Sachverhalt:

 

Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes, in Kraft getreten am 31. August 2021, verschärfte die Klimaschutzvorgaben, sodass die Treibhausgasemissionen stetig reduziert werden müssen, bis unter Berücksichtigung der Zwischenziele (mindestens 65 % THG-Reduzierung bis 2030, mindestens 88 % THG-Reduzierung bis 2040) schließlich 2045 die Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. In Schleswig-Holstein trat die Novellierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes (EWKG) auf Basis der neuen Klimaschutzziele der Bundesregierung am 17. Dezember 2021 in Kraft. Des Weiteren wurde vom Bundeskabinett ein Gesetzespaket, genannt „Osterpaket“, am 6. April 2022 beschlossen, dessen Ziel der beschleunigte und konsequente Ausbau erneuerbarer Energien ist. Ein Überblickspapier des BMWK zum Osterpaket ist dieser Verwaltungsvorlage beigefügt. Hervorzuheben sind hierbei die neuen Ausbauziele des EEG betreffend des Anteils erneuerbarer Energien am deutschen Bruttostromverbrauch (80% bis 2030 bzw. nahezu 100% bis 2035). Laut Bundesnetzagentur lag der Anteil des aus erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Wasserkraft und sonstige Erneuerbare) erzeugten Stroms im Jahr 2021 mit 215,4 TWh bei 42,8 %. 

 

Freiflächen Photovoltaik ist eine klimafreundliche Alternative zu konventioneller Stromerzeugung aus Kohle und Gas. Photovoltaik Freiflächenanlagen haben, genauso wie alle anderen Bauvorhaben auch, positive als auch negative Auswirkungen auf Mensch, Natur und Landschaft. Die Folgen sind sich teils widersprechende Interessen in einem komplexen Themenfeld. Dieses umfasst  u. a. folgende Themengebiete:

  • Erzeugung klimafreundlicher Elektrizität 
  • Einnahmen für die Gemeinde
  • Sicherung der Energieversorgung für Wirtschaft und der lokalen Bevölkerung
  • (Flächen-)Konkurrenz für Landwirtschaft auf fruchtbaren Böden
  • Natur- und Landschaftsschutz
  • Veränderung des Landschaftsbildes durch die Anlagen
  • Auswirkungen auf Tourismus
  • Sonstige lokale Interessen 

 

Freiflächen Photovoltaik-Anlagen generieren, wie andere Gewerbebetriebe, Steuereinnahmen in der Gemeinde in der sie errichtet sind. Um die Akzeptanz von Freiflächenanlagen vor Ort zu fördern, ist in §6 EEG festgelegt, dass betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge von Anlagenbetreibern angeboten werden können. Neben den zu erwartenden Steuereinnahmen sorgt eine solche Vereinbarung für langfristig planbare Einnahmen im Gemeindehaushalt.

 

Der Ausbau von Freiflächen Photovoltaik-Anlagen (raumbedeutsam ab 4 ha Größe, z.B. 200 Meter x 200 Meter), soll laut dem Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein möglichst auf geeignete Räume gelenkt und die Planung weiterer Standorte geordnet und plausibel aus schlüssigen Konzepten hergeleitet werden. Hierzu hatten diese den gemeinsamen Beratungserlass des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung (MILIG) und des Ministeriums für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) vom 01.09.2021 (Amtsblatt Schleswig-Holstein 2022, Seite 118) herausgegeben. Dieser Beratungserlass wird konkretisiert durch das „Anforderungsprofil für Gemeindegrenzen übergreifende Plankonzepte für die Errichtung großer Freiflächen-Solaranlagen“ des MILIG vom 11.02.2022. Aus diesen drei Dokumenten, welche dieser Verwaltungsvorlage beigefügt sind, wird ersichtlich, dass die entsprechenden Bauleitverfahren sich an den Raumordnungsverfahren für die Regionalplanung zu orientieren haben. Eine Auswertung der in Frage stehenden Flächen („Weißflächenstudie“) ist somit aus den raumordnerischen Vorgaben der fachlich zuständigen Landesministerien unabdingbar.

 

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, zunächst Potenzialflächen zu identifizieren,

  1. die für eine entsprechende Nutzung grundsätzlich in Betracht kommen („Weißflächenstudie“) und diese Potenzialflächen
  2. anhand von harten Tabukriterien (d. h. Gesetze verbieten Photovoltaik Freiflächenanlagen an diesen Standorten u. a. zum Schutz von Natur oder bestehender Infrastruktur) und
  3. anschließend anhand von weichen Tabukriterien (d. h. grundsätzlich sind Photovoltaik Freiflächenanlagen erlaubt, jedoch überwiegen andere Interessen wie z. B. extrem fruchtbare Böden, touristisch wertvolle Standorte oder sonstige lokale Interessen) zu bewerten.

