Sachverhalt:
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat dem von der Landesregierung
eingebrachten Entwurf eines KiTa-Reform-Gesetzes am 12.12.2019 zugestimmt.
Gegenüber dem Gesetzentwurf in der Fassung der LT-Drucksache 19/1699 vom
10.09.2019 hat es nur geringfügige Veränderungen gegeben. Kernstück des
KiTa-Reform-Gesetzes vom 12.12.2019, das im Gesetz- und Verordnungsblatt
Schleswig-Holstein Nummer 18 am 23.12.2019 (Seite 759) verkündet wurde, ist
dessen Artikel 1. Mit diesem wird das bisherige Kindertagesstättengesetz vom
12.12.1991 (KiTaG a. F.) durch ein neues Kindertagesförderungsgesetz (KiTaG)
ersetzt, das am 01.08.2020 in Kraft treten wird (vgl. Artikel 7 Absatz 1 Satz 2
KiTa-Reform-Gesetz).
Unter der Geltung des KiTaG a. F. hatte die Gemeindevertretung Wendtorf am 11.02.2010 auf freiwilliger Basis beschlossen, Eltern,
die statt einer Kindertageseinrichtung Kindertagespflege in Anspruch nehmen,
mit 1,30 EUR pro Betreuungsstunde zu fördern.
Durch die Verabschiedung des am 01.08.2020 in Kraft tretenden KiTaG sind
die Rechtsgrundlage und auch der sachliche Ansatz für eine Fortführung einer
derartigen Förderung entfallen.
Die Förderung der Kindertagespflege wird sich ab dem 01.08.2020
vollständig unter dem Regime des neuen KiTaG vollziehen. Zu diesem Zweck trifft
Teil 6 KiTaG erstmals umfassende Regelungen.
Kindertagespflege ist nach § 43 Absatz 1 KiTaG die regelmäßige
familienalltagsähnliche Förderung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden
Kindern und höchstens zehn Kindern in der Woche durch eine individuell
zugeordnete Person in deren Haushalt, im Haushalt der Eltern oder in anderen
geeigneten Räumen.
Der örtliche Träger, also der Kreis Plön in seiner Eigenschaft als
Träger der Kinder- und Jugendhilfe, gewährt geeigneten
Kindertagespflegepersonen für die Förderung eines Kindes eine laufende
Geldleistung (§ 44 Absatz 1 Satz 1 KiTaG). Diese umfasst nach § 44 Absatz 1
Satz 2 KiTaG
1. einen leistungsgerechten Betrag zur
Anerkennung der Förderungsleistung pro vereinbarter Förderungsstunde,
2. eine Pauschale für den angemessenen
Sachaufwand pro vereinbarter Förderungsstunde,
3. die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen
für Beiträge zu einer Unfallversicherung, die hälftige Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung und die
hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung
und Pflegeversicherung.
Die Höhe des Anerkennungsbetrages nach § 44 Absatz 1 Nummer 1 KiTaG und
der Sach-aufwandpauschale nach § 44 Absatz 1 Nummer 2 KiTaG werden vom
örtlichen Träger festgelegt. Bei der Kalkulation sind insbesondere der zeitliche
Umfang der Leistung, die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder,
die Qualifikation der Kindertagespflegeperson sowie Ausfallzeiten zu
berücksichtigen. Dies ergibt sich aus § 45 Absatz 1 KiTaG.
Der Anerkennungsbetrag pro Kind und Stunde beträgt mindestens 4,73 EUR
(§ 46 Absatz 1 KiTaG). Weist die Kindertagespflegeperson nach, dass sie
vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege in
einem qualifizierten Lehrgang mit mindestens 300 Unterrichtsstunden erworben
hat oder über eine pädagogische Berufsausbildung verfügt, beträgt der
Anerkennungsbetrag mindestens 5,05 EUR (§ 46 Absatz 2 KiTaG).
Die Pauschale für den angemessenen Sachaufwand pro Kind und Stunde
beträgt mindestens
1. 1,10 EUR, wenn die Kindertagespflege im
Haushalt der Kindertagespflegeperson geleistet wird,
2. 1,33 EUR, wenn die Kindertagespflege in
anderen geeigneten Räumen geleistet wird und
3. 0,06 EUR, wenn die Kindertagespflege im
Haushalt der Eltern geleistet wird.
