbahn ausgebildeten Parkplätze), oder besitzen gegenüber der Straße, mit der sie durch eine Zufahrt verbunden sind, selbstständige Bedeutung und haben den Charakter eines eigenen öffentlichen Platzes (selbstständige Parkflächen, in der Regel größere zusammenhängende Flächen). An den öffentlichen Parkplätzen besteht Gemeingebrauch (Wilke/Gröller, Rn. 42 zu § 2 StrWG).

 

Ohne dass der straßen- und wegerechtlichen Beurteilung eine Bindungswirkung für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zukommt, ist nach Auffassung des BFH davon auszugehen, dass eine Tiefgarage – ebenso wie sonstige neben einer Straße liegende Grundstücksflächen – gegenüber den dem allgemeinen Verkehr dienenden Straßenflächen eine eigenständige Bedeutung hat, so dass von einer selbständigen Parkplatzfläche auszugehen ist, die im Übrigen nach der Art der Tätigkeit ebenso durch einen privaten Leistungsanbieter zur Nutzung überlassen werden kann.

 

Die Nichtbesteuerung des auf hoheitlicher Grundlage durchgeführten Betriebs einer gebührenpflichtigen Tiefgarage würde zu mehr als nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen, da bei einer nach der Art der Leistung vorzunehmenden Wettbewerbsprüfung nicht zwischen Tiefgaragen, Parkhäusern und anderen selbständigen Parkplatzflächen zu differenzieren ist. Dass die in der Tiefgarage vorhandenen Fahrbahnen als Zufahrt zu den dort überlassenen Einzelparkplätzen ebenso wie diese öffentlich-rechtlich als Straße gewidmet waren, ist dabei für die maßgebliche Art der Tätigkeit (Parkraumüberlassung) ohne Belang.

 

Um die Frage zu beantworten, ob die mit einem Parkplatz erwirtschafteten Umsätze als steuerbare Umsätze zu behandeln sind, kommt es also entscheidend darauf an, ob der jeweilige Parkplatz das geforderte umsatzsteuerrechtlich determinierte Maß an Selbstständigkeit besitzt. Diese Selbstständigkeit wird dadurch vermittelt, dass die fraglichen Parkplätze keine Einheit mit dem Straßenkörper bilden. Eine solche Einheit ist zu bejahen für Parkplätze, die sich als

 

¾     Parkstreifen,

 

¾     sonstige Längsstreifen oder

 

¾     Ausbuchtungen der Fahrbahn

 

der öffentlichen Straße (in der Regel des Bestandteils „Fahrstreifen“) darstellen. Der klassische Parkplatz wird im Regelfall auf dem Seitenstreifen hergestellt. Der Begriff des „Seitenstreifens" ist in der Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt. Unter einem Seitenstreifen ist – entsprechend der Verwaltungsvorschrift zu § 2 Absatz 4 StVO – der unmittelbar neben der Fahrbahn liegende Teil der Straße zu verstehen, der befestigt oder unbefestigt sein kann, und Rad- und Gehwege nicht umfasst (OLG Hamm vom 08.02.1994 – 3 Ss OWi 1215/93).

 

Die Begriffe Parkstreifen und Parkbucht sind in der StVO und in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO nicht einmal erwähnt. Nach dem Sprachgebrauch bezeichnen diese beide einen nicht zur Fahrbahn gehörenden Teil der Straße, der über eine gewisse Strecke hinweg ohne bauliche Trennung von der Fahrbahn seitlich neben dieser entlangführt und erkennbar dazu bestimmt und geeignet ist, von der Fahrbahn her Fahrzeuge zum Halten und Parken aufzunehmen (OLG Hamm vom 14.03.1979 – 6 Ss OWi 2455/78).

 

Nach dieser Definition scheiden schon sämtliche Parkplätze aus dem Kreis der unselbständigen Parkplätze aus, die beispielsweise über einen Gehweg erreicht werden müssen, weil dieser Gehweg dann als Zufahrt fungiert und das Merkmal der fehlenden baulichen Trennung von der Fahrbahn nicht mehr verwirklicht ist, so dass hierdurch Selbständigkeit vermittelt wird. Bei einem Gehweg" handelt es sich um einen Weg, der für Fußgänger eingerichtet und bestimmt ist, von der Fahrbahn räumlich getrennt und als Gehweg –  durch Pflasterung, Plattenbelag oder auf sonstige Weise – äußerlich erkennbar ist. Die Grenze zur Fahrbahn bildet grundsätzlich die Bordsteinkante (OLG Hamm vom 08.02.1994 – 3 Ss OWi 1215/93).

