Betreff
Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes zur Windenergienutzung und zur Aufstellung der Teilregionalpläne Wind für den Planungsraum II (Stellungnahme der Gemeinde)
Vorlage
BENDF/BV/009/2017
Aktenzeichen
III / LaplaG
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat mit seinem Urteil vom 20.01.2015 (Az. 1 KN 7/13) die Teilfortschreibung des Regionalplanes (REP) für den Planungsraum III (jetzt Planungsraum II) für unwirksam erklärt. Das Gericht hat darüber hinaus inzident die Bestimmungen des Kapitels für die Nutzung der Windenergie im Landesentwicklungsplan 2010 überprüft und für rechtswidrig gehalten.

 

Daraufhin reagierte der schleswig-holsteinische Gesetzgeber mit einer Änderung im Landesplanungsgesetz (LaplaG).

 

Gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 1 LaplaG hat die Landesplanungsbehörde unverzüglich eine neue Aufstellung der Regionalpläne zu veranlassen. Dieser Verpflichtung ist sie mit Runderlass vom 23.02.2015 nachgekommen (Amtsblatt für Schleswig-Holstein 2015, S. 772).

 

In den Regionalplänen sollen zukünftig Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG ausgewiesen werden. Dies bedeutet, dass sich innerhalb eines Vorranggebiets die Windenergienutzung gegenüber anderen konkurrierenden Nutzungen durchsetzt. Außerhalb dieser Gebiete ist die Windenergienutzung ausgeschlossen. Zur Ermittlung der Vorranggebiete hat die Landesplanungsbehörde zunächst harte Tabukriterien definiert (vgl. Nr. 2.3 des gesamträumlichen Plankonzeptes), in denen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen Windkraft ausgeschlossen ist. Darüber hinaus hat sie weiche Tabukriterien festgelegt, bei denen nach dem Gestaltungswillen des Plangebers nach selbst gesetzten, abstrakten, typisierten und für den gesamten Planungsraum einheitlich anzuwendenden Kriterien die Windenergienutzung ebenfalls ausgeschlossen sein soll (vgl. Nr. 2.4 des gesamträumlichen Plankonzeptes). Aus den harten und weichen Tabukriterien ergeben sich insgesamt die Tabuzonen für die Windkraft. Die nach Abzug der Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen werden in einem Abwägungsprozess daraufhin überprüft, ob die Windenergienutzung auf diesen Flächen andere Nutzungen ausschließt, soweit diese mit der Windenergienutzung nicht vereinbar sind.

 

Durch Verkündung im Amtsblatt vom 27.12.2016 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein 2016, S. 1853) ist das Planungsverfahren in Gang gesetzt worden. Das Beteiligungsverfahren begann an diesem Tag und wird am 30.06.2017 enden.

 

Am 06.12.2016 hat die Landesplanung in ihrem Internetauftritt unter www.schleswig-holstein.de/windenergiebeteiligung den Entwurf des Raumordnungsplanes veröffentlicht.

 

Die Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen sind nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ROG von der Aufstellung des Raumordnungsplans zu unterrichten; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf des Raumordnungsplans und seiner Begründung zu geben.

 

Die Gemeinden sind Träger öffentlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift. Sie haben daher Gelegenheit, zu dem Entwurf bzw. den in Zukunft möglicherweise zu ändernden Entwürfen Stellung zu nehmen.

 

Um es den Gemeinden zu ermöglichen, ihre Interessen sachgerecht vertreten zu können, sollen diese auf Vorschlag der Planungsabteilung des Kreises Plön ihre Stellungnahmen in einem systematisierten Verfahren erarbeiten und diese bei der Landesplanungsbehörde einreichen.

 

Ein solches systematisiertes Verfahren wurde von Guntram Blank (Architekturbüro für Stadtplanung) zusammen mit der Amtsverwaltung entwickelt.

 

Um den gemeindlichen Belangen im Raumordnungsverfahren angemessen Geltung zu verschaffen, ist die bisher geübte Praxis, nach der die Gemeinden sich entweder für oder gegen „die Windkraft“ aussprachen oder selbst Potenzialflächen suchten und benannten, obsolet geworden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass nach der Rechtsprechung des OVG gemeindliche Erwägungen nur dann Berücksichtigung finden können, wenn sie raumordnungsrechtlich bedeutsam sind und von der Landesplanungsbehörde sachgerecht abgewogen wurden.

 

Das laufende Raumordnungsverfahren hat das Ziel, Vorranggebiete im Sinne des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG auszuweisen. Vor diesem Hintergrund muss jede gemeindliche Stellungnahme ausschließlich raumordnungsrechtlich relevante Argumente in den Blick nehmen.

 

Um dieser Anforderung gerecht werden zu können, haben die Gemeinden Bendfeld, Höhndorf, Krummbek, Passade, Stoltenberg, Fargau-Pratjau und Schwartbuck gemeinsam das Architekturbüro für Stadtplanung von Guntram Blank damit beauftragt, die infrage kommenden Potenzialflächen zu erfassen und zu untersuchen.

