Sachverhalt:

 

Diese Informationsvorlage soll den Mitgliedern des Hauptausschusses sowie der Gemeindevertretung noch einmal die rechtlichen Hintergründe zur Erstellung des Innenbereichsgutachtens, zur Aufstellung der 2. Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 4 zur Ausweisung eines Neubaugebietes und zur Beurteilung eines Bauantrags bzw. einer Bauvoranfrage aufzeigen.

 

1.    Die Gemeindevertretung Lutterbek hat in der Sitzung am 03.12.2015 den Grundsatzbeschluss gefasst, ein Innenbereichsgutachten erstellen zu lassen. Nach der Auftragsvergabe an das Planungsbüro B2K in Kiel wurde das Gutachten erstellt und anschließend den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Lutterbek im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und den wichtigsten Behörden zur Abgabe einer Stellungnahme zugesandt. Einige Grundstückseigentümer wurden direkt angeschrieben und u.a. befragt, ob sie kurz-, mittel- oder langfristig beabsichtigen, ihre Freiflächen für eine zusätzliche Wohnbebauung zu nutzen oder für eine Wohnbebauung zu veräußern. Die vorgetragenen Anregungen von den Bürgerinnen und Bürgern sowie von den Behörden wurden weitgehend in das Gutachten eingearbeitet. Sehr wohl wurden jedoch auch Anregungen zurückgewiesen. Weiter wurde insbesondere aufgrund der Anregungen der Behörden ein Gespräch mit Vertretern des Innenministeriums, der Landesplanungsbehörde und des Kreises Plön geführt. Im Ergebnis wurde der Gemeinde in Aussicht gestellt, ein kleines Wohnbaugebiet am Ortsrand auszuweisen, weil in der Ortslage keine ausreichenden Bauflächen mehr vorhanden sind bzw. nicht absehbar ist, wann die in der Ortslage befindlichen Flächen für eine Wohnbebauung genutzt werden können. Das abschließende Innenbereichsgutachten wurde den Bürgerinnen und Bürgern nochmals vorgestellt und dann in der Sitzung der Gemeindevertretung am 13.09.2017 einstimmig beschlossen.


Gemäß § 1 Absatz 5 Baugesetzbuch sowie gemäß dem Landesentwicklungsplan des Landes Schleswig-Holstein soll die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen. Das bedeutet, dass die Gemeinden vor der Ausweisung eines Neubaugebietes auf der „grünen Wiese“ prüfen sollen, ob es Möglichkeiten gibt, ausreichend unbebaute Flächen in der Ortslage für eine Wohnbebauung zu entwickeln. Das Gesetz schreibt jedoch nicht vor, wie diese Prüfung vorzunehmen ist. Es gibt also keine formellen oder materiellen Vorschriften über ein einzuhaltendes Verfahren oder aber den Inhalt  der Prüfung. Im Laufe der Jahre hat sich für diese Prüfung der Begriff „Innenbereichsgutachten“ verfestigt. Es handelt sich dabei aber nicht um ein klassisches Gutachten, das inhaltlich auf einer gesetzlichen Grundlage basiert und dementsprechend eindeutig in jedem Punkt nachvollziehbar ist (Lärmschutzgutachten nach Dezibelwerten, Verkehrsgutachten nach Verkehrszählung, Immissionsgutachten nach Anzahl von Schweinen etc.), sondern um eine Untersuchung und Bewertung von nicht bebauten Flächen, die sich in der Ortslage befinden. Beim Innenbereichsgutachten ist weder die Bewertung der Flächen verbindlich noch die Aussage des Grundstückseigentümers, ob und wann er seine Flächen zu bebauen oder zu veräußern gedenkt. Über das Innenbereichsgutachten soll lediglich ermittelt werden, ob es noch Freiflächen in der Ortslage gibt, ob der Grundstückseigentümer bereit ist, diese kurzfristig zu bebauen bzw. für eine Bebauung zu veräußern und ob es zwingende Gründe gibt, die einer Bebauung entgegenstehen. Eine rechtsverbindliche Prüfung, ob eine Fläche in der Ortslage mit einem Wohnhaus bebaut werden kann, wird ausschließlich vom Kreis Plön als zuständige Bauaufsichtsbehörde auf Antrag des Grundstückseigentümers bzw. Bauherrn durchgeführt. Da es also für die Erstellung eines Innenbereichsgutachtens weder inhaltliche noch verfahrensrechtliche gesetzliche Vorschriften gibt, kann das Innenbereichsgutachten auch keine Rechtsverbindlichkeit nach außen, sprich für oder gegen den Bürger haben. Das bedeutet, dass ein Innenbereichsgutachten auch nicht rechtswidrig sein kann, denn dafür müsste es entweder inhaltlich oder vom Verfahren her gegen vorhandene gesetzliche Vorschriften verstoßen. Da das Innenbereichsgutachten keine Rechtsverbindlichkeit hat, hat auch der Bürger keine rechtlichen Möglichkeiten, sich z.B. in Form eines Widerspruchs oder einer Klage gegen das Gutachten zu wenden.


