Betreff
Entscheidung über den Einspruch gegen die Feststellung des Nachrückens von Gerd Grimm in die Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek
Vorlage
LUTTE/BV/078/2023
Aktenzeichen
III / KomWahl 2023
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Am 14.05.2023 fanden in Schleswig-Holstein die Wahlen zu den Gemeinde- und Kreisvertretungen (Kommunalwahl) statt. Aus diesem Grund wurde am besagten Tag auch die Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek neu gewählt.

 

Die neu gegründete Wählergruppe „Gemeinsam für Lutterbek“, welche unter der Kurzbezeichnung „GfL“ erstmals an einer Wahl teilnahm, reichte für die Wahl 5 unmittelbare Wahlvorschläge sowie einen Listenwahlvorschlag ein, welche durch den Gemeindewahlausschuss jeweils zugelassen wurden.

 

Die Bewerberin Jasmin Staack, welche auf dem zugelassenen Listenwahlvorschlag der Wählergruppe im 4. Rang antrat, wurde nach der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Gemeindewahlausschuss in seiner Sitzung vom 23.05.2023 als Listenbewerberin in die Gemeindevertretung gewählt.

 

Der Gemeindewahlausschuss auf Amtsebene hatte am 23.05.2023 die Ergebnisse der Gemeindewahlen in den Gemeinden des Amtes Probstei (ohne die Gemeinde Schönberg) – somit auch für die Gemeinde Lutterbek – festgestellt. Die Feststellungen der Ergebnisse, die von den Wahlvorständen in den einzelnen Wahlbezirken getroffen wurden, wurden dabei nicht verändert. Hierzu bestand aus Sicht der Gemeindewahlleitung auch keinerlei Veranlassung. In Übereinstimmung mit § 36 Satz 2 GKWG hatte die Gemeindewahlleitung das festgestellte Wahlergebnis innerhalb der Sitzung bekannt gegeben.

 

In der Folge hatte die Gemeindewahlleitung die vom Gemeindewahlausschuss festgestellten Ergebnisse mit Bekanntmachung vom 24.05.2023 am 31.05.2023 in der Zeitung „Probsteier Herold“ veröffentlicht (rechtlich entscheidender Zeitpunkt), am 25.05.2023 zusätzlich eine Veröffentlichung auf der Website www.amt-probstei.de vorgenommen und in Übereinstimmung mit § 38 GKWG auf den zulässigen Rechtsbehelf des Einspruches hingewiesen.

 

Gegen die Gültigkeit der Wahl kann nach dieser Vorschrift jede oder jeder Wahlberechtigte des Wahlgebiets sowie die Kommunalaufsichtsbehörde binnen eines Monats nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses Einspruch erheben. Innerhalb der Einspruchsfrist, die nach § 187 Absatz 1 BGB am 01.06.2023 begann und nach § 188 Absatz 2 sowie Absatz 3 BGB mit Ablauf des 30.06.2023 endete, ist kein Einspruch gegen die Feststellung der Wahlergebnisse eingelegt worden.

 

Durch eine schriftliche Erklärung vom 02.06.2023, welche über den Bürgermeister der Gemeinde Lutterbek am 05.06.2023 bei der Gemeindewahlleitung vorgelegt wurde, erklärte die gewählte Bewerberin, Jasmin Staack, dass sie das ihr zugefallene Mandat mit sofortiger Wirkung niederlegen würde. Die handschriftlich unterzeichnete Erklärung liegt der Gemeindewahlleitung im Original vor.

 

Vor diesem Hintergrund leitete die Gemeindewahlleitung ein Verfahren zur Feststellung des nachrückenden Bewerbers ein. Zu diesem Zweck stellte sie fest, dass der Bewerber Gerd Grimm auf dem 5. Rang des Listenwahlvorschlages der Wählergruppe GfL kandidiert hatte.

