Sitzung: 19.06.2017 Gemeindevertretung
Vorlage: KRUMM/BV/023/2017
Beschluss:
1.
Die Gemeinde nimmt als Trägerin öffentlicher Belange im Rahmen des Verfahrens
zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes zur Windenergienutzung und
zur Aufstellung der Teilregionalpläne Wind für den Planungsraum II gemäß der
„Zusammenfassenden Betrachtung für die Gemeinden Bendfeld, Krummbek, Passade
Stoltenberg, Fargau-Pratjau, Schwartbuck und Höhndorf“ von Guntram Blank,
Architekturbüro für Stadtplanung, mit der Maßgabe Stellung, dass Ergänzungen zu
den potenziellen Beeinträchtigungsbereichen im 3 km Radius um Seeadlerhorste
außerhalb des Dichtezentrums (Nr. 2.5.2.22 des gesamträumlichen
Planungskonzeptes) im Sinne dieser Verwaltungsvorlage vorgenommen werden und
trägt zusätzlich wie folgt vor:
a) Umfassungswirkung
auf Krummbek
In Abbildung 3
fehlt der Belastungskorrridor von 2 bestehenden Anlagen, die sich im
Betrachtungsraum von Krummbek befinden. Dies ist zu ergänzen.
b) Siedlungsentwicklung
„Ein Konflikt zwischen der Vorrangfläche PLO_
001 und der Siedlungsentwicklung der Gemeinde ist möglich."
Die
Windvorrangfläche PLO-001 beeinträchtigt und verhindert die wohnbauliche
Entwicklung des Ortes in Richtung Bendfeld und Stakendorf.
Die angrenzenden
Flächen der Wohngebiete (Paul-Jäger-Siedlung in Richtung Stakendorf und
Schatzkammerweg Richtung Bendfeld) sind
die einzigen Erweiterungsmöglichkeiten des Ortes, da in den anderen Richtungen
bestehende landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung eine wohnbauliche
Entwicklung nicht möglich machen.
c) Vogelzug (zum Unterpunkt Riegelbildung)
Die Flächen PLO-001 und PLO-006
stören den Vogelzug von und zum Selenter See. Die Flächen liegen in der
direkten Fluglinie von den Salzwiesengebieten in Ostseenähe (zwischen
Stakendorf und Wendtorf/Stein) und dem Selenter See. Dadurch wird eine
Riegelwirkung geschaffen, die naturschutzfachlich nicht zu vertreten ist (vgl.
Abwägungsentscheidung zum Regionalplan 2012 [Stand 24.04.2012, S. 597]). Auch
in den Hinweisen des Kreises Plön wird auf die Riegelwirkung hingewiesen.
In diesem Zusammenhang wird auf den Entwurf der Teilfortschreibung
verwiesen (vgl. Umweltbericht im Band 1, Abschnitt 3.3.1, S. 26 „Flächenkulisse
Natura 2000-Gebiete“ und Abschnitt 3.3.3, S. 35 „Flächenkulisse Großvögel“. Das
Seeadlervorkommen in der Probstei wird nicht dargestellt). Es wird auf folgende
Tatsachen hingewiesen:
Die Probstei ist eine Hauptachse für den Vogelzug.
Starker Vogelzug zeigt sich auch in der von Anfang November 2016 bis
April/Mai 2017 aufgetretenen Geflügelpest bei Wildvögeln in diesem Gebiet,
welche die Einrichtung eines Sperrbezirks und eines Beobachtungsgebiets mit
Anordnung der Stallpflicht (Dauer über 6 Monate) zur Folge hatte.
Die Waldgebiete sind für Großvögel relevant (Seeadler, Graureiher,
Milan,...), ganz besonders im waldarmen Küstengebiet.
Es bestehen Vorkommen von Seeadler (Seeadlerhorst bei Legbank), Rotmilan,
Graureiher, Kranich,...)
d) Tourismus
In diesem Zusammenhang wird auf den Entwurf der Teilfortschreibung
verwiesen (vgl. Umweltbericht im Band 1, Abschnitt 3.2.2, S. 23 f. „Erholung
und Tourismus“).