 

Der Auftrag hatte ausdrücklich keine Planung oder eine Konzeptionierung von Windenergieflächen zum Inhalt. Gegenstand des Auftrages war es ausschließlich,

 

1.    die vom Planentwurf als potenzielle Vorranggebiete eingestuften Flächen systematisiert zu erfassen (Lage, Größe etc.).

 

2.    zu bewerten, ob sie in Ansehung der im Planentwurf genannten harten und weichen Tabukriterien als Vorranggebiete für die Windenergie tatsächlich in Frage kommen. Konkret ist zu bewerten, ob jedes einzelne der harten und weichen Tabukriterien, welche die Landesplanungsbehörde definiert, eine Ausweisung als Vorranggebiet zulassen.

 

3.    für jede betroffene Gemeinde eine schriftliche Stellungnahme gemäß den vorstehenden Vorgaben zu erarbeiten und in elektronischer Fassung zur Verfügung zu stellen.

 

In der Anlage wird die vom Planungsbüro auf der Grundlage des vorstehend beschriebenen Auftrages entworfene Erfassung und Bewertung mit Stand vom 15.05.2017 überreicht. Gegenstand der Betrachtung sind alle Potenzialflächen im Amt Probstei. Dabei handelt es sich um die Flächen mit den Bezeichnungen

 

¾                                                                                                     PR2_PLO_001

 

¾                                                                                                     PR2_PLO_002

 

¾                                                                                                     PR2_PLO_004

 

¾                                                                                                     PR2_PLO_006.

 

Aus den Ausführungen der zusammenfassenden Betrachtung kann entnommen werden, dass die gemeindlichen Interessen insbesondere bei der Frage der Siedlungsentwicklung und der Umfassungswirkung bzw. Riegelbildung betroffen sein können.

 

Zu Siedlungsentwicklung (Nr. 2.5.2.1 des gesamträumlichen Planungskonzeptes)

 

Hierunter fallen informelle Planungen sowie laufende Bauleitplanung- und Satzungsverfahren. Hier ist in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob es zwischen der gemeindlichen Planung und der Regionalplanung einen Zielkonflikt gibt. In diese Kategorie fallen auch Aussagen informeller Konzepte (beispielsweise Stadt-Umland-Kooperationen) die in jedem Einzelfall hinsichtlich der darin formulierten Entwicklungsziele mit dem Interesse der Ausweisung eines Vorranggebietes abgeglichen werden müssen.

 

Die vorgelegte Betrachtung untersucht insbesondere, ob und inwieweit gemeindliche Perspektiven der Entwicklung neuer Siedlungsgebiete durch die Festlegung von Vorranggebieten beschnitten werden könnten.

 

Zu Umfassungswirkung (Nr. 2.5.2.5 des gesamträumlichen Planungskonzeptes)

 

Es soll verhindert werden, dass Ortslagen in unzumutbarer Weise von Windkraftanlagen umstellt sind. Hierfür muss nach Prüfung im Einzelfall die Ausdehnung von Vorranggebieten begrenzt werden. Als Grundlage für die Abwägung im Einzelfall wird mithilfe von objektivierten Verfahren sowohl die Wirkung der Potenzialflächen auf die Ortslagen ermittelt, als auch die Belastung der Ortslagen durch Potenzialflächen und bereits bestehende Sichthindernisse durch bestehende Windkraftanlagen in ihren verschiedenen Expositionen und Entfernungen zu den Ortslagen. Dabei dient das Gutachten aus Mecklenburg-Vorpommern zur „Umfassung von Ortschaften durch Windenergieanlagen“ zur methodischen Orientierung, wird jedoch auf die kleinteiligere Siedlungsstruktur Schleswig-Holsteins angepasst. Bei der angewandten Methodik wird in einem Umkreis von 2.250 m (entspricht der 15-fachen Anlagenhöhe der Referenzanlage von 150 m) die Wirkung der Vorranggebiete unter Berücksichtigung des Anlagenbestandes auf die Ortslagen untersucht. In Anlehnung an die Rechtsprechung, welche die Umfassungswirkung jeweils im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung beurteilt, geht die Landesplanungsbehörde davon aus, dass eine Umfassung von Ortslagen je 180° Betrachtungswinkel bis zu 120° grundsätzlich möglich ist. Anhand dieser Parameter wird eine Bewertung der Ortslagen vorgenommen, um so die jeweilige Belastung zu ermitteln. So kann im Rahmen der Abwägung mithilfe des objektivierten Verfahrens die individuelle Belastungssituation ermittelt und entsprechend berücksichtigt werden.

 

In Fällen, in denen optische Riegel in der Landschaft entstehen würden, sollten nach Möglichkeit größere Abstände zwischen den Vorranggebieten vorgesehen werden.

