Sitzung: 18.01.2018 Hauptausschuss (bis 19.04.2019)
Sachverhalt:
Diese Informationsvorlage soll den Mitgliedern des Hauptausschusses sowie
der Gemeindevertretung noch einmal die rechtlichen Hintergründe zur Erstellung
des Innenbereichsgutachtens, zur Aufstellung der 2. Änderung des
Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 4 zur
Ausweisung eines Neubaugebietes und zur Beurteilung eines Bauantrags bzw. einer
Bauvoranfrage aufzeigen.
1.
Die
Gemeindevertretung Lutterbek hat in der Sitzung am 03.12.2015 den
Grundsatzbeschluss gefasst, ein Innenbereichsgutachten erstellen zu lassen.
Nach der Auftragsvergabe an das Planungsbüro B2K in Kiel wurde das Gutachten
erstellt und anschließend den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Lutterbek im
Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und den wichtigsten
Behörden zur Abgabe einer Stellungnahme zugesandt. Einige Grundstückseigentümer
wurden direkt angeschrieben und u.a. befragt, ob sie kurz-, mittel- oder
langfristig beabsichtigen, ihre Freiflächen für eine zusätzliche Wohnbebauung
zu nutzen oder für eine Wohnbebauung zu veräußern. Die vorgetragenen Anregungen
von den Bürgerinnen und Bürgern sowie von den Behörden wurden weitgehend in das
Gutachten eingearbeitet. Sehr wohl wurden jedoch auch Anregungen
zurückgewiesen. Weiter wurde insbesondere aufgrund der Anregungen der Behörden
ein Gespräch mit Vertretern des Innenministeriums, der Landesplanungsbehörde
und des Kreises Plön geführt. Im Ergebnis wurde der Gemeinde in Aussicht
gestellt, ein kleines Wohnbaugebiet am Ortsrand auszuweisen, weil in der
Ortslage keine ausreichenden Bauflächen mehr vorhanden sind bzw. nicht absehbar
ist, wann die in der Ortslage befindlichen Flächen für eine Wohnbebauung
genutzt werden können. Das abschließende Innenbereichsgutachten wurde den
Bürgerinnen und Bürgern nochmals vorgestellt und dann in der Sitzung der Gemeindevertretung
am 13.09.2017 einstimmig beschlossen.
Gemäß § 1 Absatz 5 Baugesetzbuch sowie gemäß dem Landesentwicklungsplan des
Landes Schleswig-Holstein soll die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden
vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen. Das bedeutet, dass die
Gemeinden vor der Ausweisung eines Neubaugebietes auf der „grünen Wiese“ prüfen
sollen, ob es Möglichkeiten gibt, ausreichend unbebaute Flächen in der Ortslage
für eine Wohnbebauung zu entwickeln. Das Gesetz schreibt jedoch nicht vor, wie
diese Prüfung vorzunehmen ist. Es gibt also keine formellen oder materiellen
Vorschriften über ein einzuhaltendes Verfahren oder aber den Inhalt der Prüfung. Im Laufe der Jahre hat sich für
diese Prüfung der Begriff „Innenbereichsgutachten“ verfestigt. Es handelt sich
dabei aber nicht um ein klassisches Gutachten, das inhaltlich auf einer
gesetzlichen Grundlage basiert und dementsprechend eindeutig in jedem Punkt
nachvollziehbar ist (Lärmschutzgutachten nach Dezibelwerten, Verkehrsgutachten
nach Verkehrszählung, Immissionsgutachten nach Anzahl von Schweinen etc.),
sondern um eine Untersuchung und Bewertung von nicht bebauten Flächen, die sich
in der Ortslage befinden. Beim Innenbereichsgutachten ist weder die Bewertung
der Flächen verbindlich noch die Aussage des Grundstückseigentümers, ob und
wann er seine Flächen zu bebauen oder zu veräußern gedenkt. Über das
Innenbereichsgutachten soll lediglich ermittelt werden, ob es noch Freiflächen
in der Ortslage gibt, ob der Grundstückseigentümer bereit ist, diese
kurzfristig zu bebauen bzw. für eine Bebauung zu veräußern und ob es zwingende
Gründe gibt, die einer Bebauung entgegenstehen. Eine rechtsverbindliche
Prüfung, ob eine Fläche in der Ortslage mit einem Wohnhaus bebaut werden kann,
wird ausschließlich vom Kreis Plön als zuständige Bauaufsichtsbehörde auf
Antrag des Grundstückseigentümers bzw. Bauherrn durchgeführt. Da es also für
die Erstellung eines Innenbereichsgutachtens weder inhaltliche noch
verfahrensrechtliche gesetzliche Vorschriften gibt, kann das
Innenbereichsgutachten auch keine Rechtsverbindlichkeit nach außen, sprich für
oder gegen den Bürger haben. Das bedeutet, dass ein Innenbereichsgutachten auch
nicht rechtswidrig sein kann, denn dafür müsste es entweder inhaltlich oder vom
Verfahren her gegen vorhandene gesetzliche Vorschriften verstoßen. Da das
Innenbereichsgutachten keine Rechtsverbindlichkeit hat, hat auch der Bürger
keine rechtlichen Möglichkeiten, sich z.B. in Form eines Widerspruchs oder
einer Klage gegen das Gutachten zu wenden.
