Betreff
2. Satzung zur Änderung der Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit
Vorlage
AMTPR/BV/009/2016
Aktenzeichen
III
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Dienststellenleitung hatte bereits mehrfach im Rahmen umfangreicher Berichte über die Situation bei der Unterbringung von asylsuchenden Personen und Personen mit einem vergleichbaren Aufenthaltsstatus Stellung genommen. Die dort jeweils beschriebene Situation hat dazu geführt, dass das Amt Probstei die Entscheidung getroffen hat, ein Grundstück zu erwerben, um auf diesem Grundstück eine bauliche Anlage zur Unterbringung des in Rede stehenden Personenkreises zu betreiben. Dieser Umstand erfordert eine Änderung der Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit.

 

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen

 

Nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 des Landesaufnahmegesetzes (LAufnG) besteht im Rahmen einer Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung die spezialgesetzliche Verpflichtung, die den Städten, Gemeinden und Ämtern zugewiesenen Personen aufzunehmen, insbesondere vorläufig unterzubringen. Die damit auch dem Amt Probstei zugewiesene Aufgabe ist eine staatliche Aufgabe, zu deren Wahrnehmung es verpflichtet ist. Gestaltungsspielraum hat es lediglich bei der Frage, wie sie erfüllt wird, solange und soweit die Fachaufsichtsbehörden keine speziellen Weisungen erteilen.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 LAufnG verteilen die Kreise die von ihnen aufzunehmenden Personen, die nicht in Gemeinschaftsunterkünften im asylverfahrensrechtlichen Sinne untergebracht werden, auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden und weisen sie diesen zu.

 

Bei den unterzubringenden Personen handelt es sich gemäß § 3 Abs. 1 LAufnG in erster Linie um

 

¾     Ausländer, denen nach § 23 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis erteilt wird (Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden und Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen)

 

¾     Ausländer, denen nach § 24 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz)

 

¾     Asylbegehrende im Sinne des § 1 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG).

 

Die Aufnahmeverpflichtung erstreckt sich gemäß § 3 Abs. 2 LAufnG auch auf die Angehörigen dieser Personen (insbesondere Ehegatten und Kinder).

 

Der Kreis Plön hat gemäß § 7 Abs. 1 der Ausländer- und Aufnahmeverordnung (AuslAufnVO) insgesamt rund 4,48 % der dem Land Schleswig-Holstein zugewiesenen Personen aufzunehmen und auf die Gemeinden bzw. Ämter verteilen.

 

Die Kreise verteilen nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 Satz 1 AuslAufnVO die von ihnen aufzunehmenden Personen, die nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, auf die amtsfreien Gemeinden und Ämter und weisen sie diesen zu. Das Amt Probstei hat als von der Zahl der Einwohner (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AuslAufnVO) größte Körperschaft im Kreis Plön die höchste Zuweisungsquote, besteht jedoch zu einem Großteil aus ländlich strukturierten Gemeinden. Von den dem Kreis Plön zugewiesenen Personen hat das Amt Probstei rund 16,81 % aufzunehmen und unterzubringen.

 

  1. Schaffung einer weiteren Sammelunterkunft durch das Amt Probstei

 

Derzeit stellt sich die Lage bei der Unterbringung wesentlich entspannter dar, als dies noch vor einem Jahr der Fall gewesen ist. Unter größten Kraftanstrengungen gelang es während des Jahres 2015, die dem Amt zu Unterbringung zugewiesenen Personen auch mit Wohnraum zu versorgen. Dies führte allerdings zu der Situation, dass das Amt rund 130 Wohnungen auf dem freien Markt anmieten musste. Dies birgt ein erhebliches Risiko. Das Amt in seiner Eigenschaft als Mieter haftet dem jeweiligen Vermieter für alle aus dem Mietvertragsverhältnis entstehenden Ansprüche. Dies betrifft insbesondere Ansprüche auf Schadensersatz, die zum Beispiel dann entstehen können, wenn die Wohnungen durch die Personen, denen sie zur Nutzung überlassen wurde, nicht so behandelt werden, wie dies allgemein vorausgesetzt werden kann. So kann beispielsweise beobachtet werden, dass Wohnungen Beschädigungen aufweisen, welche durch die Nutzer verursacht wurden. Weiterhin ist eine Vielzahl von Wohnungen von Schimmel befallen. Dieser Befall hat seine Ursache vor allem in einem falschen Heiz- und Lüftungsverhalten. Um diese Risiken sukzessive zu minimieren, soll die neue Sammelunterkunft es ermöglichen, Mietverträge für angemietete Wohnungen zu kündigen.