Das Innenbereichsgutachten soll in nachvollziehbarer Art und Weise erklären, wie viele Freiflächen sich in der Ortslage einer Gemeinde befinden, ob diese grundsätzlich bebaubar sind oder aber zwingende Ausschlussgründe vorliegen und wann diese Flächen für eine Bebauung zur Verfügung stehen. Diese Aussagen dienen der Landesplanungsbehörde bei der Beurteilung einer neu eingereichten Bauleitplanung zur Ausweisung eines Neubaugebietes auf der „grünen Wiese“. Wenn das Gutachten also nachvollziehbar zum Ergebnis kommt, dass in der Ortslage kurzfristig nicht mehr ausreichend Flächen für eine Wohnbebauung zur Verfügung stehen, dann wird die Landesplanungsbehörde diesbezüglich bestätigen, dass der Bebauungsplan für ein Neubaugebiet auf der „grünen Wiese“ den Vorschriften des Baugesetzbuchs und des Landesentwicklungsplans entspricht. Der Vollständigkeit halber soll dabei erwähnt werden, dass die Zustimmung der Landesplanung zu einem Bebauungsplan nicht ausschließlich von der Nachvollziehbarkeit des Innenbereichsgutachtens abhängt, sondern dass es dazu weitere Voraussetzungen gibt, die von der Gemeinde einzuhalten sind (Anzahl der geplanten Wohneinheiten, Bebauungsdichte, Anzahl Vollgeschosse etc.).

 

2.    Wenn das vorliegende Innenbereichsgutachten zum Ergebnis kommt, dass in der Ortslage nicht mehr ausreichend Bauflächen für eine kurzfristige wohnbauliche Entwicklung vorhanden sind, kann die Gemeinde also einen Bebauungsplan auf der „grünen Wiese“ zur Ausweisung eines Neubaugebietes aufstellen. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes ist im Gegensatz zur Erstellung eines Innenbereichsgutachtens im Baugesetzbuch exakt vorgeschrieben. In der Gemeinde Lutterbek muss mit der Aufstellung des Bebauungsplanes auch der Flächennutzungsplan geändert werden, u.a. weil in diesem Plan die Fläche noch als landwirtschaftliche Nutzfläche dargestellt ist. Das Verfahren zur Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen ist identisch, sodass beide Pläne im sogenannten Parallelverfahren aufgestellt werden können. Im Weiteren wird daher nur Bezug auf den Bebauungsplan genommen. Nach der formellen Einleitung des Planverfahrens für die Aufstellung eines Bebauungsplanes muss die Gemeinde gemäß § 3 Absatz 1 Baugesetzbuch eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durchführen, in der den Bürgerinnen und Bürgern das Planungsziel erläutert wird. Den Bürgerinnen und Bürgern ist dabei Gelegenheit zu geben, sich zu der Planung zu äußern. Alternativ kann der Entwurf des Bebauungsplanes z.B. auch für die Dauer einer Woche öffentlich ausgelegt werden. Dann haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Plan einzusehen und sie können Anregungen zu der Planung schriftlich oder zur Niederschrift vortragen. Auch die Behörden sind gemäß § 4 Absatz 1 Baugesetzbuch vorzeitig an der Planung zu beteiligen und auch sie haben die Möglichkeit, sich zu der Planung zu äußern. Die im Rahmen dieser vorzeitigen Beteiligung vorgetragenen Anregungen muss die Gemeinde prüfen und sie muss spätestens zum Ende des Planverfahrens eine formelle Abwägung zu den schriftlich vorgetragenen Anregungen vornehmen.