 

Hierbei ist insbesondere das Landschaftsschutzgebiet „Probsteier Salzwiesen“ zu schützende Fläche hervorzuheben. Die Kreisverordnung und Abgrenzungskarte sowie eine Übersichtskarte ist dieser Verwaltungsvorlage beigefügt.

 

Weiterhin können die Potentialflächen anhand von Eignungskriterien (d. h. diese Standorte eignen sich in Folge von Vorbelastungen wie z. B. räumliche Nähe zu Bahntrassen, Bundesstraßen, Kläranlagen oder Industriegebieten besonders gut) hinsichtlich besonders geeigneter Flächen bewertet werden.

 

Im Rahmen der Bauleitplanung für Freiflächen-Solaranlagen ist für eine rechtmäßige Abwägung immer eine Alternativenprüfung erforderlich, die als Bestandteil der Planbegründung zu dokumentieren ist. Aufgrund der Größe der Anlagen und der damit verbundenen räumlichen Auswirkungen muss hierbei der Betrachtungsraum über die Gemeindegrenzen hinausgehen. Bei Vorhaben mit einer Größe von über 20 ha soll nach Nummer 3.4.2 Absatz 5 des Landesentwicklungsplanes (LEP) in der Regel ein Raumordnungsverfahren (ROV) durchgeführt werden. Gemeindegrenzen übergreifende Plankonzepte können als Begründung dafür dienen, dass die Landesplanungsbehörde auf ein ROV verzichtet.

 

An die Gemeinde Schönberg ist ein Investor herangetreten, der für das Gemeindegebiet eine Weißflächenstudie hierfür durchführen möchte. 

 

In Folge der Weißflächenstudie sowie der Alternativenprüfung werden die Auswirkungen von Freiflächen Photovoltaik-Anlagen auf die oben genannten Themengebieten (insbesondere Natur und Umwelt) so weit wie möglich minimiert. Weiterhin sind Eingriffe in Natur und Landschaft, die durch Bebauungspläne verursacht werden, grundsätzlich auszugleichen.

 

Im Jahr 2022 beschäftigten sich in den 20 amtsangehörigen Gemeinden des Amt Probstei 9 Gemeindevertretungen mit dem Thema Freiflächen Photovoltaik. Einen positiven Grundsatzbeschluss verabschiedeten 6 Gemeinden, einen negativen Grundsatzbeschluss 1 Gemeinde und sonstige Beschlüsse 4 Gemeinden.

 

positiver Grundsatzbeschluss

negativer Grundsatzbeschluss

sonstige Beschlüsse

Barsbek (08.12.2022)

Höhndorf (05.07.2022)

Köhn (09.03.2022)

Krokau (09.05.2022)

Probsteierhagen (30.06.2022)

Stoltenberg (09.11.2022)

Krummbek (24.03.2022)

Bendfeld (23.11.2022)

Fiefbergen (23.02.2022)

Probsteierhagen (05.10.2022)

Stoltenberg (28.06.2022)

 

 

Es ist unabdingbar, vor Einleitung einer Weißflächenkartierung bzw. eines Bauleitplanverfahrens eine Grundsatzentscheidung über die Akzeptanz oder Ablehnung von Photovoltaik Freiflächenanlagen auf dem Gemeindegebiet Schönberg zu fällen.

 


Anlagenverzeichnis:

 

  • Abgrenzungskarte LSG 02
  • Anforderungsprofil für Gemeindegrenzen übergreifende Plankonzepte für die Errichtung großer Freiflächen-Solaranlage
  • gemeinsamer Beratungserlass
  • K r e i s v e r o r d n u n g über das Landschaftsschutzgebiet Probsteier Salzwiesen und Umgebung vom 21. Juli 2017
  • Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein - Fortschreibung 2021 (Teile A und B)
  • Überblickspapier Osterpaket
  • Übersichtskarte Landschaftsschutzgebiete in Schönberg

Beschlussvorschlag:

 

Die Ortsentwicklungs- und Planungsausschuss Schönberg begrüßt grundsätzlich Freiflächen Photovoltaik. Bevor jedoch entsprechende Bauleitplanverfahren eingeleitet werden, ist eine Weißflächenkartierung durchzuführen, die mindestens das gesamte Gemeindegebiet Schönberg umfasst, um geeignete Standorte für Freiflächen Photovoltaik zu ermitteln. Die Kosten dafür tragen die Investoren bzw. der Investor.