Das Innenbereichsgutachten soll in nachvollziehbarer Art und Weise erklären,
wie viele Freiflächen sich in der Ortslage einer Gemeinde befinden, ob diese
grundsätzlich bebaubar sind oder aber zwingende Ausschlussgründe vorliegen und
wann diese Flächen für eine Bebauung zur Verfügung stehen. Diese Aussagen
dienen der Landesplanungsbehörde bei der Beurteilung einer neu eingereichten
Bauleitplanung zur Ausweisung eines Neubaugebietes auf der „grünen Wiese“. Wenn
das Gutachten also nachvollziehbar zum Ergebnis kommt, dass in der Ortslage
kurzfristig nicht mehr ausreichend Flächen für eine Wohnbebauung zur Verfügung
stehen, dann wird die Landesplanungsbehörde diesbezüglich bestätigen, dass der
Bebauungsplan für ein Neubaugebiet auf der „grünen Wiese“ den Vorschriften des
Baugesetzbuchs und des Landesentwicklungsplans entspricht. Der Vollständigkeit
halber soll dabei erwähnt werden, dass die Zustimmung der Landesplanung zu
einem Bebauungsplan nicht ausschließlich von der Nachvollziehbarkeit des
Innenbereichsgutachtens abhängt, sondern dass es dazu weitere Voraussetzungen
gibt, die von der Gemeinde einzuhalten sind (Anzahl der geplanten
Wohneinheiten, Bebauungsdichte, Anzahl Vollgeschosse etc.).
2.
Wenn das
vorliegende Innenbereichsgutachten zum Ergebnis kommt, dass in der Ortslage
nicht mehr ausreichend Bauflächen für eine kurzfristige wohnbauliche
Entwicklung vorhanden sind, kann die Gemeinde also einen Bebauungsplan auf der
„grünen Wiese“ zur Ausweisung eines Neubaugebietes aufstellen. Das Verfahren
zur Aufstellung eines Bebauungsplanes ist im Gegensatz zur Erstellung eines
Innenbereichsgutachtens im Baugesetzbuch exakt vorgeschrieben. In der Gemeinde
Lutterbek muss mit der Aufstellung des Bebauungsplanes auch der
Flächennutzungsplan geändert werden, u.a. weil in diesem Plan die Fläche noch
als landwirtschaftliche Nutzfläche dargestellt ist. Das Verfahren zur
Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen ist identisch, sodass
beide Pläne im sogenannten Parallelverfahren aufgestellt werden können. Im
Weiteren wird daher nur Bezug auf den Bebauungsplan genommen. Nach der
formellen Einleitung des Planverfahrens für die Aufstellung eines
Bebauungsplanes muss die Gemeinde gemäß § 3 Absatz 1 Baugesetzbuch eine
frühzeitige Bürgerbeteiligung durchführen, in der den Bürgerinnen und Bürgern
das Planungsziel erläutert wird. Den Bürgerinnen und Bürgern ist dabei
Gelegenheit zu geben, sich zu der Planung zu äußern. Alternativ kann der
Entwurf des Bebauungsplanes z.B. auch für die Dauer einer Woche öffentlich ausgelegt
werden. Dann haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, den Plan
einzusehen und sie können Anregungen zu der Planung schriftlich oder zur
Niederschrift vortragen. Auch die Behörden sind gemäß § 4 Absatz 1
Baugesetzbuch vorzeitig an der Planung zu beteiligen und auch sie haben die
Möglichkeit, sich zu der Planung zu äußern. Die im Rahmen dieser vorzeitigen
Beteiligung vorgetragenen Anregungen muss die Gemeinde prüfen und sie muss
spätestens zum Ende des Planverfahrens eine formelle Abwägung zu den
schriftlich vorgetragenen Anregungen vornehmen.
