Betreff
Lärmminderungsplan nach dem Sechsten Teil des Bundesimmisionsschutzgesetzes (Entwurfs- und Offenlegungsbeschluss)
Vorlage
BARSB/BV/083/2023
Aktenzeichen
III / BimSchG
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen

 

Durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24.06.2005 (Bundesgesetzblatt I, Seite 1794, Jahrgang 2005) wurde der Sechste Teil „Lärmminderungsplanung“ in das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BlmSchG) aufgenommen. Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.06.2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 189/12 vom 18.07.2002).

 

Auf der Grundlage der sich daraus ergebenden rechtlichen Verpflichtungen hatte auch die Gemeinde Barsbek nach Beschluss durch die Gemeindevertretung am 08.06.2015 einen Lärmaktionsplan aufgestellt.

 

Die Lärmaktionspläne werden gemäß § 47 d Absatz 5 BImSchG bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation, ansonsten jedoch alle fünf Jahre nach dem Zeitpunkt ihrer Aufstellung überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet.

 

Nach § 47 a BImSchG gilt der Sechste Teil für den Umgebungslärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten ausgesetzt sind. Er gilt nicht für Lärm, der von der davon betroffenen Person selbst oder durch Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen verursacht wird, für Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Lärm, der auf militärische Tätigkeiten in militärischen Gebieten zurückzuführen ist.

 

Die Regelungen in den §§ 47 a bis 47 f BImSchG stellen die Vorrausetzungen für das Erstellen von Lärmkarten und die Aufstellung von Lärmaktionsplänen dar. Diese Vorschriften dienen der Verminderung der Lärmauswirkungen in der Bundesrepublik Deutschland. Ergänzt werden die Vorschriften durch die 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung) und die 34. BImSchV (Verordnung über die Lärmkartierung).

 

Nach § 47 e Absatz 1 BImSchG obliegt der Vollzug der vorstehend genannten Vorschriften grundsätzlich den Gemeinden als „zuständigen Behörden“.

 

Um diesen Vollzug zu ermöglichen, wurden durch das Landesamt für Umwelt des Landes Schleswig-Holstein (LfU) auf der Grundlage des § 47 c Absatz 1 Satz 2 BImSchG zunächst einmal die sogenannten Lärmkarten erstellt (vergleiche Nummer 2).

 

  1. Ergebnisse der Lärmkartierung

 

Die Lärmkartierungen sowie weitergehende Informationen (beispielsweise die geschätzte Zahl der belasteten Menschen und eine Analyse gesundheitlicher Auswirkungen und Belästigungen) für die Gemeinde können der Anlage oder online unter der Web-Adresse

 

https://danord.gdi-sh.de/viewer/resources/apps/umgebungslaerm/index.html?lang=de#/

 

abgerufen werden. Die Lärmkarte kann online komfortabel betrachtet werden, indem die betreffende Gemeinde in der initialen Ansicht im linken oberen Suchfenster eingetragen und ausgewählt wird. Darüber hinaus steht im rechten unteren Bereich eine Schaltfläche „Werkzeuge“ zur Verfügung, mit dessen Hilfe die weitergehenden Informationen abgerufen werden können.

 

  1. Erforderlichkeit der Aufstellung von Lärmaktionsplänen bzw. deren Überprüfung

 

In einem ersten Schritt wurden durch das LfU auf der Grundlage des § 47 c Absatz 1 Satz 2 BImSchG die sogenannten Lärmkarten erstellt. Diese zeigen durch Farbunterschiede, welche Gebiete der Region rechnerisch (vergleiche § 5 der 34. BImSchV) von Lärmimmissionen betroffen sind und in welchem Ausmaß dies der Fall ist.

 

In den Karten wird der berechnete Umgebungslärm dargestellt, der für sämtliche Ballungsräume sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken durch das LfU festgestellt wurde.