 

Demgegenüber stehen die selbstständigen Parkplätze, die ihre Selbstständigkeit dadurch vermittelt erhalten, dass sie mit der Straße durch eine Zufahrt verbunden sind und damit den Charakter einer eigenen öffentlichen Wegeanlage in Form eines Platzes erhalten.

 

Eine Zufahrt ist nach der Definition, welche auf der Grundlage des § 24 Absatz 1 StrWG entwickelt wurde, eine zur Benutzung mit Fahrzeugen geeignete Verbindung zwischen Grundstücken und öffentlichen Straßen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zu ihrer Herstellung bauliche Maßnahmen nötig waren, sondern es genügt eine Benutzung als Zuwegung.

 

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt die Amtsverwaltung zu dem Ergebnis, dass auf folgenden Parkplätzen der Gemeinde steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG erzielt werden, weil sie durch eine gesonderte Zufahrt selbständige Bedeutung erlangen und daher als selbständige Parkplätze zu behandeln sind, die insoweit in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Angeboten stehen (Grenzfälle werden erläutert):

 

¾     Parkplatz am Marine-Ehrenmal (Ehrenmal I)

¾     Parkplatz an den Straßen Steiner Weg/Professor-Munzer-Ring/K30 (Ehrenmal II)

¾     Saisonaler Parkplatz am Freistrand

¾     Parkplatz Professor-Munzer-Ring/Strandstraße

¾     Parkplatz Katzbek

¾     Parkplatz am Wiesenweg (Mischfall – vergleiche unten)

¾     Parkplatz am Hafen (Mischfall – vergleiche unten)

Der Parkplatz am Wiesenweg stellt einen Mischfall dar. Während der deutlich größere Teil ohne Zweifel als selbstständiger Parkplatz zu bewerten ist, der über eine eigene Zufahrt verfügt und ganz klar gegenüber der öffentlichen Straße selbstständig ist, ist der zu diesem Parkraum gehörende kleinere Teil als unselbstständige Parkfläche in Form eines klassischen Seitenstreifens ausgebildet. Normativ wäre eine unterschiedliche steuerrechtliche Einstufung daher möglich. Sie ist jedoch nicht zielführend. Allein aus praktischen Gründen sollten diese beiden Teile nicht unterschiedlich behandelt werden. Für den unbefangenen Betrachter stellen sich die beiden Bereiche als Einheit dar, zumal für den gesamten Parkraum auch nur ein Parkscheinautomat mit einem einheitlichen Tarif für beide Teile verfügbar ist. Sofern man die beiden Bestandteile einer unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Behandlung unterwerfen würde, müssten auch die jeweils unterschiedlichen Folgen für den Vorsteuerabzug (vergleiche unten) in Kauf genommen werden. Das Umsatzsteuerrecht erfordert eine strikte Trennung von Aufwendungen und Erträgen danach, ob ein Umsatz steuerbar oder nicht steuerbar ist. Eine solche Trennung könnte nur dadurch erreicht werden, dass für die beiden Teile des Parkraumes, also für den selbstständigen Parkplatz einerseits und den unselbstständigen Seitenstreifen andererseits, getrennte Parkscheinautomaten aufgestellt werden, die je nach Gestaltung des Tarifs auch noch unterschiedliche Gebühren vorsehen. Denn anders könnte die Trennung nach den steuerbaren und den nicht steuerbaren Umsätzen nicht gelingen. Abgesehen davon, dass dies dem Verkehrsteilnehmer kaum vermittelbar sein wird, würde die Beschaffung eines neuen Parkscheinautomaten wirtschaftlich nicht angemessen sein. Aufgrund der Wirkung als geschlossene Einheit ist daher eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich vorzunehmen.

