Sitzung: 30.03.2012 Einwohnerversammlung
Im
Anschluss übergibt der Bürgermeister das Wort an Herrn Jänicke, der im Rahmen
einer Präsentation vorträgt, welches städtebauliche Bild die Finnenhaussiedlung
aktuell hat und welche städtebauliche Konzeption für die Aufstellung des in
Rede stehenden Bebauungsplanes zukünftig Verwendung finden könnte. Er erläutert
dabei im Rahmen eines historischen Abrisses die Entwicklung der
Finnenhaussiedlung in Schönberg sowie von vergleichbaren Siedlungen im
Bundesgebiet. Seine Ausführungen unterlegt Herr Jänicke mit einer Präsentation,
deren Inhalt dieser Niederschrift als Anlage beigefügt ist.
Im
Anschluss an den Vortrag des Herrn Jänicke bittet der Bürgermeister um
Wortmeldungen aus dem Publikum. Folgende Wortmeldungen liegen vor:
Kossow, Andreas
Der
Einwohner wirft die Frage nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des
Fertigens von Fotos aus der Siedlung auf, da diese Fotos u. a. die Kennzeichen
der in der Siedlung geparkten Kraftfahrzeuge darstellen.
Dr.
Becker erläutert, dass das Fertigen von Aufnahmen aus dem öffentlichen Raum
ohne Einschränkungen zulässig sei.
Engler, Jens
Der
Einwohner übergibt eine Unterschriftenliste, auf der ca. 300 Einwohner
unterzeichnet haben und sich dagegen aussprechen, dass überhaupt ein Verfahren
zur Aufstellung eines Bebauungsplanes durchgeführt wird.
Der
Bürgermeister nimmt die Unterschriftenliste entgegen und legt noch einmal dar,
dass die heutige Veranstaltung dazu diene, Anregungen und Bedenken aus der
Einwohnerschaft aufzunehmen. Es bestünde daher auch die Möglichkeit, dass die
Gemeinde sich entschließt einen Bebauungsplan überhaupt nicht aufzustellen. Er
stellt klar, dass es nicht darum gehe, die Finnenhaussiedlung in ein Museum
umzuwandeln. Vor diesem Hintergrund hatte sich die Gemeinde vor einiger Zeit
auch gegen den Erlass einer Erhaltungssatzung im Sinne des § 172 BauGB
ausgesprochen. Es sei aber durchaus zu erwägen, nun einen Bebauungsplan
aufzustellen, der nur ein Mindestmaß an Regelungen vorsehe.
Fiebiger, Thorsten
Der
Einwohner fragt, ob der Bestandsschutz auch für ungenehmigte Anbauten gelte und
wie lange ein solcher Bestandsschutz überhaupt gelten kann.
Dr.
Becker erläutert, dass der Bestandsschutz grundsätzlich nur für formell
genehmigte Vorhaben gilt, aber nach den neuesten Entwicklungen in der
Rechtsprechung auch für Vorhaben gilt, die irgendwann einmal genehmigungsfähig
gewesen wären.
Der
Bestandsschutz gilt bis zum Abgang des Bestandes. Daraus folgt, dass z. B. für
ein nun blau gedecktes Dach, das neu eingedeckt werden soll, und diese
Dachziegel nicht mehr zulässig sind, kein Bestandsschutz mehr gilt, da der
Bestand insoweit abgängig sei.
Der
Fragesteller ergänzt seinen Vortrag und will wissen, warum in der
Finnenhaussiedlung so hohe Anforderungen an die bauliche Gestaltung gestellt
werden, obwohl in anderen Gebieten Lockerungen für den Investor diskutiert
werden (Baugebiet Strandstraße).
Der
Bürgermeister legt dar, dass bisher keinerlei Festsetzungen oder
Vorfestlegungen getroffen worden seien. Es sei lediglich eine
Veränderungssperre erlassen worden, die dazu dient, mögliche Planungen
abzusichern, und die befristet sei.