 

Nach Ausstellung einer Bescheinigung über die (weitere) Wählbarkeit des zum Nachrücken anstehenden Bewerbers forderte die Gemeindewahlleitung

 

¾     die nach § 67 Absatz 1 Satz 1 GKWO erforderliche Bescheinigung der Wählergruppe darüber an, ob der in Rede stehende Bewerber seit Aufstellung der Liste ununterbrochen der Wählergruppe angehören würde.

 

¾     die nach § 67 Absatz 1 Satz 2 GKWO erforderliche Bestätigung des Bewerbers darüber an, dass er seit Aufstellung der Liste der Wählergruppe GfL keiner anderen Partei oder Wählergruppe beigetreten sei.

 

Die schriftliche Bescheinigung der Wählergruppe und die schriftliche Bestätigung des Bewerbers wurden der Gemeindewahlleitung am 05.06.2023 vorgelegt.

 

Mit Feststellungsbescheid vom 05.06.2023 stellte die Gemeindewahlleitung fest, dass Gerd Grimm als Vertreter der Wählergruppe Gemeinsam für Lutterbek (GfL) in die Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek nachrückt, um den Platz einzunehmen, der durch den Mandatsverzicht der Jasmin Staack freigeworden war.

 

Der Feststellungsbescheid wurde dem nachrückenden Bewerber noch am 05.06.2023 förmlich zugestellt. Ebenfalls am 05.06.2023 gab der nachrückende Bewerber die nach § 67 Absatz 3 GKWO vorgesehene Erklärung darüber ab, dass er seine im Nachrückverfahren erfolgte Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek annehmen würde.

 

Mit amtlicher Bekanntmachung vom 05.06.2023, die am 09.06.2023 nach Maßgabe des § 87 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 GKWO in Verbindung mit § 12 Absatz 3 der Hauptsatzung des Amtes Probstei in der Zeitung „Probsteier Herold“ veröffentlicht wurde, wurde das feststellende Ergebnis des vorstehend beschriebenen Nachrückverfahrens verkündet.

 

Gegen die Feststellung, dass der nachrückende Bewerber Gerd Grimm Mitglied der Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek geworden ist, erhob der Einspruchsführer mit Schriftsatz vom 16.06.2023 den Rechtsbehelf des Einspruches.

 

Zudem richtet sich der Einspruch mit der gleichen Begründung inhaltlich auch gegen die Ernennung des nachgerückten Bewerbers zum stellvertretenden Bürgermeister.

 

Über den Einspruch hat, soweit das Nachrückverfahren betroffen ist, die Gemeindevertretung nach einer entsprechenden Vorprüfung durch den Wahlprüfungsausschuss zu entscheiden.

 

  1. Nachrückverfahren

 

a)    Zulässigkeit des Einspruches

 

Nach § 44 Absatz 3 Satz 3 GKWG kann jeder Wahlberechtigte des Wahlgebietes gegen die Feststellung der Gemeindewahlleitung Einspruch nach § 38 GKWG einlegen.

 

In entsprechender Anwendung des § 38 Absatz 1 GKWG kann somit gegen die Gültigkeit der im Nachrückverfahren erfolgten Wahl jeder Wahlberechtigte des Wahlgebietes binnen eines Monats nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses (im Nachrückverfahren) Einspruch erheben. Dadurch, dass der Einspruch am 23.06.2023 einging, wurde dieser fristgerecht erhoben.

 

Gemäß § 38 Absatz 2 Satz 1 GKWG ist der Einspruch schriftlich bei der Gemeindewahlleitung einzureichen oder mündlich zur Niederschrift zu erklären. Der durch den Einspruchsführer schriftlich erhobene Einspruch erfüllt diese formellen Voraussetzungen.

 

Nach Maßgabe des § 38 Absatz 2 Satz 2 GKWG ist der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zu begründen. Eine solche Begründung liegt auch vor.