Im weiteren Verfahren muss die Gemeindevertretung den Bebauungsplan
einschließlich der Begründung und etwaiger Gutachten im Entwurf beschließen und
diesen zur Offenlegung bestimmen. Die Planunterlagen sind dann gemäß § 3 Absatz
2 Baugesetzbuch nochmals für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Die
Bürgerinnen und Bürger haben dann nochmals Gelegenheit, die Planunterlagen
einzusehen und Anregungen dazu vorzutragen. Das Gleiche gilt für die Behörden. Am
Ende des Planverfahrens muss die Gemeinde dann die Abwägung der vorgetragenen
Anregungen vornehmen und den Bebauungsplan als Satzung beschließen. Der
Flächennutzungsplan muss nach dem endgültigen Beschluss dem Innenministerium
zur Prüfung und Genehmigung eingereicht werden. Durch die Bekanntmachung des
Beschlusses über den Bebauungsplan bzw. der Genehmigung des
Flächennutzungsplanes werden diese Pläne rechtswirksam.
Das Verfahren zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes und Bebauungsplanes ist
im Baugesetzbuch also exakt vorgeschrieben mit der Konsequenz, dass die
Bürgerinnen und Bürger im vorbeschriebenen Verfahren mindestens zwei Mal die
Möglichkeit haben, sich die Planunterlagen erläutern zu lassen bzw. sie
einzusehen und Anregungen dazu abzugeben. Die Gemeinde muss die vorgetragenen
Anregungen der Öffentlichkeit und der Behörden gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
gerecht gegeneinander und untereinander abwägen. Das Ergebnis der Abwägung ist
schriftlich mitzuteilen.
Nach Rechtskraft des Bebauungsplanes haben die Bürgerinnen und Bürger, die zu
der Auffassung gelangen, dass die Gemeinde ihre Anregungen nicht korrekt
abgewogen hat, die Möglichkeit, den Bebauungsplan durch Einleitung eines
Normenkontrollverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig anzugreifen.
Voraussetzung für die Einreichung einer Normenkontrollklage ist, dass die
Bürgerin bzw. der Bürger Anregungen im Rahmen des Planverfahrens vorgetragen
hat und dass er eine Betroffenheit nachweisen kann. Im Gegensatz zum
Innenbereichsgutachten ist also ein Bebauungsplan verwaltungsgerichtlich
überprüfbar.
3.
Die im
Innenbereichsgutachten in der Ortslage dargestellten unbebauten Flächen, die
sich von der Bewertung her für eine Wohnbebauung eignen, können nur dann auch
tatsächlich einer Bebauung zugeführt werden, wenn der Grundstückseigentümer
oder Bauherr einen entsprechenden Bauantrag oder zuvor eine Bauvoranfrage bei
der Bauaufsicht des Kreises Plön einreicht und diese eine Baugenehmigung bzw.
vorab einen positiven Bauvorbescheid erteilt. Die Bauaufsicht des Kreises Plön
ist ausschließlich für die Prüfung des
vorgelegten Antrages zuständig und dieser wird ausschließlich gemäß den
Vorschriften des Baugesetzbuchs, der Landesbauordnung und ggf. weiterer Spezialgesetze
entsprechend beurteilt. Das Innenbereichsgutachten oder auch die Aufstellung
eines Bebauungsplanes spielen bei der Beurteilung des eingereichten Bauantrags
keine Rolle. Das heißt, auch wenn die Gemeinde den im Landesentwicklungsplan
festgelegten Wohnbauentwicklungsrahmen bereits erreicht oder gar überschritten
hat, so ist das bei der Beurteilung eines Bauantrags ohne Bedeutung. Wenn ein
Bauantrag für ein Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (z.B.
Horsenkrog oder Wiesenhof) eingereicht wird, so hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch
auf die Bebauung, wenn er die Festsetzungen des Bebauungsplanes einhält. Wenn
ein Bauantrag für ein Grundstück eingereicht wird, dass sich in der
geschlossenen Ortslage befindet, aber außerhalb des Geltungsbereichs eines
Bebauungsplanes liegt, erfolgt die Beurteilung des Bauantrags gemäß § 34
Baugesetzbuch. Danach ist ganz grob ausgedrückt ein Bauvorhaben zulässig, wenn
es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise und der
überbaubaren Fläche in die Bebauung der näheren Umgebung einfügt und die
Erschließung gesichert ist. Soweit diese Voraussetzungen eingehalten werden,
besteht auch hier ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung
völlig unabhängig von dem Innenbereichsgutachten und der Aufstellung eines Bebauungsplanes.
Soweit sich zu den vorstehenden Ausführungen noch Fragen ergeben, wird
gebeten, diese möglichst rechtzeitig vor der Sitzung telefonisch unter der
Durchwahl 04344-3061401 oder per Mail an wolfgang.griesbach@amt-probstei.de zu richten. Die
Antworten erfolgen dann direkt per Telefon oder Mail oder aber in der Sitzung
zu diesem Tagesordnungspunkt.
Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis. Herr Timm bedankt sich
ausdrücklich bei Herrn Griesbach für die sehr präzise und gute Ausarbeitung.