Hier fehlt die Darstellung der Probstei als Schwerpunktraum für Tourismus
und Erholung. Dies widerspricht dem Gutachten vom Institut für Tourismus- und
Bäderforschung in Nordeuropa GmbH NIT über die wirtschaftliche Bedeutung des
Tourismus im Vereinsgebiet des Tourismusverbandes Probstei e.V. (TVP) vom
3.6.2016 (Ergebnisse für das Jahr 2015) ohne Laboe und Schönberg.
Die Wertschöpfungsanalyse belegt die hohe wirtschaftliche Bedeutung des
Tourismus für die gesamte Probstei
(s. Gutachten).
In der Gemeinde Krummbek befindet
sich ein Hotel mit über 70 Betten und weitere qualifizierte Angebote bei
privaten Vermietern von Ferienwohnungen. Tourismus hat gerade auch für Krummbek
eine erhebliche Bedeutung.
¾ Touristische Attraktionen
im gesamten Gebiet der Probstei: Verein TVP
¾ Natur erleben (Meer,
Seen, Knicklandschaft, Salzwiesenbiotop,...)
geführte Radtouren, Probsteier Korntage, Strohfiguren, ...
¾ Auf den geplanten
Windvorrangflächen auf einem Höhenzug von Passade bis Schmoel (und Köhn) können
somit sehr viele WEA stehen, die alle weithin sichtbar das Erscheinungsbild
dominieren.
e) Abstandsregelung
Die Abstandsregelung
sollte in Abhängigkeit von der Höhe der
WEA betrachtet werden. Die
Umfassungswirkung wird auf der Grundlage der 15-fachen Anlagenhöhe einer
Referenzanlage von ca. 150 m betrachtet. (Betrachtungsraum von 2.250m um den
Siedlungs-Schwerpunkt).
In der
vorgelegten Landesplanung ist jedoch keine Höhenbegrenzung der WEA vorgesehen.
Bei höheren Anlagen müsste entsprechend der Betrachtungsraum vergrößert werden,
die Umfassungswirkung ändert sich somit maßgeblich für die Gemeinde Krummbek.
f) Netzkapazität
Fragen der Netzkapazität haben im bisherigen Verlauf des
Verfahrens keine Berücksichtigung gefunden. Angesichts der Größenordnung des
geplanten Zubaus an Windkraftanlagen im nördlichen Bereich des Kreises Plön ist
davon auszugehen, dass die bestehende 110kV-Leitung nicht in der Lage sein
wird, den erzeugten Strom abzutransportieren. Schon jetzt müssen wegen
mangelnder Netzkapazitäten die bestehenden Anlagen regelmäßig vom Netz genommen
werden.
Erweist sich aber in der Folge
der derzeitigen Windkraftplanungen, der Bau einer 380kV-Leitung als notwendig,
so entstehen weitere Konflikte, die zu einer erheblichen Verstärkung der
Störwirkung führen.
Laut des vom Nabu in Auftrag
gegebenen Gutachten „Vogel-Kollisionsopfer an Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen
in Deutschland – eine Abschätzung“ aus dem Jahre 2017 sterben in Deutschland
jedes Jahr 1 bis 1,8 Millionen Brutvögel und 500.000 bis 1 Million Rastvögel
durch Kollisionen an Stromübertragungsleitungen. Vor allem Großvögel wie
Kraniche, Störche sowie Schwäne und fast alle anderen Wasservögel sind danach
betroffen. Angesichts der
besonderen Verantwortung der Probstei für den Vogelzug wäre eine solche
beträchtliche Risikoerhöhung nicht vertretbar. Dieses
Risiko vermag auch nicht entscheidend durch eine entsprechende Markierung von
Freileitungen abgemildert werden, da ein erheblicher Teil des Vogelzuges nachts
stattfindet. Zudem sind Freispannungsleitungen und Strommasten eine bedeutsame
Todesursache auch für Seeadler[1],
die in diesem Bereich in besonderer Häufigkeit vorkommen und demgemäß besonders
gefährdet sind.
Schließlich würde durch eine Höchstspannungsleitung
auch eine weitere erhebliche Störwirkung auf das Landschaftsbild entstehen und
damit der Tourismus sowie die Naherholungsfunktion in diesem Bereich zusätzlich
beeinträchtigt werden.
