Sachverhalt:
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat mit
seinem Urteil vom 20.01.2015 (Az. 1 KN 7/13) die Teilfortschreibung des Regionalplanes
(REP) für den Planungsraum III (jetzt Planungsraum II) für unwirksam erklärt.
Das Gericht hat darüber hinaus inzident die Bestimmungen des Kapitels für die
Nutzung der Windenergie im Landesentwicklungsplan 2010 überprüft und für
rechtswidrig gehalten.
Daraufhin reagierte der
schleswig-holsteinische Gesetzgeber mit einer Änderung im Landesplanungsgesetz
(LaplaG).
Gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 1 LaplaG hat die
Landesplanungsbehörde unverzüglich eine neue Aufstellung der Regionalpläne zu
veranlassen. Dieser Verpflichtung ist sie mit Runderlass vom 23.02.2015
nachgekommen (Amtsblatt für Schleswig-Holstein 2015, S. 772).
In den Regionalplänen sollen zukünftig
Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG
ausgewiesen werden. Dies bedeutet, dass sich innerhalb eines Vorranggebiets die
Windenergienutzung gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungen durchsetzt.
Außerhalb dieser Gebiete ist die Windenergienutzung ausgeschlossen. Zur
Ermittlung der Vorranggebiete hat die Landesplanungsbehörde zunächst harte
Tabukriterien definiert (vgl. Nr. 2.3 des gesamträumlichen Plankonzeptes), in
denen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Windkraft ausgeschlossen ist.
Darüber hinaus hat sie weiche Tabukriterien festgelegt, bei denen nach dem
Gestaltungswillen des Plangebers nach selbst gesetzten, abstrakten, typisierten
und für den gesamten Planungsraum einheitlich anzuwendenden Kriterien die
Windenergienutzung ebenfalls ausgeschlossen sein soll (vgl. Nr. 2.4 des
gesamträumlichen Plankonzeptes). Aus den harten und weichen Tabukriterien
ergeben sich insgesamt die Tabuzonen für die Windkraft. Die nach Abzug der
Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen werden in einem Abwägungsprozess
daraufhin überprüft, ob die Windenergienutzung auf diesen Flächen andere
Nutzungen ausschließt, soweit diese mit der Windenergienutzung nicht vereinbar
sind.
Durch Verkündung im Amtsblatt vom 27.12.2016
(Amtsblatt für Schleswig-Holstein 2016, S. 1853) ist das Planungsverfahren in
Gang gesetzt worden. Das Beteiligungsverfahren begann an diesem Tag und wird am
30.06.2017 enden.
Am 06.12.2016 hat die Landesplanung in ihrem
Internetauftritt unter www.schleswig-holstein.de/windenergiebeteiligung
den Entwurf des Raumordnungsplanes veröffentlicht.
Die Öffentlichkeit sowie die in ihren
Belangen berührten öffentlichen Stellen sind nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ROG von
der Aufstellung des Raumordnungsplans zu unterrichten; ihnen ist Gelegenheit
zur Stellungnahme zum Entwurf des Raumordnungsplans und seiner Begründung zu
geben.
Die Gemeinden sind Träger öffentlicher
Belange im Sinne dieser Vorschrift. Sie haben daher Gelegenheit, zu dem Entwurf
bzw. den in Zukunft möglicherweise zu ändernden Entwürfen Stellung zu nehmen.
Um es den Gemeinden zu ermöglichen, ihre
Interessen sachgerecht vertreten zu können, sollen diese auf Vorschlag der
Planungsabteilung des Kreises Plön ihre Stellungnahmen in einem
systematisierten Verfahren erarbeiten und diese bei der Landesplanungsbehörde
einreichen.
Ein solches systematisiertes Verfahren wurde
von Guntram Blank (Architekturbüro für Stadtplanung) zusammen mit der
Amtsverwaltung entwickelt.
Um den gemeindlichen Belangen im Raumordnungsverfahren
angemessen Geltung zu verschaffen, ist die bisher geübte Praxis, nach der die
Gemeinden sich entweder für oder gegen „die Windkraft“ aussprachen oder selbst
Potenzialflächen suchten und benannten, obsolet geworden. Darüber hinaus ist zu
bedenken, dass nach der Rechtsprechung des OVG gemeindliche Erwägungen nur dann Berücksichtigung finden können, wenn
sie raumordnungsrechtlich bedeutsam sind und von der Landesplanungsbehörde
sachgerecht abgewogen wurden.
Das laufende Raumordnungsverfahren hat das
Ziel, Vorranggebiete im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG auszuweisen. Vor
diesem Hintergrund muss jede gemeindliche Stellungnahme ausschließlich
raumordnungsrechtlich relevante Argumente in den Blick nehmen.
Um dieser Anforderung gerecht werden zu
können, haben die Gemeinden Bendfeld, Höhndorf, Krummbek, Passade, Stoltenberg,
Fargau-Pratjau und Schwartbuck gemeinsam
das Architekturbüro für Stadtplanung von Guntram Blank damit beauftragt, die
infrage kommenden Potenzialflächen zu erfassen und zu untersuchen.