 

Die vorgelegte Betrachtung untersucht sehr ausführlich, ob von den geplanten Vorranggebieten eine Umfassungswirkung ausgehen könnte.

 

Zu potenziellen Beeinträchtigungsbereichen im 3 km Radius um Seeadlerhorste außerhalb des Dichtezentrums (Nr. 2.5.2.22 des gesamträumlichen Planungskonzeptes)

 

Das Amt Probstei weist im Zusammenhang mit diesem Abwägungskriterium auf folgenden Umstand hin:

 

Bereits mit Verfügung vom 04.12.2015 (Az. UFB/545-WS) hat das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in seiner Eigenschaft als Untere Forstbehörde eine Waldfläche gesperrt, welche den Horst eines Seeadlers beherbergt und auf Seite 27 der überreichten Stellungnahme mit dargestellt wird. Die Verfügung vom 04.12.2015 ging dem Amt mit Schreiben vom 27.04.2017 erst am 03.05.2017 zu. Hintergrund für die Sperrung ist die Tatsache, dass sich dort ein Seeadlerpaar angesiedelt hat. Da der Seeadler mit zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten zählt, soll mit der Sperrung des Waldgebietes eine Ruhezone um das Horstgebiet zur ungestörten Balz, Brut und Aufzucht der Jungen erreicht werden.

 

Die Untere Forstbehörde hat durch die vorstehend bezeichnete Verfügung von der ihr nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 2 LWaldG zustehenden Ermächtigung Gebrauch gemacht. Danach kann ein Wald gesperrt werden, wenn und solange Störungen die Erhaltung bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigen können.

 

Aus juristischer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, dass einerseits der öffentliche Wald, der im Rahmen seiner Widmung jedermann zur Erholung zur Verfügung steht, gesperrt wird, aber andererseits durch die Landesplanungsbehörde billigend in Kauf genommen wird, dass sich die im Entwurf dargestellten Vorrangflächen im Beeinträchtigungsbereich von 3 km zu Seeadlern befinden. Die auf Seite 27 der überreichten Stellungnahme befindliche Karte zeigt mit einem blauen Dreieck das Symbol für Seeadler sowie einen Beeinträchtigungsbereich von 3 km, der als blauer Kreis dargestellt wird. Auf der Karte kann klar erkannt werden, dass sich verschiedene im Entwurf dargestellte Vorranggebiete innerhalb dieses Beeinträchtigungsbereiches befinden.

 

Die Landesplanungsbehörde geht davon aus, dass im Einzelfall die Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld von Horsten möglich sein kann, ohne dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos erfolgt. Die flächenbezogene Einzelabwägung erfolgt im Rahmen der Regionalplanung. Dabei ist zu beachten, dass es nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos oder einer Barrierewirkung kommt.

 

Da mehrere Vorranggebiete entstehen sollen, obwohl die Ansiedlung von Seeadlern belegt ist, läuft dies dem mit der Sperrung der Waldfläche verfolgten Zweck diametral entgegen. Dies stellt einen nicht aufzulösenden Wertungswiderspruch dar. Der vorliegende Entwurf der Stellungnahme sollte vor diesem Hintergrund noch ergänzt werden.

 

Die in der Anlage beigefügte zusammenfassende Betrachtung ist so konzipiert, dass sie von jeder beteiligten Gemeinde als gemeindliche Stellungnahme verwendet werden kann, die, sofern der Wunsch oder das Bedürfnis dazu bestehen sollte, noch um weitere Aspekte erweitert werden kann.


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Zusammenfassende Betrachtung für die Gemeinden Bendfeld, Krummbek, Passade Stoltenberg, Fargau-Pratjau, Schwartbuck und Höhndorf (Stand 15.05.2017)

 

¾     Kartenausschnitt (Abstände verzeichnet)


Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Gemeinde nimmt als Trägerin öffentlicher Belange im Rahmen des Verfahrens zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes zur Windenergienutzung und zur Aufstellung der Teilregionalpläne Wind für den Planungsraum II gemäß der „Zusammenfassenden Betrachtung für die Gemeinden Bendfeld, Krummbek, Passade Stoltenberg, Fargau-Pratjau, Schwartbuck und Höhndorf“ von Guntram Blank, Architekturbüro für Stadtplanung, mit der Maßgabe Stellung, dass Ergänzungen zu den potenziellen Beeinträchtigungsbereichen im 3 km Radius um Seeadlerhorste außerhalb des Dichtezentrums (Nr. 2.5.2.22 des gesamträumlichen Planungskonzeptes) im Sinne dieser Verwaltungsvorlage vorgenommen werden und trägt zusätzlich wie folgt vor:

 

„…“

 

  1. Die Amtsverwaltung wird gebeten, der Landesplanungsbehörde die raumordnungsrechtliche Stellungnahme zur Kenntnis zu geben.