Zusammenfassend
ist daher Folgendes festzustellen:
Die Gemeinde Krummbek stimmt der Vorrangfläche PLO_001 nicht zu, weil
-
gewichtige Bedenken aus Sicht des
Artenschutzes bestehen, insbesondere im Hinblick auf bedeutsame Nahrungsflächen
und Vogelflugkorridore für Gänse und Schwäne, umfangreiche Vorkommen von
Großvögeln und die Bedeutung für den überregionalen Vogelzug,
-
die Siedlungsentwicklung von Krummbek nicht hinreichend berücksichtigt
wird,
-
der Zielkonflikt zwischen Tourismus und Windenergie nicht angemessen berücksichtigt wird,
-
die Messung der Immissionen von Windkraftanlagen nicht nach dem aktuellen
Stand von Wissenschaft und Forschung erfolgt und damit auch gesundheitliche
Risiken durch Windkraftanlagen in den geplanten Abständen nicht hinreichend
bedacht werden,
- Fragen der Wirtschaftlichkeit (Netzkapazität, Höhenbeschränkungen aus baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Gründen) nicht bedacht werden.
Die Gemeinde Krummbek stimmt der Vorrangfläche PLO_006 nicht
zu, weil
-
gewichtige Bedenken aus Sicht des
Artenschutzes bestehen, insbesondere im Hinblick auf bedeutsame
Nahrungsflächen, Vogelflugkorridore für Gänse und Schwäne, umfangreiche
Vorkommen von Großvögeln und die Bedeutung für den überregionalen Vogelzug,
-
der Zielkonflikt zwischen Tourismus und Windenergie nicht angemessen berücksichtigt wird,
-
die Messung der Immissionen von Windkraftanlagen nicht nach dem aktuellen
Stand von Wissenschaft und Forschung erfolgt und damit auch gesundheitliche
Risiken durch Windkraftanlagen in den geplanten Abständen nicht hinreichend
bedacht werden,
- Fragen der Wirtschaftlichkeit (Netzkapazität, Höhenbeschränkungen aus baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Gründen) nicht bedacht werden,
- die Zumutbarkeit im Hinblick auf bereits für die Allgemeinheit übernommene Lasten nicht bedacht werden (4 vorhandene WEA).
2. Die Amtsverwaltung wird gebeten, der Landesplanungsbehörde die
raumordnungsrechtliche Stellungnahme zur Kenntnis zu geben.
[1] Vgl. dazu Struwe-Juhl, Latendorf, Todesursachen von Seeadlern in Schleswig-Holstein 1997 – 2011.
Zu diesem TOP ist der 1. stellv. Bürgermeister Finck-Stoltenberg befangen und verlässt den Raum.
Die Bürgermeisterin erläutert ausführlich die Vorlage und gibt bekannt, dass eine Stellungnahme dieser umfangreichen Landesplanung ohne fachliche Bewertung eines Fachbüros nicht sinnvoll ist. Daher fiel die Auswahl auf das Büro Jänicke und Blank.
Sie verteilt noch als zusätzlichen Punkt für die Beschlussvorlage den Punkt Netzkapazität, der als Buchstabe „f“ aufgeführt wird sowie die Zusammenfassende Bewertung durch die Gemeinde, die ebenfalls Bestandteil des Beschlussvorlage sein soll.
Frau Vöge-Lesky sowie Frau Bähnck haben an Informationsveranstaltungen zur Landesentwicklungsplanung in Sachen Windenergie von Seiten der Landesplanungsbehörden, des Kreises Plön sowie der Amtsverwaltung teilgenommen.
Ebenfalls wurde an alle Haushalte ein Informationsschreiben verteilt und in der letzten Umwelt- und Bauausschusssitzung wurde dieses Thema intensiv behandelt sowie Beschlussempfehlungen verfasst.
Am 07.06.2017 hat das Planungsbüro für alle Einwohner eine Infoveranstaltung durchgeführt.
Stimmberechtigte: |
7 |
||
Ja-Stimmen: 7 |
Nein-Stimmen: 0 |
Enthaltungen: 0 |
Befangen: 0 |
Der 1. Stellv. Bürgermeister
Finck-Stoltenberg betritt wieder den Raum.