 

Unter Umgebungslärm sind nach der Legaldefinition des § 47 b Nummer 1 BImSchG belästigende oder gesundheitsschädliche Geräusche im Freien, die durch Aktivitäten von Menschen verursacht werden, einschließlich des Lärms, der von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Flugverkehr sowie Geländen für industrielle Tätigkeiten ausgeht, zu verstehen.

 

Die vom LfU erstellten Lärmkarten zeigen für die Gemeinden

 

¾     Barsbek

 

¾     Lutterbek

 

¾     Probsteierhagen und

 

¾     Wisch

 

rechnerisch ermittelten Umgebungslärm, der grundsätzlich zur Aufstellung bzw. Überprüfung eines Lärmaktionsplanes verpflichtet.

 

Die Gemeinden („zuständige Behörden“ im Sinne des § 47 e Absatz 1 BImSchG) haben gemäß § 47 d Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 5 BImSchG bis voraussichtlich zum 18.07.2024 Lärmaktionspläne aufzustellen, mit denen Lärmprobleme und Lärmauswirkungen für Ballungsräume sowie für Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken geregelt werden.

 

Ausgangspunkt für den in den Lärmkarten verzeichneten Umgebungslärm ist jeweils eine Hauptverkehrsstraße.

 

Eine Hauptverkehrsstraße ist nach § 47 b Nummer 3 BImSchG eine Bundesfernstraße, Landesstraße oder auch sonstige grenzüberschreitende Straße, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr. Dies entspricht einem Verkehrsaufkommen von rund 343 Kraftfahrzeugen pro Stunde.

 

Nach den Feststellungen des LfU handelt es sich hier konkret um die Bundesstraße 502, die als Bundesfernstraße im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 FStrG durch das Gebiet der von der Lärmkartierung betroffenen Gemeinden verläuft.

 

Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Lärmaktionsplanes ergibt sich nach Maßgabe des § 47 d Absatz 1 Satz 2 BImSchG unter anderem dann, wenn mögliche Lärmprobleme und Lärmauswirkungen festgestellt werden können, die durch Umgebungslärm einer Hauptverkehrsstraße verursacht werden.

 

  1. Allgemeine Ziele und Zweck der Planung

 

Lärmaktionspläne sind zur Regelung von „Lärmproblemen und Lärmauswirkungen“ aufzustellen. Gemeint sind damit belästigende oder gesundheitsschädliche Geräusche im Freien, die nach Maßgabe des § 47 b Satz 1 Nummer 1 BImSchG als Umgebungslärm bezeichnet werden.

 

Ziel der Lärmaktionspläne ist es daher, schädlichen Auswirkungen durch Umgebungslärm vorzubeugen. Dies schließt ein, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen.

 

Die Lärmaktionsplanung ist eine integrierte Planung. In einer wechselseitigen Verzahnung mit der Bauleitplanung, der Verkehrsentwicklungsplanung und anderen gemeindlichen Planungen wie der Stadtentwicklungsplanung soll die Lärmaktionsplanung die Lärmvermeidung und Lärmminderung koordinieren und stärken. Auch überörtliche Planungen bis hin zur Raumordnungsplanung und Landschaftsplanung auf Landesebene sollen zur Nutzung von Synergieeffekten und zur Vermeidung von Zielkonflikten einbezogen werden.

 

  1. Ablauf des Verfahrens zur Aufstellung eines Lärmaktionsplans

 

Das Verfahren zur Aufstellung eines Lärmaktionsplans ist nicht gesetzlich geregelt. Um den Anforderungen des § 47 d Absatz 3 BImSchG zu genügen, wird es jedoch zweckmäßigerweise in verschiedene Phasen unterteilt und lässt sich in Anlehnung an Verfahren, mit denen Bauleitpläne entwickelt werden, schematisch wie folgt zusammenfassen:

 

Phase 1 – frühzeitige Mitwirkung der Öffentlichkeit und Beteiligung anderer Behörden sowie der sonstigen Träger öffentlicher Belange (analog zu § 3 Absatz 1 BauGB und § 4 Absatz 1 BauGB)

 

Dieser Verfahrensschritt wurde bereits abgeschlossen.

