Sitzung: 23.05.2016 Beirat für Natur und Umwelt
Der GUV Selenter See beabsichtigt, in
2017 das Wehr in Probsteierhagen wieder für Fische und Makrozoobenthos
durchgängig zu gestalten. Angela Maaß gibt einen Überblick über die Thematik: Zu
den elementaren Grundbedürfnissen von Fischen zählt das Wanderverhalten von den
Meeren zu den Quellen von Bachläufen (z.B. Lachs, Forelle, Stör) oder auch
umgekehrt (z.B. Aale). Außerdem führen auch die anderen einheimischen Fischarten
sowie im Wasser lebende wirbellose Organismen Ortswechsel innerhalb der
Fließgewässer durch. Wehre und Sohlenabstürze bilden dabei unüberwindbare
Hindernisse für die Fische und anderen Organismen in den Fließgewässern. Der
Bau einer naturnahen Sohlgleite kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage
(Boden-, Grundwasserverhältnisse, mögliche Schäden an Bauwerken). Es bleibt
daher nur eine technische Lösung. Technische Fischaufstiegsanlagen sind z.B. Beckenpass / Schlitzpass, Mäanderfischpass,
Borstenfischpass, Denil-Pass (kann aber nur von Fischen durchschwommen werden)
oder auch Fischaufzüge (dies nur zur Vollständigkeit). Da technische
Fischaufstiegsanlagen nur einen Teil des Gewässerquerschnittes neben dem Wehr
als Durchgang für Fische bieten, ist es wichtig, dass sie auch von den Fischen
gefunden werden. Die Fische orientieren sich bei ihrer Wanderung an den
Strömungsverhältnissen im Gewässer, das heißt, dass sie beim Abwandern immer
der stärkeren Strömung am Prallhang folgen und beim Aufwandern eine Lockströmung
zum Fischpass hin benötigen, damit sie nicht der stärkeren Strömung zum Wehr
folgen und dort nicht weiter können. Außerdem muss die Wassertiefe im Fischpass
genügend tief sein, die Fließgeschwindigkeit darf nicht zu groß sein und es
müssen Ruhezonen für nicht so schwimmstarke Fische vorhanden sein. Für die
Wanderung vom Makrozoobenthos ist eine raue Sohlstruktur wichtig. Alle
genannten Fischaufstiegsanlagen mit Ausnahme des Denil-Passes und des Fischaufzugs
erfüllen diese Voraussetzungen, wenn sie richtig berechnet und gebaut werden.
Der Mäanderfischpass benötigt allerdings eine gewisse Gewässerbreite und kann
deshalb hier sicherlich nicht eingebaut werden. Der Borstenfischpass hätte noch
den Vorteil, dass er von Kanuten überfahren werden könnte, er braucht aber zum
Abbau des Gefälles eine entsprechende Länge, um keine zu große
Fließgeschwindigkeit zu haben. Zum Thema einer möglichen Wasserkraftnutzung ist
zu sagen, zum Beispiel das Wasserkraftwerk an der Schwentinemündung im
Optimalfall 0,6 MW (200 Haushalte) bei einem Abfluss von 8 m3/s und einer
Fallhöhe von 1,70m liefert. In Probsteierhagen wäre die Leistung um ein Vielfaches
geringer, da die Hagener Au keine so große Abflussleistung hat. Die
Mindestwasserführung in der Fischaufstiegsanlage reduziert das „nutzbare“
Wasser noch weiter. Beim Abwandern der Fische kann es zu großen Schäden kommen,
wenn sie in die Turbine geraten. Deshalb müssen Rechen vor den Einlauf in die
Turbine mit einem Stababstand von 10 mm gebaut werden, was den Abfluss noch
weiter reduziert. Selbst mit diesen Rechen kann nicht verhindert werden, dass
junge abwandernde Fische in die Turbine geraten und dort verletzt oder getötet
werden. Angesichts der zu erwartenden geringen Energieleistung einer
Wasserkraftanlage an dieser Stelle könnte der ökologische Schaden den
Energieertrag übersteigen.