Der
Fragesteller legt dar, dass er mit vier Personen auf einer Wohnfläche von 75 m²
leben müsse. Selbst einem Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende sei mehr Wohnfläche zuzugestehen. Die Veränderungssperre
behindere ihn dabei, familiengerechten Wohnraum zu schaffen.
Asmus, Stefanie
Die
Fragestellerin ist der Auffassung, dass die Finnenhaussiedlung 70 Jahre lang
ohne Bebauungsplan ausgekommen sei. Warum soll ausgerechnet jetzt eine
Aufstellung erfolgen?
Herr
Schäfer antwortet, dass sich jegliches Baurecht im betroffenen Plangebiet z. Z.
nach § 34 BauGB richte. Daher sei nur zu prüfen, ob sich ein beabsichtigtes
Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der
Grundstücksfläche die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren
Umgebung einfügt. Die Vorschrift lässt es dagegen nicht zu, auch gestalterisch
zu lenken. Die Gemeinde habe mit ihrer Planungsabsicht deutlich gemacht, dass
sie das positive Erscheinungsbild und den positiven Nutzwert der Siedlung
insgesamt erhalten will. Der Planungsansatz der Gemeinde geht daher davon aus,
die Zukunftssicherung der gesamten Siedlung sicherzustellen.
Die
Fragestellerin wirft darüber hinaus die Frage auf, wo denn die
Finnenhaussiedlung noch in ihrer ursprünglichen Gestalt vorhanden sei.
Der
Bürgermeister entgegnet, dass sich dies insbesondere bei den Dachformen und der
Geschossigkeit so darstelle. Darüber hinaus legt er dar, dass der Bebauungsplan
auch im Hinblick auf den fraglos stattfindenden demographischen Wandel und sich
verändernde familiäre Verhältnisse Rechtsansprüche für eine Bebauung schaffen
solle. Das gibt den Eigentümern
Rechtssicherheit. Gestaltungsfestlegungen sind entgegen der landläufigen
Meinung noch nicht erfolgt.
Frau
Asmus beklagt, dass der Informationsfluss von der Gemeinde zu den betroffenen
Grundstückseigentümern suboptimal gewesen sei. Die offiziellen Bekanntmachungen
seien nur über den Probsteier Herold erfolgt.
Der
Bürgermeister entgegnet, dass die Aufstellung des Bebauungsplanes für die
Finnenhaussiedlung Beratungsgegenstand in einer Vielzahl von öffentlichen
Sitzungen war, die sowohl im Herold und in der KN angekündigt wurden und über
deren Verlauf es meistens Berichterstattungen in den Zeitungen gegeben habe.
Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, dass der Probsteier Herold so stark
verbreitet ist, dass eine entsprechende
Information erfolgen kann.
Kuschel, Ulla
Es
wird die Frage gestellt, welche Bebauung konkret auf einem noch leeren
Baugrundstück im Augenblick verwirklicht werden kann. Der Bürgermeister
verweist auf die Amtsverwaltung bzw. die untere Bauaufsichtsbehörde beim Kreis
Plön. Er weist darauf hin, dass ein Bebauungsplan Rechtssicherheit schaffen
würde. Würde das Gebiet überplant werden, würde ein einziger Blick in den
Bebauungsplan genügen um festzustellen, welches Bauvorhaben verwirklicht werden
kann.
Hudalla, Regina
Frau
Hudalla beklagt, dass der Bildvortrag von Herrn Jänicke bestimmte
„Skurrillitäten“ nicht beinhaltete. In der Finnenhaussiedlung würden bereits
eine Vielzahl von vollverklinkerten Bauten existieren, die nicht mehr
finnenhaustypisch seien. Sie legt dar, dass diese innerhalb der Siedlung
gewollt ist und dass die Grundstückseigentümer ihre Entscheidungsfreiheit in
allen Gestaltungsfragen behalten wollen.