 

¾     Veröffentlichung einer kurzen und prägnanten Aufforderung zur Mitwirkung der Öffentlichkeit an der Lärmaktionsplanung in der Zeitung „Probsteier Herold“ (Anstoßwirkung)

 

¾     Innerhalb dieser Aufforderung zur Mitwirkung wurde auf den Inhalt der Website des Amtes Probstei verwiesen, auf welcher die weitergehenden Informationen bereitgehalten werden

 

¾     Die Ausübung der Beteiligungsrechte erfolgte im elektronischen Verfahren per E-Mail

 

¾     Frühzeitige Beteiligung anderer Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, deren Planungen und Entscheidungen Auswirkungen auf die identifizierten Lärmemissionen haben können (insbesondere der Landesbetrieb Verkehr und Straßenbau sowie die Straßenverkehrsbehörde), per Serien-E-Mail

 

Erstellung eines Entwurfes, Offenlegung des Entwurfs

 

Dies ist der aktuelle Verfahrensschritt

 

¾     Fertigung eines Entwurfes für einen Lärmaktionsplan unter Einbeziehung der Mitwirkung der Öffentlichkeit und der Beteiligung anderer Behörden auf der Basis des Musters, welches vom Landesamt für Umwelt zur Verfügung gestellt wurde.

 

¾     Erstellung einer Abwägungsmatrix, um darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang gemachte Vorschläge in den Entwurf einfließen sollen

 

¾     Beschluss des gemeindlichen Organs (Gemeindevertretung oder zuständiger Ausschuss) über die Bestimmung zur Offenlegung des Entwurfes

 

Phase 2 – öffentliche Auslegung des Entwurfs und Einholung von Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (analog zu § 3 Absatz 2 BauGB und § 4 Absatz 2 BauGB)

 

¾     Ortsübliche Bekanntmachung über die Online-Auslegung des Entwurfs

 

¾     Formelle Beteiligung der Träger öffentlicher Belange

 

¾     Erneute Gelegenheit zur Mitwirkung durch die Öffentlichkeit und Einbringung von Stellungnahmen durch die Träger öffentlicher Belange

 

¾     Auswertung der Ergebnisse der Mitwirkung und Stellungnahmen und Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung im Rahmen einer Abwägung

 

Beschlussfassung über den Lärmaktionsplan

 

¾     Fertigung des gegebenenfalls noch anzupassenden finalen Entwurfes unter Berücksichtigung der Abwägung

 

¾     Beschlussfassung des gemeindlichen Organs (Gemeindevertretung)

 

  1. Vorschläge zur Lärmminderung

 

Mittlerweile konnte die Phase 1 im Wesentlichen durchgeführt werden.

 

Die interessierte Öffentlichkeit war dazu aufgerufen, konkrete Vorschläge zu unterbreiten, die zu einer Verminderung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen führen können, die durch das LfU im Rahmen der Kartierung identifiziert wurden und ihre Ursache in der Bundesstraße B 502 haben, welche die betroffenen Gemeinden durchquert.

 

Wer sich mit Vorschlägen in das Mitwirkungs- und Beteiligungsverfahren einbringen wollte, um die schädlichen Auswirkungen durch Umgebungslärm zu vermeiden oder zu verringern, erhielt die dafür notwendigen Informationen auf der Website des Amtes Probstei.

 

Behörden bzw. sonstige Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Lärmaktionsplanung berührt werden kann, waren ebenso dazu aufgerufen, konkrete Vorschläge zu unterbreiten, die zu einer Verminderung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen führen können, die durch das LfU im Rahmen der Kartierung identifiziert wurden.

 

  1. Zeitraum der Beteiligung

 

Die Öffentlichkeit sowie die Behörden bzw. sonstige Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Lärmaktionsplanung berührt werden kann, hatten die Möglichkeit, im Zeitraum

 

vom 01.11.2023 bis zum 30.11.2023

 

konkrete Vorschläge zu unterbreiten, die zu einer Verminderung oder Vermeidung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen führen können.