Der
Auftrag hatte ausdrücklich keine Planung oder eine Konzeptionierung von
Windenergieflächen zum Inhalt.
Gegenstand des Auftrages war es ausschließlich,
1.
die vom
Planentwurf als potenzielle Vorranggebiete eingestuften Flächen systematisiert zu
erfassen (Lage, Größe etc.).
2.
zu
bewerten, ob sie in Ansehung der im Planentwurf genannten harten und weichen
Tabukriterien als Vorranggebiete für die Windenergie tatsächlich in Frage
kommen. Konkret ist zu bewerten, ob jedes einzelne der harten und weichen
Tabukriterien, welche die Landesplanungsbehörde definiert, eine Ausweisung als
Vorranggebiet zulassen.
3.
für jede
betroffene Gemeinde eine schriftliche Stellungnahme gemäß den vorstehenden
Vorgaben zu erarbeiten und in elektronischer Fassung zur Verfügung zu stellen.
In der Anlage
wird die vom Planungsbüro auf der Grundlage des vorstehend beschriebenen
Auftrages entworfene Erfassung und Bewertung mit Stand vom 15.05.2017
überreicht. Gegenstand der Betrachtung sind alle Potenzialflächen im Amt
Probstei. Dabei handelt es sich um die Flächen mit den Bezeichnungen
¾
PR2_PLO_001
¾
PR2_PLO_002
¾
PR2_PLO_004
¾
PR2_PLO_006.
Aus den Ausführungen
der zusammenfassenden Betrachtung kann entnommen werden, dass die gemeindlichen
Interessen insbesondere bei der Frage der Siedlungsentwicklung und der
Umfassungswirkung bzw. Riegelbildung betroffen sein können.
Zu Siedlungsentwicklung (Nr. 2.5.2.1 des
gesamträumlichen Planungskonzeptes)
Hierunter
fallen informelle Planungen sowie laufende Bauleitplanung- und
Satzungsverfahren. Hier ist in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob es zwischen
der gemeindlichen Planung und der Regionalplanung einen Zielkonflikt gibt. In
diese Kategorie fallen auch Aussagen informeller Konzepte (beispielsweise
Stadt-Umland-Kooperationen) die in jedem Einzelfall hinsichtlich der darin
formulierten Entwicklungsziele mit dem Interesse der Ausweisung eines
Vorranggebietes abgeglichen werden müssen.
Die vorgelegte
Betrachtung untersucht insbesondere, ob und inwieweit gemeindliche Perspektiven
der Entwicklung neuer Siedlungsgebiete durch die Festlegung von Vorranggebieten
beschnitten werden könnten.
Zu Umfassungswirkung (Nr. 2.5.2.5 des
gesamträumlichen Planungskonzeptes)
Es soll
verhindert werden, dass Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windkraftanlagen
umstellt sind. Hierfür muss nach Prüfung im Einzelfall die Ausdehnung von
Vorranggebieten begrenzt werden. Als Grundlage für die Abwägung im Einzelfall
wird mithilfe von objektivierten Verfahren sowohl die Wirkung der
Potenzialflächen auf die Ortslagen ermittelt, als auch die Belastung der
Ortslagen durch Potenzialflächen und bereits bestehende Sichthindernisse durch
bestehende Windkraftanlagen in ihren verschiedenen Expositionen und
Entfernungen zu den Ortslagen. Dabei dient das Gutachten aus
Mecklenburg-Vorpommern zur „Umfassung von Ortschaften durch Windenergieanlagen“
zur methodischen Orientierung, wird jedoch auf die kleinteiligere
Siedlungsstruktur Schleswig-Holsteins angepasst. Bei der angewandten Methodik
wird in einem Umkreis von 2.250 m (entspricht der 15-fachen Anlagenhöhe der
Referenzanlage von 150 m) die Wirkung der Vorranggebiete unter Berücksichtigung
des Anlagenbestandes auf die Ortslagen untersucht. In Anlehnung an die
Rechtsprechung, welche die Umfassungswirkung jeweils im Rahmen einer
Einzelfallbetrachtung beurteilt, geht die Landesplanungsbehörde davon aus, dass
eine Umfassung von Ortslagen je 180° Betrachtungswinkel bis zu 120°
grundsätzlich möglich ist. Anhand dieser Parameter wird eine Bewertung der
Ortslagen vorgenommen, um so die jeweilige Belastung zu ermitteln. So kann im
Rahmen der Abwägung mithilfe des objektivierten Verfahrens die individuelle
Belastungssituation ermittelt und entsprechend berücksichtigt werden.
In Fällen, in
denen optische Riegel in der Landschaft entstehen würden, sollten nach
Möglichkeit größere Abstände zwischen den Vorranggebieten vorgesehen werden.
Die vorgelegte
Betrachtung untersucht sehr ausführlich, ob von den geplanten Vorranggebieten
eine Umfassungswirkung ausgehen könnte.