 

Der Parkplatz am Hafen stellt ebenfalls einen Mischfall dar, der jedoch noch eindeutiger als der im Buerbarg zu beurteilen ist. In diesem Bereich bestehen neben dem großen eigenständigen Platz Parkbuchten, die nur über einen Gehweg erreichbar sind, so dass sie als selbstständig zu klassifizieren sind. Daneben existiert auch ein mengenmäßig deutlich geringerer Teil, von dem die Parkbuchten direkt von der Fahrbahn angesteuert werden, so dass diese Parkbuchten unselbständig daherkommen. Das für die Straße Buerbarg Geschriebene gilt für den Parkraum am Hafen entsprechend. Auch hier ist eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich vorzunehmen.

 

Als unselbstständige Parkplätze stellen sich dagegen die folgenden dar, weil sie integraler Bestandteil der Straße sind:

 

¾     Parkplatz vor dem Meerwasserhallenbad (Teil eines mit VZ 325 angeordneten verkehrsberuhigten Bereiches ohne Eigenständigkeit)

¾     Parkplätz in der Friedrichstraße (klassische Seitenstreifenparkplätze)

¾     Parkplatz Reventloustraße (Teil eines mit VZ 325 angeordneten verkehrsberuhigten Bereiches ohne Eigenständigkeit)

¾     Parkplätze Buerbarg (Mischfall – vergleiche unten)

¾     Parkplätze in der Parkstraße einschließlich Stichstraße am Erholungszentrum (klassische Seitenstreifenparkplätze – vergleiche unten)

Der Parkraum am Buerbarg stellt ebenfalls einen Mischfall dar. Er besteht zum weit überwiegenden Teil aus einer Vielzahl an Parkbuchten, für die es direkt auf der Fahrbahn jeweils Markierungen gibt, die zu ihrer Unselbständigkeit führen.

 

Innerhalb der ebenfalls zur öffentlichen Straße rechnenden Stichstraße befinden sich ebenfalls Parkbuchten, welche über eine direkte Anbindung zur Fahrbahn verfügen. Auch bei diesen handelt es sich um unselbstständige Parkplätze.

 

Lediglich am Ende der asphaltierten Fahrbahn besteht die Möglichkeit, unterbrechungsfrei auf einen Sandplatz zu fahren, der ebenfalls zum gebührenpflichtigen Parken genutzt wird. Trotz der Unterschiede in der baulichen Ausführung wird ganz klar dafür plädiert, ihn als unselbstständigen Teil der öffentlichen Straße zu qualifizieren. Der Wechsel des Straßenbelages allein sorgt nicht dafür, dass hier von einer Trennung auszugehen ist, die das notwendige Maß an Selbstständigkeit vermittelt. Insbesondere verfügt der nicht asphaltierte Platz über keine Zufahrt im Rechtssinne, vielmehr wird die bislang asphaltierte Fahrbahn ohne Unterbrechungen und auf demselben Höhenniveau weitergeführt, ohne dass der dort befindliche Teil asphaltiert wäre.

 

Hierzu sei in Erinnerung gerufen, dass eine Zufahrt nach der Definition, welche auf der Grundlage des § 24 Absatz 1 StrWG entwickelt wurde, eine zur Benutzung mit Fahrzeugen geeignete Verbindung zwischen Grundstücken und öffentlichen Straßen ist – hier mangelt es aber schon an einer eigenen Verbindung, so dass die erforderliche bauliche Trennung nicht gegeben ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zur Herstellung der Zufahrt bauliche Maßnahmen nötig waren, sondern es genügt eine Benutzung als Zuwegung. Der als Sandplatz hergestellte Parkplatz vermittelt jedoch keine Verbindung zwischen einem Grundstück und der öffentlichen Straße. Nach der Gesamtschau der Verhältnisse kann hier konstatiert werden, dass er sich als integraler Bestandteil der öffentlichen Straße als solches darstellt. Der Wechsel der Pflasterung allein vermittelt noch keine Selbstständigkeit zur Fahrbahn. Der Parkplatz stellt auch kein eigenständiges Grundstück dar, das unabhängig von der öffentlichen Straße existieren würde. Es ist vielmehr Bestandteil derselben, so dass insbesondere in Ansehung der geringen Anzahl der dort verfügbaren Parkplätze der Parkraum in der Straße Buerbarg insgesamt als unselbstständiger Parkplatz anzusehen ist.