 

  1. Allgemeine Einschätzung zu den Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden

 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden durch die Amtsverwaltung für die betroffenen Gemeinden keine Möglichkeiten gesehen, durch eigene Maßnahmen signifikant zu einer Lärmminderung beitragen zu können, so dass solche aktuell nicht bzw. nur in einem sehr geringen Umfang vorgesehen sind. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der identifizierte und vom LfU kartierte Umgebungslärm von einer Bundesfernstraße, konkret der B 502, ausgeht, stehen der jeweiligen Gemeinde nach einer vorläufigen Bewertung keine eigenen Mittel zur Verfügung, um selbst zu einer Reduzierung des von der B 502 verursachten Umgebungslärms beitragen zu können. Daher ist davon auszugehen, dass der Lärmaktionsplan die bestehende Situation lediglich wird beschreiben und nur kleinere Maßnahmen vorgesehen werden können.

 

Denn zur Durchsetzung von Maßnahmen, die der Lärmaktionsplan vorsieht, verweist § 47 d Absatz 6 BImSchG auf § 47 Absatz 6 BImSchG. Die Maßnahmen des Lärmaktionsplanes „sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen.“.

 

Soweit planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen sind, „haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.“.

 

§ 47 d Absatz 6 BImSchG enthält also keine selbstständige Rechtsgrundlage zur Anordnung bestimmter Maßnahmen, sondern verweist auf spezialgesetzliche Eingriffsgrundlagen (beispielsweise §§ 17 und 24 BImSchG, § 45 Absatz 1 Nummer 3 StVO, § 75 Absatz 2 Satz 3 VwVfG bzw. § 142 Absatz 2 Satz 3 LVwG).

 

Maßnahmen können daher nur umgesetzt werden, wenn sie nach Fachrecht zulässig sind und rechtsfehlerfrei in einen Lärmaktionsplan aufgenommen wurden. Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, wird das in diesen Vorschriften eingeräumte Ermessen allerdings durch § 47 d Absatz 6 BImSchG in Verbindung mit dem Maßnahmenteil des einschlägigen Lärmaktionsplans eingeschränkt.

 

Grundsätzlich hat die den Lärmaktionsplan aufstellende Behörde daher den Konsens mit den Fachbehörden herzustellen, wenn verbindlich umzusetzende Maßnahmen in den Aktionsplan aufgenommen werden sollen. Die verfahrensrechtliche Zuständigkeit der Gemeinden für die Erstellung eines Lärmaktionsplans verdrängt also nicht die Entscheidungskompetenzen der Fachbehörden für die Recht- und Zweckmäßigkeit der von den Fachbehörden zu vollziehenden Normen. Nur wenn für die Aufnahme von konkreten Maßnahmen das Einvernehmen mit der Fachbehörde erreicht wurde, entfaltet der Lärmaktionsplan dort seine Bindungswirkung.

 

Im Klartext bedeutet dies, dass insbesondere für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen (beispielsweise die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung oder einer Durchfahrtsbeschränkung) sowie für straßenrechtliche Maßnahmen (beispielsweise die Verwendung einer anderen Art des Asphalts oder die Herstellung von Lärmschutzwällen) immer die Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde bzw. der Straßenbaubehörde erforderlich ist, um eine derartige Maßnahme mit Bindungswirkung für diese in den Lärmaktionsplan aufnehmen zu können.

 

  1. Auswertung der Beteiligung aus der Phase 1

 

Die Anregungen und Vorschläge der Öffentlichkeit einerseits sowie der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange wurden tabellarisch erfasst. Auf die beigefügte Anlage wird insoweit verwiesen. Zur Straffung und zur Vereinheitlichung der Verfahren, welche für die Gemeinden Barsbek, Lutterbek, Probsteierhagen und Wisch gleichermaßen durchzuführen sind, wurden die Anregungen und Vorschläge der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange gemeindeübergreifend mit fortlaufenden Nummern versehen. Daher ist es möglich, dass innerhalb der Tabelle für die Abwägung die Nummern der Anregungen und Vorschläge Lücken aufweisen. Dies ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass die jeweils fehlende Nummer für den Lärmaktionsplan einer anderen Gemeinde bestimmt ist.