Im weiteren Verfahren muss die Gemeindevertretung den Bebauungsplan einschließlich der Begründung und etwaiger Gutachten im Entwurf beschließen und diesen zur Offenlegung bestimmen. Die Planunterlagen sind dann gemäß § 3 Absatz 2 Baugesetzbuch nochmals für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Die Bürgerinnen und Bürger haben dann nochmals Gelegenheit, die Planunterlagen einzusehen und Anregungen dazu vorzutragen. Das Gleiche gilt für die Behörden. Am Ende des Planverfahrens muss die Gemeinde dann die Abwägung der vorgetragenen Anregungen vornehmen und den Bebauungsplan als Satzung beschließen. Der Flächennutzungsplan muss nach dem endgültigen Beschluss dem Innenministerium zur Prüfung und Genehmigung eingereicht werden. Durch die Bekanntmachung des Beschlusses über den Bebauungsplan bzw. der Genehmigung des Flächennutzungsplanes werden diese Pläne rechtswirksam.


Das Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes und Bebauungsplanes ist im Baugesetzbuch also exakt vorgeschrieben mit der Konsequenz, dass die Bürgerinnen und Bürger im vorbeschriebenen Verfahren mindestens zwei Mal die Möglichkeit haben, sich die Planunterlagen erläutern zu lassen bzw. sie einzusehen und Anregungen dazu abzugeben. Die Gemeinde muss die vorgetragenen Anregungen der Öffentlichkeit und der Behörden gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch gerecht gegeneinander und untereinander abwägen. Das Ergebnis der Abwägung ist schriftlich mitzuteilen.


Nach Rechtskraft des Bebauungsplanes haben die Bürgerinnen und Bürger, die zu der Auffassung gelangen, dass die Gemeinde ihre Anregungen nicht korrekt abgewogen hat, die Möglichkeit, den Bebauungsplan durch Einleitung eines Normenkontrollverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig anzugreifen. Voraussetzung für die Einreichung einer Normenkontrollklage ist, dass die Bürgerin bzw. der Bürger Anregungen im Rahmen des Planverfahrens vorgetragen hat und dass er eine Betroffenheit nachweisen kann. Im Gegensatz zum Innenbereichsgutachten ist also ein Bebauungsplan verwaltungsgerichtlich überprüfbar.

 

3.    Die im Innenbereichsgutachten in der Ortslage dargestellten unbebauten Flächen, die sich von der Bewertung her für eine Wohnbebauung eignen, können nur dann auch tatsächlich einer Bebauung zugeführt werden, wenn der Grundstückseigentümer oder Bauherr einen entsprechenden Bauantrag oder zuvor eine Bauvoranfrage bei der Bauaufsicht des Kreises Plön einreicht und diese eine Baugenehmigung bzw. vorab einen positiven Bauvorbescheid erteilt. Die Bauaufsicht des Kreises Plön ist  ausschließlich für die Prüfung des vorgelegten Antrages zuständig und dieser wird ausschließlich gemäß den Vorschriften des Baugesetzbuchs, der Landesbauordnung und ggf. weiterer Spezialgesetze entsprechend beurteilt. Das Innenbereichsgutachten oder auch die Aufstellung eines Bebauungsplanes spielen bei der Beurteilung des eingereichten Bauantrags keine Rolle. Das heißt, auch wenn die Gemeinde den im Landesentwicklungsplan festgelegten Wohnbauentwicklungsrahmen bereits erreicht oder gar überschritten hat, so ist das bei der Beurteilung eines Bauantrags ohne Bedeutung. Wenn ein Bauantrag für ein Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (z.B. Horsenkrog oder Wiesenhof) eingereicht wird, so hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Bebauung, wenn er die Festsetzungen des Bebauungsplanes einhält. Wenn ein Bauantrag für ein Grundstück eingereicht wird, dass sich in der geschlossenen Ortslage befindet, aber außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes liegt, erfolgt die Beurteilung des Bauantrags gemäß § 34 Baugesetzbuch. Danach ist ganz grob ausgedrückt ein Bauvorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise und der überbaubaren Fläche in die Bebauung der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Soweit diese Voraussetzungen eingehalten werden, besteht auch hier ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung völlig unabhängig von dem Innenbereichsgutachten und der Aufstellung eines Bebauungsplanes.

 

 

Soweit sich zu den vorstehenden Ausführungen noch Fragen ergeben, wird gebeten, diese möglichst rechtzeitig vor der Sitzung telefonisch unter der Durchwahl 04344-3061401 oder per Mail an wolfgang.griesbach@amt-probstei.de zu richten. Die Antworten erfolgen dann direkt per Telefon oder Mail oder aber in der Sitzung zu diesem Tagesordnungspunkt.      

 

Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis. Herr Timm bedankt sich ausdrücklich bei Herrn Griesbach für die sehr präzise und gute Ausarbeitung.