Die Personensorgeberechtigten haben – wie auch bei einer Betreuung in
einer KiTa – maximal Eltern- bzw. Kostenbeiträge in Höhe der Höchstbeträge des
§ 31 Absatz 1 Satz 1 KiTaG zu leisten. Diese betragen monatlich 7,21 EUR für
Kinder unter drei Jahren (U3) bzw. 5,66 EUR für Kinder über drei Jahren pro
wöchentlicher Betreuungsstunde (§ 50 KiTaG).
An der Förderung durch den örtlichen Träger ist die Gemeinde nun jedoch
– im Unterschied zur bis zum 31.07.2020 geltenden Rechtslage – zwangsweise
beteiligt. Zur weitgehenden förderrechtlichen Gleichstellung von
Kindertageseinrichtungen (KiTa) und Kindertagespflege wird letztere in die
Finanzierung nach dem sogenannten Standardqualitätskostenmodell (SQKM)
einbezogen. An der Finanzierung nach dem SQKM ist die Gemeinde nach Maßgabe des
§ 51 Absatz 1 Nummer 2 KiTaG beteiligt.
Die Gemeinde, in der das Kind zum monatlichen Stichtag seine alleinige
oder Hauptwohnung hat, zahlt an den örtlichen Träger einen monatlichen Finanzierungsbeitrag, wenn das Kind zum monatlichen
Stichtag in Kindertagespflege gefördert wird und der örtliche Träger nach den
Vorschriften der §§ 86, 86 c oder 86 d SGB VIII zuständig ist
(Finanzierungsbeitrag der Wohngemeinde).
Der Finanzierungsbeitrag beläuft sich gemäß § 51 Absatz 2 KiTaG im Jahr
2020 auf 40,52 %, im Jahr 2021 auf 40,51 % und ab dem Jahr 2022 auf 39,01 % des
Pauschalsatzes pro Kind nach § 53 Absatz 2 KiTaG. Der Pauschalsatz für die
Kindertagespflege beträgt nach § 53 Absatz 2 KiTaG 33,52 EUR pro wöchentlicher
Förderstunde.
Hieraus folgt, dass durch den Finanzierungsbeitrag der Wohngemeinde
folgende Förderung pro wöchentlicher
Förderungsstunde als monatlicher Beitrag anfallen wird, ohne dass die
Gemeinde dies in irgendeiner Art und Weise beeinflussen könnte:
Zeitraum ab |
Pauschalsatz (§ 53 Absatz 2
KiTaG) |
Finanzierungsanteil Gemeinde |
Betrag Gemeinde |
01.08.2020 |
33,52 EUR |
40,52% |
13,58 EUR |
01.01.2021 |
33,52 EUR |
40,51% |
13,58 EUR |
01.01.2022 |
33,52 EUR |
39,01% |
13,08 EUR |
Die Höhe der von der Gemeinde über das SQKM zu leistenden Förderung geht
damit deutlich über das Niveau hinaus, das die Gemeinde bislang freiwillig
erbracht hat.
Bei einer typischen Betreuungszeit für ein Kind unter drei Jahren
innerhalb der Kindertagespflege, die im Durchschnitt 6 Stunden pro Tag an fünf
Tagen in der Woche beträgt, fallen insgesamt 30 wöchentliche Förderstunden an.
Diese hat die Gemeinde – im Regelfall – mit 1,30 EUR pro Stunde gefördert. 30
wöchentliche Förderstunden entsprechen im Schnitt 130 Förderstunden pro Monat
(30 h * 52 Wochen / 12 Monate), so dass die Gemeinde bei einem typisierten
Fördersatz von 1,30 EUR pro Förderstunde einen Zuschuss in Höhe von 169,00 EUR
monatlich an die Personensorgeberechtigten erbracht hat.
Künftig wird sie über das SQKM bei ebenfalls 30 wöchentlichen
Förderstunden jedoch zwischen 407,47 EUR monatlich (beginnend ab dem
01.08.2020) und 392,28 EUR monatlich (beginnend ab dem 01.01.2022) aufbringen
müssen. Dies entspricht Steigerungen zwischen 238,47 EUR und 223,28 EUR bzw.
zwischen 141,11 % und 132,12 % innerhalb der genannten Zeiträume.