 

Darüber hinaus soll die Auflösung der Mietverträge dazu beitragen, den Wohnungsmarkt zu entlasten. Das Amt hat aus einer Zwangslage heraus dazu beigetragen, dass das Wohnungsangebot für Personen mit geringen Einkommen verknappt wurde.

 

Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Lage bei der Unterbringung zwar entspannt hat, aber dennoch ein signifikanter Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten besteht. Mit Stand 08.09.2016 wurden dem Amt Probstei für das Jahr 2016 bereits 81 Personen zur Aufnahme und Unterbringung zugewiesen. In Ansehung der geopolitischen Lage, die sich als im höchsten Maße volatil darstellt, muss jeder Zeit damit gerechnet werden, dass es erneut zu einem großen Andrang von Flüchtlingen und Asylsuchenden kommen wird.

 

Die jetzige Situation dürfte u. a. dem Umstand geschuldet sein, dass die Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien durch den letztgenannten der beiden Staaten geschlossen wurde. Ob und wie lange dieses Grenzregime tatsächlich aufrechterhalten werden wird, kann realistischer Weise nicht beurteilt werden.

 

Auch für eine Beurteilung der Lage im Hinblick auf das Abkommen zwischen der EU einerseits sowie der Türkei andererseits ist es noch zu früh. Es bleibt abzuwarten, ob die Parteien des Abkommens ihre jeweiligen Verpflichtungen auch tatsächlich erfüllen werden.

 

Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass sich die Migrationsbewegungen auf andere Routen verlagern werden. Insbesondere sollte in Erwägung gezogen werden, dass sich die Schlepperorganisationen innerhalb kurzer Zeit auf die neue Situation einstellen werden und zum Teil sogar schon eingestellt haben. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass die Fluchtrouten demnächst (wieder) von Libyen nach Italien führen werden. Sollte erneut ein Massenzustrom über diese Route erfolgen, ist es unwahrscheinlich, dass die Fluchtbewegung die Bundesrepublik Deutschland nicht erreicht.

 

Außerdem wird zu erwägen sein, dass die zunehmend asymmetrische Kriegsführung im Rahmen der bewaffneten Konflikte insbesondere des Nahen Ostens verstärkt dazu führen könnte, dass bewusst Kampfhandlungen ausgeführt werden, die zu einer Flucht der Zivilbevölkerung in Richtung Europa führen werden. Der IS verfolgt, soweit dies aus den öffentlich zugänglichen Medien ersichtlich ist, explizit die Strategie, im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzung „Flüchtlinge zu produzieren, die in Richtung Europa getrieben werden“. Die zunehmende Ausbreitung dieses als religiös motiviert beschriebenen Konfliktes wird tendenziell wohl zu mehr statt weniger Flüchtlingen führen. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass es zu einer kurzfristigen Lösung des Konfliktes innerhalb Syriens kommen würde, wird man wohl mit dessen Verlagerung in die angrenzenden Regionen zu rechnen haben. Alles dies stimmt für die Zukunft nicht gerade optimistisch.

 

  1. Satzungsänderung

 

Um das Kaufobjekt entsprechend seiner Zweckbestimmung nutzen zu können und um eine weitgehende Kompensation für die Finanzierungskosten und die weiteren Kosten zu erreichen, ist es erforderlich, die Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit erneut zu ändern.

 

Statt der bisher drei Teileinrichtungen werden künftig vier Teileinrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit betrieben werden. Dieser Änderung wird mit der Ergänzung des § 1 Abs. 3 Satz 1 der Satzung Rechnung getragen (Artikel 1 Nr. 1).

 

Mit der Anfügung von § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 der Satzung wird die aus Gründen der Rechtsklarheit erforderliche Aufzählung der Teileinrichtungen um das neue Objekt ergänzt (Artikel 1 Nr. 2).

 

Dies ist notwendig, weil auch für die Benutzung dieser Teileinrichtung eine kostendeckende Gebühr erhoben werden muss, so dass § 8 der Satzung um eine neue Nr. 4 zu erweitern ist, (Artikel 1 Nr. 3). Mit dieser Vorschrift wird die Höhe der Benutzungsgebühr für die neue Teileinrichtung normiert.

 

Aus der in der Anlage beigefügten Kalkulation kann entnommen werden, dass diese kostendeckende Gebühr auf 51,92 EUR je m² und Monat festzusetzen ist. Die Gebühr ist von den in der Teileinrichtung untergebrachten Personen zu entrichten. Da diese in der Regel mittellos sind, erhalten sie von der Asylbewerberleistungsbehörde des Amtes die nach dem Aufenthaltsrecht zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Leistungen beinhalten auch die notwendigen Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. Nr. VI). Dies gilt entsprechend auch für den Fall, dass die untergebrachten Personen wegen einer Änderung des Aufenthaltsstatus Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II beanspruchen können.