 

Der Einspruchsführer ist auch aktiv legitimiert, den Einspruch zu erheben. Während beispielsweise ein Einspruch gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit des Wählerverzeichnisses von jedermann erhoben werden kann, ist das Recht, Einspruch gegen die Gültigkeit der im Nachrückverfahren erfolgten Wahl einzulegen, nur den im Wahlgebiet aktiv Wahlberechtigten vorbehalten. Der Einspruchsführer besaß für die Wahl vom 14.05.2023 das aktive Wahlrecht und wurde infolgedessen unter der laufenden Nummer 21 im Wählerverzeichnis für den Wahlbezirk Lutterbek geführt. Diese aktive Wahlberechtigung dauert für die im Nachrückverfahren erfolgte Wahl (unverändert) fort, da der Einspruchsführer – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt „Bekanntmachung der im Nachrückverfahren erfolgten Wahl“ – die aktive Wahlberechtigung im Sinne des § 3 Absatz 1 GKWG (weiterhin) besitzt.

 

Der Einspruchsführer, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, hat das 16. Lebensjahr vollendet, seit deutlich mehr als 6 Wochen im Wahlgebiet eine Wohnung als alleinigen Wohnsitz inne und ist auch nicht nach Maßgabe des § 4 GKWG vom Wahlrecht ausgeschlossen.

 

b)    Begründetheit des Einspruchs

 

Nach § 44 Absatz 3 Satz 1 GKWG stellt die Gemeindewahlleitung den neuen Vertreter fest und gibt dies bekannt.

 

Ein Nachrücken erfolgt gemäß § 44 Absatz 1 GKWG unter anderem dann, wenn eine Vertreterin ihren Sitz verliert (§ 43); in diesem Fall rückt der nächste Bewerber auf der Liste derjenigen politischen Partei oder Wählergruppe nach, für die der Ausgeschiedene bei der Wahl aufgetreten ist.

 

Im vorliegenden Fall ist zu konstatieren, dass die Voraussetzungen des § 43 Absatz 1 Nummer 1 GKWG für die Variante „Verzicht auf den Sitz“ verwirklicht wurden.

 

Nach § 37 Satz 1 GKWG erwirbt eine gewählte Bewerberin die Mitgliedschaft in der Vertretung automatisch nach Ablauf der Frist von einer Woche nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses durch die Gemeindewahlleitung gemäß § 36 Satz 2 GKWG, jedoch nicht vor Ablauf der Wahlzeit der bisherigen Vertretung, wenn sie nicht innerhalb der Wochenfrist durch schriftliche Erklärung gegenüber der Gemeindewahlleitung die Wahl ablehnt.

 

Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Sinne des § 36 Satz 2 GKWG ist auf den 23.05.2023 zu datieren, weil an diesem Tag die Sitzung des Gemeindewahlausschusses zur Feststellung der Ergebnisse stattfand, an deren Ende die Ergebnisse bekanntgegeben wurden. Der Beginn der Frist von einer Woche ist somit der 24.05.2023. Die maßgebliche Frist endete daher mit Ablauf des 30.05.2023. Die Bewerberin hatte innerhalb dieser Frist nicht erklärt, dass sie die Wahl ablehnt. Somit ist ihr der Sitz in der Gemeindevertretung mit Wirkung zum 01.06.2023, also dem Beginn der Wahlzeit der am 14.05.2023 gewählten Gemeindevertretung (§ 1 Absatz 1 Satz 2 GKWG), zugefallen.

 

Ein Verlust des Sitzes im Sinne des § 43 Absatz 1 Nr. 1 GKWG tritt dann ein, wenn eine Vertreterin auf ihn verzichtet.

 

Mit schriftlicher Erklärung gegenüber dem Bürgermeister der Gemeinde Lutterbek sowie der Gemeindewahlleitung teilte Jasmin Staack mit Schreiben vom 02.06.2023 mit, dass sie aus gesundheitlichen Gründen das ihr zugefallene Mandat mit sofortiger Wirkung aufgeben würde.