Vor diesem Hintergrund ist eine weitere freiwillige Förderung der
Kindertagespflege nicht mehr angebracht. Darüber hinaus würde eine weitere
freiwillige Förderung der Kindertagespflege zu einer ungerechtfertigten
Besserstellung gegenüber der Nutzung einer Kindertageseinrichtung führen. Um
die freiwillige Förderung zu beenden, ist eine Aufhebung des Beschlusses vom 11.02.2010 erforderlich.
Es ist damit zu rechnen, dass neben der finanziellen Belastung der
Gemeinde auch diejenige eines Teils der Eltern steigen wird. Dies ist dem
Umstand geschuldet, dass die Eltern nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 KiTaG
für ein noch nicht drei Jahre altes Kind einerseits einen Elternbeitrag von
monatlich 216,30 EUR (30 wöchentliche Betreuungsstunden * 7,21 EUR pro
wöchentlicher Betreuungsstunde) zu leisten haben, andererseits aber das
sogenannte „Krippengeld“ nach § 25 b KiTaG a. F. in Höhe von monatlich 100,00
EUR wegfallen wird. Dieses „Krippengeld“ wird bis zum 31.07.2019 für Kinder
unter drei Jahren geleistet, die in Kindertagespflege (oder einer KiTa) betreut
werden.
Bislang hatten die Eltern für ein Kind unter drei Jahren mit 30
Wochenstunden Betreuung einen Beitrag in Höhe von 402,00 EUR monatlich zu
zahlen. Im Gegenzug erhielten sie jedoch 100,00 EUR „Krippengeld“ und einen
freiwilligen Zuschuss der Gemeinde in Höhe von bis zu 169,00 EUR, so dass sich
ihre „Nettobelastung“ auf 133,00 EUR belief. Künftig werden die Eltern dagegen
einen Elternbeitrag von 216,30 EUR leisten müssen, also 83,30 EUR monatlich
mehr als bisher.
Sofern Kinder über drei Jahren in Tagespflege betreut
werden, erfahren die Eltern hingegen eine Entlastung. Bei ihnen würden – bei
ebenfalls 30 Wochenstunden Betreuung – nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 KiTaG
Elternbeiträge in Höhe von 169,80 EUR anfallen. „Krippengeld“ konnten diese
Eltern ohnehin nicht beanspruchen. Bei einem Beitrag von bislang 402,00 EUR und
einem Zuschuss der Gemeinde von 169,00 EUR belief sich ihre „Nettobelastung“
auf 233,00 EUR, so dass eine Entlastung von 63,20 EUR monatlich erfolgt.
Im Übrigen werden die Eltern durch im Vergleich zum
bisherigen Recht großzügige Ermäßigungsregelungen vor finanzieller Überforderung
geschützt. Die Ermäßigung von Elternbeiträgen für die Förderung von Kindern in
Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege richtet sich ab dem 01.08.2020
landeseinheitlich nach § 7 KiTaG. Diese Norm regelt künftig die Ansprüche gegen
den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (in der Regel der Kreis Plön)
auf Ermäßigung des Elternbeitrags für Mehrkindfamilien (einkommensunabhängige
Geschwisterkindermäßigung) und Familien mit geringem Einkommen (einkommensabhängige
Ermäßigung aus sozialen Gründen).
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kreis Plön durch die
Rechtsänderung profitieren wird, hängt in erster Linie davon ab, ob er den
Anerkennungsbetrag nach § 44 Absatz 1 Nummer 1 KiTaG und die
Sachaufwandspauschale nach § 44 Absatz 1 Nummer 2 KiTaG höher als die
Mindestbeträge festlegen wird (vgl. oben).
Beschlussvorschlag:
Die Gemeindevertretung beschließt, ihren am 11.02.2010 gefassten Beschluss, sich an der Förderung
der Kindertagespflege entsprechend der „Richtlinie des Kreises Plön zur Förderung
der Kindertagespflege“ mit bis zu 1,30 EUR pro Betreuungsstunde für Kinder mit
Wohnsitz in der Gemeinde Wendtorf zu beteiligen, für Betreuungen ab dem
01.08.2020 aufzuheben.