Zu potenziellen Beeinträchtigungsbereichen im
3 km Radius um Seeadlerhorste außerhalb des Dichtezentrums (Nr. 2.5.2.22 des
gesamträumlichen Planungskonzeptes)
Das Amt
Probstei weist im Zusammenhang mit diesem Abwägungskriterium auf folgenden
Umstand hin:
Bereits mit
Verfügung vom 04.12.2015 (Az. UFB/545-WS) hat das Landesamt für Landwirtschaft,
Umwelt und ländliche Räume in seiner Eigenschaft als Untere Forstbehörde eine
Waldfläche gesperrt, welche den Horst eines Seeadlers beherbergt und auf Seite
27 der überreichten Stellungnahme mit dargestellt wird. Die Verfügung vom
04.12.2015 ging dem Amt mit Schreiben vom 27.04.2017 erst am 03.05.2017 zu. Hintergrund
für die Sperrung ist die Tatsache, dass sich dort ein Seeadlerpaar angesiedelt
hat. Da der Seeadler mit zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten zählt, soll
mit der Sperrung des Waldgebietes eine Ruhezone um das Horstgebiet zur
ungestörten Balz, Brut und Aufzucht der Jungen erreicht werden.
Die Untere
Forstbehörde hat durch die vorstehend bezeichnete Verfügung von der ihr nach
Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 2 LWaldG zustehenden Ermächtigung Gebrauch gemacht.
Danach kann ein Wald gesperrt werden, wenn und solange Störungen die Erhaltung
bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigen
können.
Aus
juristischer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, dass einerseits der
öffentliche Wald, der im Rahmen seiner Widmung jedermann zur Erholung zur
Verfügung steht, gesperrt wird, aber andererseits durch die
Landesplanungsbehörde billigend in Kauf genommen wird, dass sich die im Entwurf
dargestellten Vorrangflächen im Beeinträchtigungsbereich von 3 km zu Seeadlern
befinden. Die auf Seite 27 der überreichten Stellungnahme befindliche Karte
zeigt mit einem blauen Dreieck das Symbol für Seeadler sowie einen
Beeinträchtigungsbereich von 3 km, der als blauer Kreis dargestellt wird. Auf
der Karte kann klar erkannt werden, dass sich verschiedene im Entwurf
dargestellte Vorranggebiete innerhalb dieses Beeinträchtigungsbereiches
befinden.
Die
Landesplanungsbehörde geht davon aus, dass im Einzelfall die Errichtung von
Windkraftanlagen im Umfeld von Horsten möglich sein kann, ohne dass eine signifikante
Erhöhung des Tötungsrisikos erfolgt. Die flächenbezogene Einzelabwägung erfolgt
im Rahmen der Regionalplanung. Dabei ist zu beachten, dass es nicht zu einer
signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos oder einer Barrierewirkung kommt.
Da mehrere Vorranggebiete
entstehen sollen, obwohl die Ansiedlung von Seeadlern belegt ist, läuft dies
dem mit der Sperrung der Waldfläche verfolgten Zweck diametral entgegen. Dies
stellt einen nicht aufzulösenden Wertungswiderspruch dar. Der vorliegende
Entwurf der Stellungnahme sollte vor diesem Hintergrund noch ergänzt werden.
Die in der
Anlage beigefügte zusammenfassende Betrachtung ist so konzipiert, dass sie von
jeder beteiligten Gemeinde als gemeindliche Stellungnahme verwendet werden
kann, die, sofern der Wunsch oder das Bedürfnis dazu bestehen sollte, noch um
weitere Aspekte erweitert werden kann.
Anlagenverzeichnis:
¾ Zusammenfassende Betrachtung für die Gemeinden Bendfeld, Krummbek, Passade Stoltenberg, Fargau-Pratjau, Schwartbuck und Höhndorf (Stand 15.05.2017)
¾ Kartenausschnitt (Abstände verzeichnet)
Beschlussvorschlag:
- Die Gemeinde nimmt als Trägerin öffentlicher Belange im Rahmen des Verfahrens zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes zur Windenergienutzung und zur Aufstellung der Teilregionalpläne Wind für den Planungsraum II gemäß der „Zusammenfassenden Betrachtung für die Gemeinden Bendfeld, Krummbek, Passade Stoltenberg, Fargau-Pratjau, Schwartbuck und Höhndorf“ von Guntram Blank, Architekturbüro für Stadtplanung, mit der Maßgabe Stellung, dass Ergänzungen zu den potenziellen Beeinträchtigungsbereichen im 3 km Radius um Seeadlerhorste außerhalb des Dichtezentrums (Nr. 2.5.2.22 des gesamträumlichen Planungskonzeptes) im Sinne dieser Verwaltungsvorlage vorgenommen werden und trägt zusätzlich wie folgt vor:
„…“
- Die Amtsverwaltung wird gebeten, der Landesplanungsbehörde die raumordnungsrechtliche Stellungnahme zur Kenntnis zu geben.