 

Aufgrund dieser Tatsache waren die Voraussetzungen für ein Nachrückverfahren im Sinne des § 44 Absatz 1 Satz 1 GKWG verwirklicht, so dass der nächste Bewerber auf der Liste der Wählergruppe GfL nachrückt, für die die ausgeschiedene Person bei der Wahl aufgetreten ist.

 

Diese Person ist unzweifelhaft Gerd Grimm, der auf dem Listenplatz 5 rangierte.

 

Liegen die Voraussetzungen für ein Nachrücken (§ 44 GKWG) vor, benachrichtigt die Gemeindewahlleitung nach § 67 Absatz 1 Satz 1 GKWO den örtlichen Vorstand der Partei oder Wählergruppe, für die die ausgeschiedene Vertreterin aufgestellt war, und fordert ihn auf, binnen einer Woche mitzuteilen, ob der nächste Bewerber auf der Liste, der bei der Wahl für die Partei oder Wählergruppe als deren Mitglied aufgetreten war, seit der Aufstellung der Liste ununterbrochen der Partei oder Wählergruppe angehört hat. Eine solche Erklärung liegt vor.

 

Die Gemeindewahlleitung fordert den nächsten Bewerber auf, binnen einer Woche mitzuteilen, ob er seit der Aufstellung der Liste einer anderen Partei oder Wählergruppe beigetreten ist. Eine solche Erklärung liegt ebenfalls vor.

 

Nach Freiwerden des Sitzes benachrichtigt die Gemeindewahlleitung nach Maßgabe des § 67 Absatz 3 Satz 1 GKWO den berufenen Listennachfolger von seiner Wahl und fordert ihn auf, binnen einer Woche schriftlich zu erklären, ob er die Wahl annimmt. Diese Benachrichtigung wurde durch den Feststellungsbescheid vom 05.06.2023 vorgenommen. In Übereinstimmung mit § 67 Absatz 3 Satz 2 GKWO wurde die Benachrichtigung in Form des Feststellungsbescheides auch zugestellt. Zustellungen sind gemäß § 84 Absatz 3 GKWO nach den Vorschriften des LVwG vorzunehmen. Im vorliegenden Fall wurde die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis im Sinne des § 150 LVwG vorgenommen.

 

In der Benachrichtigung ist nach § 67 Absatz 3 Satz 3 GKWO darauf hinweisen, dass

 

  1. er die Mitgliedschaft in der Vertretung mit dem fristgerechten Eingang der auf die Benachrichtigung nach Satz 1 erfolgenden schriftlichen Annahmeerklärung bei der Gemeindewahlleitung erwirbt,

 

  1. die Wahl als angenommen gilt, wenn innerhalb der gesetzten Frist keine oder keine schriftliche Erklärung abgegeben wird,

 

  1. diese Folge nicht eintritt, wenn in den Fällen des § 37 a GKWG die Mitgliedschaft in der Vertretung nur bei schriftlichem Nachweis der Beurlaubung vom Dienstverhältnis oder der Übertragung einer anderen Funktion erworben werden kann,

 

  1. eine Erklärung unter Vorbehalt als Ablehnung gilt und

 

  1. die Annahme- oder Ablehnungserklärung nicht widerrufen werden kann.

 

Der Feststellungsbescheid enthielt die vorstehend bezeichneten Hinweise. Die dem Feststellungsbescheid beigefügte Erklärung nach § 67 Absatz 3 GKWO reichte der im Nachrückverfahren gewählte Bewerber bereits am Tag der Zustellung des Feststellungsbescheides zurück. In dieser erklärte er, dass er seine im Nachrückverfahren erfolgte Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek annehmen würde.

 

Insoweit hat er die Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung der Gemeinde Lutterbek nach § 67 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 1 GKWO am 05.06.2023 erworben.

