Sitzung: 23.08.2022 Beirat für Natur und Umwelt
In der Broschüre „Artenreiches
Grünland – Handreichung zur Anlage und Pflege artenreicher Grünflächen an
Straßen“ des LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume)
werden in erster Linie Empfehlungen zur Neuanlage und floristischen Aufwertung
bestehender Grünflächen mittels des Einsatzes von gebietseigenem Saatgut, der
„Regiosaat“ bzw. dem „Naturraumtreuen Saatgut“ gegeben. Überall geht die
Artenvielfalt zurück, daher werden vielerorts Blühstreifen angelegt. Die AG-Geobotanik (der wissenschaftliche
Verein, der sich in SH mit Flora & Vegetation beschäftigt) begrüßt die
naturschutzfachlichen Bemühungen zur Anlage von artenreichen Grünflächen und
das Engagement für die Verwendung von gebietseigenem Saatgut. Sie ist jedoch
besorgt, dass dabei die naturfachliche Bedeutung der bereits vorhandenen
Vegetationsbestände ebenso wie der sich natürlich entwickelten
Spontanvegetationen unterschätzt und die Rolle im Naturhaushalt in der
Broschüre nicht genügend Beachtung finden. Es ist oftmals viel wirkungsvoller,
der Natur freien Lauf zu lassen und der Spontanvegetation eine Chance zu geben.
In Zusammenarbeit mit dem LLUR
hat die AG Geobotanik erreicht, dass die Bedeutung der schon vorhandenen
Vegetation (Spontanvegetation) wieder verstärkt Beachtung findet. Hierzu haben
die AG Geobotanik und das LLUR einen gemeinsamen Leitfaden herausgegeben.
Der Vorsitzende verteilt diesen
Leitfaden an alle Teilnehmer der Sitzung und gibt umfangreiche Erläuterung
dazu.
Vordringliches Ziel des
Naturschutzes muss es sein, Flora und Fauna in ihrem Vorkommen zu schützen und
deren Lebensbedingungen zu verbessern.
Dr. Christensen veranschaulicht
an verschiedenen Beispielen die Natur, wenn man sie nur so machen lässt:
·
In Mönkeberg,
Germaniakoppel, hier wird der Rasen sich selbst überlassen, 2mal im Jahr je
nach Vegetationsbestand gemäht, die Wildvegetation ist sehr artenreich.
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Eine Wegeinsel im
Dabeler Ring wird sich quasi selbst überlassen und nur 2x jährlich bearbeitet,
kein hoher Pflegeaufwand, aber eine sehr hohe Biodiversität.
·
In Probsteierhagen
auf dem Brachgelände der ehemaligen VR Bank entwickelten sich auf 200qm Fläche
innerhalb eines Jahres fast 200 Pflanzenarten. Darunter befanden sich 4 Arten
der Roten Liste SH Kat.2 und 3 sowie 8 Arten der Vorwarnliste. Solche Flächen
können über entsprechende Pflegemahd ohne weitere Einsaat von Regiosaat zu
einer wertvollen und artenreichen Wiese entwickelt werden. So eine Vielfalt
kann keine Regiosaat hervorbringen. Selbst die Kieler Nachrichten haben darüber
auf der Titelseite und umfangreich im Innenteil berichtet.
Vor allem gilt es, bei allem
Handeln die Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna stärker zu
berücksichtigen und den Bürgern den Eigenwert der sie umgebenden Artenvielfalt
zu vermitteln, auch wenn Biotope nicht dem gängigen ästhetischen Empfinden
entsprechen oder Arten vermeintlich keinen Nutzen haben oder sogar als Unkraut
oder Ungeziefer betrachtet werden