Frau
Dr. Hunzinger ist dagegen der Meinung, dass die charakteristischen Grundzüge
der Finnenhaussiedlung noch erhalten sind. Sie stellt dar, dass die
Bebauungspläne in Neubaugebieten oftmals nur eine sehr geringe Regelungsdichte
aufweisen würden. Dies könne jedoch vielfach zu städtebaulichen Problemen
führen. Nach ihrer Auffassung liegt die Lösung in mehr Bürgerbeteiligung. Zudem
verweist sie auf die nach ihrer Ansicht sehr gelungene Finnenhaussiedlung in
der Stadt Preetz.
Lantau, Melanie
Frau
Lantau erklärt, dass ihre Freunde, die in der Preetzer Finnenhaussiedlung
leben, sich nicht mehr wohlfühlen würden, da dort zu viele Regelungen in
Gestaltungsfragen getroffen wurden. Durch den Erlass der Veränderungssperre
fühlt sie sich zu sehr eingeengt. Sie beklagt, dass noch keine endgültigen
Entscheidungen vorliegen, die die Errichtung eines Carports, eines Vorbaus am
Eingang oder die energetische Verbesserung eines Gebäudes betreffen. Sie und
viele andere in der Siedlung wünschen sich aber solche Bauten bzw. solche
Anbauten. Darüber hinaus ist die größtmögliche Ausnutzung des Grundstückes
gewünscht.
Der
Bürgermeister verweist nochmals darauf, dass bisher keinerlei Festsetzungen
getroffen wurden. Preetz sei darüber hinaus nicht das Maß für Schönberg. Das
Regelungswerk im Bebauungsplan müsse nicht engmaschig sein, sondern könne sehr
wohl auch einen großzügigen Rahmen schaffen.
Anonymus (Zwischenruf aus dem Publikum)
Gebt
die Planung auf und hört auf, unser Geld für den Planer zum Fenster
rauszuwerfen!
Der
Bürgermeister verweist darauf, dass die übergebene Unterschriftenliste den
Willen der Grundstückseigentümer sehr deutlich zum Ausdruck bringe. Dies werde
für die Gemeinde bei ihren weiteren Beratungen eine wichtige Rolle spielen.
Lamb, Lothar
Herr
Lamb beklagt, dass ihm eine Abrissverfügung zugegangen sei, da er von der
Veränderungssperre keine Kenntnis hatte.
Der
Bürgermeister verweist darauf, dass die Veränderungssperre ordnungsgemäß
veröffentlicht wurde. Er bietet Herrn Lamp an, die Angelegenheit in einem
persönlichen Gespräch zu klären.
Fiebiger, Thorsten
Herr
Fiebiger appelliert an die in der Gemeindevertretung vertretenen Fraktionen,
ihre Planungsabsichten zu überdenken und verweist auf ein Wahlprogramm, in dem
versprochen wurde, die Bauvorschriften zu lockern.
Kreuzer, Günther
Es
wird die Frage aufgeworden, ob die Verpflichtung zur Aufstellung eines
Bebauungsplanes bestehen würde oder ob nicht vielmehr nur der Arbeitsplatz
eines Mitarbeiters erhalten werden solle. Unter Hinweis auf die verschiedenen
Beschlüsse der Bundesregierung zum Atomausstieg stellt sich darüber hinaus die
Frage, wie lange ein solcher Bebauungsplan dann Geltung haben würde.
Herr
Schäfer verweist darauf, dass Planungsanlass § 1 Abs. 3 BauGB sei. Danach haben
die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Er weist nochmals
darauf hin, dass § 34 BauGB nicht geeignet ist, das Gebiet in der vorhandenen
Form zu erhalten. Darüber hinaus enthält die Vorschrift ein erhebliches nachbarliches
Konfliktpotential. Wenn nur „nein“ zur Planung gesagt wird, bedeutet dies im
Ergebnis den Verlust von Mitwirkungsrechten.
Asmus, Stefanie
Frau
Asmus bringt ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass der beauftragte Planer zu
viele Gestaltungsvorschläge unterbreitet, denen die Gemeindevertretung dann
folgt. Unter Verweis auf die Historie der Finnenhaussiedlung bittet sie, keine
Brauntöne für die Fassadengestaltung festzusetzen, da dies eine zu große
Erinnerung an die „Braune Zeit“ der Entstehung der Finnenhaussiedlung bedeuten
würde.