 

Vor diesem Hintergrund machte die Gemeindewahlleitung die im Nachrückverfahren erfolgte Wahl öffentlich bekannt.

 

Somit ist festzustellen, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Wahl im Nachrückverfahren erfüllt waren.

 

Der vom Einspruchsführer verfolgte Einspruch hat daher keine Aussicht auf Erfolg. Inhaltlich wendet sich der Einspruchsführer auch nicht gegen den wahlrechtlichen Ablauf des Nachrückverfahren. Vielmehr hält der Einspruchsführer den nachgerückten Listenbewerber für politisch bzw. persönlich ungeeignet, das ihm zugefallene Mandat zu bekleiden.

 

Wörtlich führt der Einspruchsführer wie folgt aus:

 

„Herr Grimm zeigt durch sein Verhalten am 13.06.2023 (Versammlung der Gemeindevertretung) nicht in der Lage zu sein, für das Wohl der Gemeinde Lutterbek zu sorgen und deren Interessen zu vertreten.

 

Beispiele wie Blockieren der Belange der Freiwilligen Feuerwehr Lutterbek. Brandschutz und Hilfeleistung sind Aufgabe einer Feuerwehr und müssen mit den besten technischen Ausrüstungen ausgestattet sein. Dies darf ein Gemeindevertreter nicht behindern.

 

Es ist auch stark damit zu rechnen, dass er andere wichtige Angelegenheiten für das Wohl der Gemeinde ablehnen und behindern wird, und auch Grundrechte von Privatpersonen und deren Ausübung versuchen wird einzuschränken, die dem Bundesgesetz unterliegen.“

 

Mit dieser Bewertung der Persönlichkeit des nachrückenden Bewerbers bzw. seiner politischen Einstellungen erschöpft sich das Vorbringen des Einspruchsführers auch schon. Derartige Belange vermögen aber einen wahlrechtlichen Einspruch in keiner Weise zu rechtfertigen.

 

Die vom Einspruchsführer vorgetragenen Einwände hätten im Rahmen der im Vorfeld auszutragenden politischen Auseinandersetzung des Wahlkampfes möglicherweise eine Rolle spielen können. Sie sind jedoch keinesfalls geeignet, die Legitimität und Rechtmäßigkeit des Nachrückverfahrens in Zweifel zu ziehen.

 

Aufgrund des objektiven Charakters des Verfahrens zur Prüfung des Nachrückverfahren können nur solche festgestellten Rechtsverletzungen (formelle und materielle Fehler) zu Eingriffen der Wahlprüfungsinstanzen führen, die auf die gesetzmäßige Zusammensetzung der Vertretung, das heißt die konkrete festgestellte Mandatsverteilung, von Einfluss sind (Prinzip der objektiven Kausalität) oder sein können (Prinzip der potentiellen Kausalität). Ein Wahlfehler ist nur dann von Bedeutung, wenn er für die Mandatsverteilung erheblich ist oder sein könnte. Dieser Erheblichkeitsgrundsatz findet seine Rechtfertigung letztlich im demokratischen Mehrheitsprinzip. Die Mandatsrelevanz ist somit ein zentraler, ungeschriebener Grundsatz des materiellen Wahlprüfungsrechts, ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal bei allen Volkswahlen für eine erfolgreiche, begründete Wahlprüfung. Es widerspräche dem Demokratieprinzip des Artikels 20 Absatz 1 und 2 GG, wenn eine Wahl wegen eines Wahlfehler, der keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis hat, wiederholt werden müsste oder wenn in demokratischen Wahlen errungene Mandate wegen eines solchen, die Mandatsverteilung nicht beeinflussenden Fehlers aberkannt werden müssten.

 

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass eine derartige Rechtsverletzung nicht eingetreten ist. Da eine Rechtsverletzung überhaupt nicht gegeben ist, liegt auch kein Fehler vor, der überhaupt Mandatsrelevanz entfalten könnte.