 

  1. Abwägung der Anregungen im Rahmen der Phase 1

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der sich aus der Nummer 8 ergebenden Beschränkungen wurde für jede einzelne Anregung ein Vorschlag für deren Abwägung formuliert. Dies ist erforderlich, um entscheiden zu können, ob diese Berücksichtigung im Entwurf des Lärmaktionsplans finden soll, der anschließend zur Offenlegung zu bestimmen ist. Hierbei war insbesondere zu bewerten, ob die Vorschläge rechtlich und vor allem tatsächlich geeignet sind, um signifikant zu einer Minderung von Umgebungslärm beizutragen, der innerhalb der Lärmkarten nachgewiesen wurde und seine Ursache in der B 502 hat.

 

Das Ergebnis der jeweiligen Abwägung findet sich in der als Anlage beigefügten Synopse wieder. Hierbei handelt es sich selbstverständlich um Vorschläge, welche die Gemeinde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens auch anders bewerten kann. Die Abwägung wurde insbesondere danach vorgenommen, ob sich der Vorschlag im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit bewegt (vergleiche hierzu die Ausführungen unter der Nummer 8). Sofern eine rechtliche Zulässigkeit bejaht werden konnte, wurden die Maßstäbe für die Abwägung angewendet, die unter der Nummer 11 benannt sind.

 

Zum Schutz der Identität von Privatpersonen, die Anregungen und Vorschläge vorgetragen haben, werden deren Namen in der Synopse nicht genannt.

 

  1. Maßstäbe für die Abwägung

 

Ziel des Lärmaktionsplanes sollte es sein, die Gesamtlärmbelastung zu verringern. Die Festlegung von Maßnahmen sowie die Entscheidung über deren Reihenfolge, Ausmaß und zeitlicher Ablauf liegen im Ermessen der Gemeinde. Dabei können folgende Parameter die Entscheidung mitbestimmen:

 

a)    Ausmaß der Pegelüberschreitung

 

b)    Schutzbedürftigkeit und Anzahl der betroffenen Personen

 

c)    Gesamtlärmbelastung

 

d)    technischer, zeitlicher und finanzieller Aufwand

 

  1. Betroffenheit bzw. fehlende Betroffenheit

 

Wie vorstehend dargestellt wurde, ergibt sich eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Lärmaktionsplanes nach Maßgabe des § 47 d Absatz 1 Satz 2 BImSchG unter anderem dann, wenn mögliche Lärmprobleme und Lärmauswirkungen festgestellt werden können, die durch Umgebungslärm einer Hauptverkehrsstraße verursacht werden, ohne jedoch den Regelungsbereich des Lärmaktionsplans auf Umgebungslärm der Hauptverkehrsstraße zu beschränken.

 

In den vorangegangenen Verfahren vertrat die Amtsverwaltung den Standpunkt, dass auf der Grundlage des Zwecks des Gesetzes zu ermitteln ist, ob eine derartige Feststellung überhaupt getroffen werden kann. Hierzu war es nach Ansicht der Amtsverwaltung erforderlich, dass auch tatsächlich eine beachtliche Anzahl von Menschen vom Umgebungslärm betroffen ist, der überdies durch eine Hauptverkehrsstraße verursacht sein musste.

 

Dem ist der Europäische Gerichtshof mit einer Entscheidung zum Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat Portugal vom 31.03.2022 (Rechtssache C-687/20, Europäische Kommission / Portugal) entgegengetreten. Nach dieser Entscheidung sind für alle Bereiche Lärmaktionspläne aufzustellen, die von der verpflichtenden Lärmkartierung erfasst sind, unabhängig davon, wie hoch die Lärmpegel in den betreffenden Bereichen sind und unabhängig davon, ob es in den Bereichen überhaupt Lärmbetroffenheiten (beispielsweise betroffene Bevölkerung) gibt. Ein Ermessensspielraum besteht insoweit nur bei der Frage, ob und welche Maßnahmen vorgesehen werden, nicht aber bei der Frage, ob die Aufstellung des Lärmaktionsplans überhaupt erfolgen soll.