Kröger, Janine
Frau
Kröger stellt dar, dass sie und ihr Mann ein Grundstück im zukünftigen
B-Plan-Gebiet kaufen wollen. Sie richtet die Frage an den Bürgermeister, wie
dieser sich fühlen würde, wenn er von einer Veränderungssperre betroffen sei.
Zudem stellt sich ihr die Frage, ob eine neue Gemeindevertretung auch wieder
einen neuen B-Plan verabschieden würde.
Der
Bürgermeister verweist darauf, dass die beschlossenen Veränderungssperren Ende
2012 bzw. Anfang 2013 auslaufen würden. Sie könnten im Normalfall um ein Jahr
verlängert werden. Weiterhin legt er dar, dass ein Bebauungsplan nicht oftmals
geändert wird. Wenn es zu einer Änderung in der Zukunft kommen sollte, würde
dies auch wieder unter Beachtung der Beteiligungsrechte der Betroffenen
geschehen.
Herr
Jänicke ergänzt, dass die Vorschrift des § 14 BauGB auch unter der Geltung
einer Veränderungssperre die Durchführung von Unterhaltungsarbeiten zulässt.
Groth, Klaus-Peter
Herr
Groth beklagt, dass als Folge des Erlasses einer Veränderungssperre im seinem
Fall ein Bauantrag erforderlich gewesen sei, der ihn 75,00 EUR gekostet habe.
Er fragt an, wer ihm diese 75,00 EUR erstatten würde.
Der
Bürgermeister stellt klar, dass eine Erstattung nicht erfolgen kann.
Lantau, Melanie
Frau
Lantau fragt nach, ob schon ein Termin für die geplante Sondersitzung des Bau-
und Verkehrsausschusses der Gemeinde Schönberg zum Thema „Finnenhaussiedlung“
feststehen würde.
Der
Bürgermeister verneint die Frage.
Braun, Heinz
Herr
Braun schlägt vor, dass sich die Mitglieder des Bau- und Verkehrsausschusses
für persönliche Gespräche zur Verfügung stellen sollten.
Der
Bürgermeister entgegnet, dass dies sicherlich möglich sein wird und auch im
Interesse der Mitglieder des Bau- und Verkehrsausschusses liegen würde.
Hahn, Günther
Herr
Hahn fragt, ob Ausnahmen von der Veränderungssperre möglich sind, um z. B.
einen Anbau im hinteren Grundstücksbereich zu realisieren.
Dr.
Becker antwortet, dass dies grundsätzlich möglich sei. Aber auch im Hinblick
auf § 34 BauGB können sich Nachteile ergeben. Entscheidend dafür, ob ein
Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist, ist z. Z. wie es sich in die nähere
Umgebung einfügt. Die gegenwärtige Struktur der Finnenhaussiedlung führt dazu,
dass auf bestimmten Grundstücken angebaut werden dürfte, während dies auf
anderen nicht möglich sei, da sich die nähere Umgebung jeweils voneinander
unterscheidet. Daher kann der in Aussicht genommene Bebauungsplan
Rechtssicherheit für alle Grundstückseigentümer bieten. Falls es aufgrund von
Grundstücksveräußerungen zur Zusammenlegung von Grundstücken kommt, könnten
zudem massive bauliche Entwicklungen entstehen, die den Siedlungscharakter
erheblich verändern würden. Mit einem B-Plan lasse sich das verhindern.
Da
keine Wortmeldungen mehr vorliegen, bittet der Bürgermeister darum, die zu
Beginn der Veranstaltung verteilten Karten ausgefüllt in die am Ausgang
bereitstehende Wahlurne zu werfen.
Nachdem keine Wortmeldungen mehr vorliegen, schließt der Bürgermeister die Einwohnerversammlung um 21:45 Uhr.