 

Bei der Wahlprüfung ist im Rahmen der vom Einspruchsführer vorgebrachten Einspruchsgründe der wahre Sachverhalt, auf den der Einspruch gestützt wird, von Amts wegen aufzuklären.

 

Voraussetzung für die Begründetheit eines Einspruches ist deshalb ein konkreter, unmissverständlicher und hinreichend substantiierter Sachvortrag (Tatsachenvortrag), aus dem sich schlüssig entnehmen lässt, worin der Verstoß gegen Wahlrechtsvorschriften (Wahlfehler) liegen soll, und der die Nachprüfung rechtserheblicher Tatsachen zulässt.

 

An solchen Tatsachen mangelt es dem Einspruch in Gänze. Die vorgetragene Bewertung der Persönlichkeit des nachrückenden Bewerbers bzw. seiner politischen Einstellungen kann nicht zum Gegenstand eines erfolgreichen Einspruchsverfahrens gemacht werden.

 

  1. Ernennung zum stellvertretenden Bürgermeister

 

Das Kommunalverfassungsrecht sieht die Möglichkeit der Erhebung eines Einspruches oder eines sonstigen Rechtsbehelfes gegen die Ernennung eines Ehrenbeamten nicht vor.

 

Allenfalls wären hier Fälle denkbar, in denen eine sogenannte Konkurrentenklage erhoben werden könnte. Eine Konkurrentenklage spielt vorrangig im öffentlichen Dienst und im Beamtenrecht eine Rolle. Die Klage kann erhoben werden, wenn sich ein Bewerber auf eine Stelle übergangen oder zu Unrecht nicht berücksichtigt fühlt. Sie basiert auf Artikel 33 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt bekommen muss.

 

Für beamtenrechtliche Konkurrentenklagen sind gemäß § 54 BeamtStG die Verwaltungsgerichte zuständig. Derjenige, der sich auf eine vor den Verwaltungsgerichten vorzutragende Rechtsverletzung beruft, muss nach § 42 Absatz 2 VwGO in zulässiger Weise geltend machen können, durch einen Verwaltungsakt (in diesem Fall also die Ernennung zum Ehrenbeamten) in seinen Rechten verletzt zu sein.

 

Eine derartige Rechtsverletzung ist im vorliegenden Fall nicht einmal theoretisch denkbar, da ein solcher Einwand allenfalls von einer Person geltend gemacht werden könnte, die ebenfalls zum stellvertretenden Bürgermeister hätte gewählt und ernannt werden können. Da der stellvertretende Bürgermeister aus naheliegenden Gründen nach § 52 a Absatz 1 Satz 1 GO in Verbindung mit § 33 Absatz 3 GO selbst Mitglied der Gemeindevertretung sein muss, kann von dem Einspruchsführer, der selbst nicht der Gemeindevertretung angehört, keinerlei subjektive Rechtsverletzung geltend gemacht werden. In Ermangelung eines Rechtsschutzinteresses ist der vorgebrachte Einspruch, der verwaltungsrechtlich als Widerspruch zu qualifizieren wäre, unzulässig.

 

Diese dem Beamtenrecht unterliegende Rechtsangelegenheit fällt im Übrigen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Wahlprüfungsausschusses bzw. der Gemeindevertretung.

 

  1. Fazit

 

¾     Nachrückverfahren

 

Der zulässige Einspruch ist unbegründet.

 

¾     Ernennung zum stellvertretenden Bürgermeister

 

Der „Einspruch“ ist unzulässig.

 

Vor diesem Hintergrund ergeht folgender


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Einspruchsschrift vom 16.06.2023 in anonymisierter Form


Beschlussvorschlag:

 

Nach Vorprüfung durch den Wahlprüfungsausschuss weist die Gemeindevertretung den zulässigen Einspruch gegen die im Nachrückverfahren erfolgte Wahl des Listenbewerbers Gerd Grimm (GfL) als unbegründet zurück.