 

  1. Qualifizierung als Umgebungslärm

 

Ab wann Umgebungslärm tatsächlich ein Lärmproblem darstellt, ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Gesetzliche Grenzwerte, bei deren Überschreiten ein Lärmaktionsplan zur Bekämpfung von Umgebungslärm aufgestellt werden muss, sehen weder die Richtlinie 2002/49/EG noch das BImSchG vor.

 

Da die Bundesregierung bisher keinen Gebrauch von der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung im § 47 f BImSchG gemacht hat, mit der insbesondere gesetzliche Grenzwerte definiert werden könnten, ist ein alternativer Maßstab heranzuziehen. Ob Umgebungslärm als Problem anzusehen ist, ist nach Maßgabe des Anhangs III der LAI-Hinweise zur Lärmaktionsplanung auf der Grundlage der bestehenden technischen Vorschriften zum Verkehrslärm zu beurteilen. Bei der LAI handelt es sich um die „Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz“. Die LAI-Hinweise sollen die zuständigen Behörden bei der Lärmaktionsplanung unterstützen. Als geeignete technische Vorschriften werden im hier zu beurteilenden Zusammenhang insbesondere die

 

¾     16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung)

 

¾     Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (VLärmSchR 97)

 

¾     Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV)

 

angesehen, wobei zu konstatieren ist, dass die 16. BImSchV als Rechtsnorm auch die Verwaltung und die Gerichte binden.

 

In diesem Zusammenhang ist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 06.11.2018 hinzuweisen (W 4 K 18.540). Dieses hatte entschieden, dass die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen nach § 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 StVO besteht, nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt ist; die nicht unmittelbar anwendbaren Immissionsgrenzwerte des § 2 Absatz 1 der 16. BImSchV können aber als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze herangezogen werden. Es stellt einen Ermessensausfall zur Frage verkehrsbeschränkender Maßnahmen dar, wenn die Behörde das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 StVO allein deshalb verneint, weil die Grenzwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV nicht überschritten seien, und den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung dagegen keinerlei Relevanz zumisst.

 

Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, im Wesentlichen auf die 16. BImSchV abzustellen.

 

Lärmprobleme werden in Abhängigkeit vom betroffenen Bereich danach spätestens ab einem Wert von 60 dB(A) tagsüber (sogenannter LDEN) und 50 dB(A) nachts (sogenannter LNight) angenommen. Diese beiden Werte sind nach den Vorgaben der 34. BImSchV (Verordnung über die Lärmkartierung) zu ermitteln, die das genaue Berechnungsverfahren festlegt.

 

Gemessen werden Schallereignisse mit Schallpegelmessern. Für die Einordnung und Bewertung von Schall als Lärm gibt es mehrere Möglichkeiten. Durchgesetzt hat sich in Deutschland als Maßeinheit das dB(A) für den Schalldruckpegel, wobei versucht wird, mittels technischer Einrichtungen die Empfindlichkeit des menschlichen Ohres bei bestimmten Tonhöhen zum Beispiel zwischen 1 und 2 kHz zu berücksichtigen. Neben dem Schalldruckpegel sind die Dauer des Geräuschs, die Tageszeit, die Frequenzzusammensetzung und die Häufigkeit zu berücksichtigen.

 

Die geltende Rechtslage sieht nach Maßgabe des § 4 Absatz 4 Nummer 1 der 34. BImSchV eine Kartierungspflicht für folgende Lärmwerte vor:

 

a)    bei einem Tageswert ab 55 dB(A) und

 

b)    bei einem Nachtwert ab 50 dB(A).