 

Die in die Gebührenkalkulation eingestellten Kosten wurden – soweit belastbare Werte nicht zur Verfügung standen – sorgfältig geschätzt.

 

Die sich danach voraussichtlich ergebenden Kosten in Höhe von 962.900,81 EUR wurden auf die Anzahl der Leistungseinheiten innerhalb der Kalkulationsperiode vom 01.10.2016 bis 31.12.2018 verteilt und auf einen Monat umgerechnet. Die Belegung soll unverzüglich nach der Übergabe des Grundstücks und der Betriebsbereitschaft beginnen. Als Leistungseinheit fungiert – wie bei den anderen drei Teileinrichtungen auch – der m² der zur Nutzung zugewiesenen Fläche für die Wohnräume. Dadurch wird eine verursachergerechte Umlage der nicht anderweitig gedeckten Kosten erreicht. Die Summe der Leistungseinheiten beträgt danach 915,83 m² in Wohnräumen; bei einem Auslastungsgrad von 75 % ergeben sich danach 686,87 m² als Summe der Leistungseinheiten.

 

  1. Konzept zum Betrieb der Einrichtung

 

Es liegt auf der Hand, dass eine solche Anlage, die bei einer Vollauslastung 80 Personen unterschiedlichster Nationalitäten bzw. Ethnien eine Bleibe bietet, nicht wie dezentral angemieteter Wohnraum fungieren kann. Es bedarf vielmehr einer kontinuierlichen Betreuung im Rahmen eines qualifizierten Konzeptes. Die Nutzung wird durch eine Hausordnung geregelt werden.

 

  1. Finanzierung

 

Fast alle asylsuchenden Personen und Flüchtlinge sind auf die Erbringung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) angewiesen, um insbesondere den notwendigen Lebensunterhalt und die erforderlichen Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt zu erhalten. Diese Leistungen werden von der Asylbewerberleistungsbehörde des Amtes Probstei erbracht und beinhalten auch die notwendigen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die aus dem Vollzug des AsylbLG entstehenden Aufwendungen werden nach § 2 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AG-AsylbLG) durch den Kreis Plön getragen, soweit sie nicht vom Land erstattet werden. Das Land erstattet dem Kreis 90% der aufgrund der Bestimmungen des AsylbLG erbrachten notwendigen Leistungen. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 der Erstattungsverordnung. Im Ergebnis wird das Amt Probstei damit nicht durch die Leistungen nach dem AsylbLG belastet. Verwaltungskosten (Personal- und Sachkosten) für den Vollzug des AsylbLG sind jedoch vom Amt zu tragen.

 

Die vom Amt Probstei an das Kreditinstitut zu leistenden Finanzierungskosten sowie die sonstigen Kosten aus dem Betrieb der Einrichtung werden (zunächst) aus den Haushaltsmitteln des Amtes aufgebracht. In Höhe der vom Amt Probstei aufgebrachten Kosten haben die untergebrachten Personen nach ordnungsrechtlichen Grundsätzen entweder Aufwendungsersatz oder – bei Benutzung einer Einrichtung – eine Gebühr zu leisten. Die untergebrachten Personen bestreiten diesen Aufwendungsersatz oder die Benutzungsgebühr in aller Regel aus den an sie erbrachten Leistungen nach dem AsylbLG bzw. dem SGB II (vgl. oben), die auch die Kosten für Unterkunft und Heizung beinhalten. Sofern das Vorhandensein von Einkommen und/oder Vermögen eine Leistungserbringung ausschließt, müssen die untergebrachten Personen den Aufwendungsersatz bzw. die Benutzungsgebühr aus den eigenen Mitteln bestreiten.


Anlagenverzeichnis:

 

¾     Gebührenkalkulation

 

¾     Entwurf der 2. Satzung zur Änderung der Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit


Beschlussvorschlag:

 

Der Amtsausschuss beschließt

 

  1. die vorgelegte Gebührenkalkulation für die Gebührenperiode 2016 bis 2018 in der Fassung des Entwurfes gemäß Verwaltungsvorlage AMTPR/BV/009/2016,

 

  1. sich den in der Gebührenkalkulation enthaltenen Ermessensentscheidungen anzuschließen,

 

  1. die 2. Satzung zur Änderung der Satzung des Amtes Probstei zum Betrieb von Einrichtungen für die Beseitigung von Wohnungslosigkeit in der Fassung des Entwurfes gemäß Verwaltungsvorlage AMTPR/BV/009/2016.