 

Der Parkraum in der Parkstraße besteht insgesamt aus Parkbuchten, die sich unmittelbar neben der Fahrbahn befinden und somit ganz klar unselbstständig sind. In der Stichstraße am Erholungszentrum ist es ebenfalls so, dass die Parkplätze unmittelbar von der Fahrbahn angefahren werden. Hier ist also ebenfalls eine Unselbständigkeit gegeben.

 

Zur Erhaltung der bisher erwirtschafteten Erträge aus diesen Umsätzen müsste die Gemeinde die örtliche Ordnungsbehörde des Amtes Probstei darum ersuchen, die Parkgebühren unter Berücksichtigung der ab dem 01.01.2023 geschuldeten Umsatzsteuer neu festzusetzen. Dies würde, sofern die Gemeinde kein Absinken ihrer Erträge hinnehmen wollte, zu einer Erhöhung der Parkgebühren um (mindestens) 19 % führen. Denn die Eröffnung einer Parkmöglichkeit ist als sonstige Leistung im Sinne des § 12 Absatz 1 UStG als Umsatz einzustufen, der nicht dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 % des § 12 Absatz 2 UStG unterliegt.

 

Bei der Festlegung der neuen Höhe der Parkgebühren muss zudem berücksichtigt werden, dass Parkscheinautomaten vielfach immer noch unter Einsatz von Bargeld betrieben werden. Eine sinnvolle Erhöhung muss daher berücksichtigen, dass die entsprechenden Gebühren mindestens auf 0,10 EUR aufgerundet oder abgerundet werden. Es wäre dem Verkehrsteilnehmer kaum vermittelbar, dass er im Rahmen der Entrichtung der Gebühr Cent-Münzen mit einem Wert von 0,01 EUR, 0,02 EUR oder 0,05 EUR bereithalten muss.

 

Weiterhin muss bedacht werden, dass die Parkscheinautomaten durch den Hersteller (kostenpflichtig) neu programmiert werden müssen, um die neue Gebührenstruktur abzubilden. Hierfür ist nach den Erfahrungen der letzten Monate und Jahre mindestens ein Vorlauf von 8 bis 12 Wochen einzukalkulieren.

 

Gleichwohl bietet die Umsatzsteuerpflicht für die aus dem Betrieb von Parkplätzen erwirtschafteten Umsätze auch wirtschaftliche Vorteile für die Gemeinde. Denn diese ist ab dem 01.01.2023 auf der Grundlage des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG zum Abzug der Vorsteuer berechtigt.

 

Denn als Unternehmer kann die Gemeinde von der von ihr gegenüber der Finanzbehörde geschuldeten Umsatzsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.

 

Diese Berechtigung zum Abzug der Vorsteuer, also zur Minderung der geschuldeten Umsatzsteuer, wird beim Betrieb von Parkplätzen dann praktisch, wenn Aufwendungen für diese Parkplätze entstehen. Während die Gemeinde beispielsweise bei der Anschaffung eines Parkscheinautomaten oder der Begleichung einer Rechnung für Serviceleistungen am Parkscheinautomaten (Programmierung usw.) den jeweiligen Rechnungsbetrag wirtschaftlich einschließlich der Umsatzsteuer, also den Bruttobetrag, trägt, wird sie künftig für derartige Aufwendungen effektiv nur mit dem Nettobetrag der Rechnung belastet.


Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Beurteilungen der Amtsverwaltung im Zusammenhang mit der Steuerpflicht des Betriebs von öffentlichen Parkplätzen nach Maßgabe der Verwaltungsvorlage LABOE/BV/616/2022 werden durch die Gemeinde gebilligt.

 

  1. Die Gemeindevertretung ersucht die örtliche Ordnungsbehörde des Amtes Probstei darum, die Gebühren für die Parkplätze, auf denen steuerbare Umsätze im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 UStG ausgeführt werden, möglichst mit Wirkung zum 01.01.2023 um 19 % zu erhöhen und die sich daraus ergebenden Beträge im Rahmen einer Neufassung der Parkgebührenverordnung auf 0,10 EUR [aufzurunden] [abzurunden].