 

Sollten diese Werte erreicht oder überschritten werden, müssen die davon betroffenen Gebiete in der Lärmkarte farblich gekennzeichnet werden (vgl. Anlage).

 

Daraus kann gefolgert werden, dass der Verordnungsgeber bereits ab einem Wert von 50 dB(A) – dies entspricht in etwa dem Wert einer normalen Unterhaltung – von Lärm ausgeht.

 

Dieser Wert kann nach Auffassung der Amtsverwaltung aber nicht als bindend angesehen werden, da der Gesetzgeber im § 47 f BImSchG eine Verordnungsermächtigung zu Gunsten der Bundesregierung vorgesehen hat, um entsprechende Grenzwerte definieren zu können, von der sie bislang jedoch keinen Gebrauch gemacht hat.

 

In § 2 Absatz 1 der 16. BImSchV sind Immissionsgrenzwerte zwischen 57 dB(A) und 69 dB(A) am Tag sowie 47 dB(A) und 59 dB(A) in der Nacht festgelegt. Die Vorschrift differenziert dabei stark nach baulichen Nutzungen in der Nachbarschaft der Straße, wobei zu berücksichtigen ist, dass die jeweils niedrigsten Werte der Umgebung von Krankenhäusern und Schulen vorbehalten sind.

 

Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass ein Wert von 60 dB(A) tagsüber und ein Wert von 50 dB(A) nachts in Abhängigkeit von der Art des betroffenen Gebiets regelmäßig Handlungsbedarf zur Lärmverhinderung auslöst (vergleiche Tabelle).

 

Anwendungsbereich

Richtwerte für straßenverkehrsrechtliche Lärm­­schutz­maßnahmen nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV

 

Grenzwerte für den Neubau oder die wesentliche Änderung von Straßen- und Schienenwegen (Lärmvorsorge) nach der 16. BImSchV

Nutzung

Tag in dB(A)

Nacht in dB(A)

Tag in dB(A)

Nacht in dB(A)

Krankenhäuser, Schulen

70

60

57

47

reine (WR) und allgemeine (WA) Wohngebiete

70

60

59

49

Dorf-, Kern- und Mischgebiete

72

62

64

54

urbane Gebiete

-

64

54

Gewerbegebiete

75

65

69

59

 

  1. Hinweise zum Entwurf des Lärmaktionsplans

 

Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Ausführungen wurden die Anregungen und Hinweise der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zusammengefasst und mit einem Vorschlag zur Abwägung versehen. Diese Abwägung bildet die Basis für den vorgelegten Entwurf des Lärmaktionsplans, der, gegebenenfalls nach einer noch vorzunehmenden Überarbeitung aufgrund der Beschlüsse der Gemeindevertretung, zur Offenlegung bestimmt werden soll, so dass das Verfahren für die Phase 2 durchgeführt werden kann.

 

Da einige Angaben innerhalb des vorgelegten Entwurfes erst dann vorgenommen werden können, sobald der entsprechende Verfahrensschritt abgeschlossen wurde, enthält dieser naturgemäß noch „Leerstellen“, die zumeist mit gelber Farbe markiert sind.


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Entwurf des Lärmaktionsplans (einschließlich Belastungsstatistik, Lärmkarte Tag, Lärmkarte Nacht sowie der Aufstellung der beteiligten Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange)

 

¾     Abwägungsmatrix für die Hinweise und Vorschläge aus der Phase 1 der Beteiligung


Beschlussvorschlag:

 

Die Gemeindevertretung beschließt,

 

  1. dem Entwurf des Lärmaktionsplans in der vorliegenden bzw. noch zu überarbeitenden Fassung der Anlage zur Verwaltungsvorlage BARSB/BV/083/2023 zuzustimmen und diesen zur Offenlegung zu bestimmen. Die vorgelegten Abwägungsentscheidungen werden in der vorliegenden bzw. noch zu überarbeitenden Fassung gebilligt.

 

  1. den gebilligten Entwurf des Lärmaktionsplans für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen und die Behörden sowie die sonstigen Träger öffentlicher Belange zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern.