Der Bürgermeister begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt noch einmal die Herren Kremming und Kellermann von der Firma CIMA.

 

Herr Kremming stellt das Einzelhandelskonzept vor. Während seines Vortrags stellt er sich den Zwischenfragen, insbesondere erläutert er, dass die Touristen in der Kaufkraftkennziffer als Potentialreserve mittelbar mit enthalten sind.

 

Ausschussmitglied Stoltenberg fragt sich, ob die Abwanderung von ALDI negative Auswirkungen auf die Betriebe im dortigen Umfeld haben könne, weil die Frequenz abnimmt.

 

Herr Kremming sieht dies nicht so, er sieht sogar durchaus Potentiale für die dortigen Betriebe, weil sich dort auch andere Branchen ansiedeln könnten. Er weist darauf hin, dass der Gesetzgeber diese Szenarien im Grunde erreichen auch will, da er die zentralen Versorgungsbereiche stärken möchte, um ein Ausbluten des Ortskerns zu verhindern. Das Gutachten empfehle, im Gewerbegebiet eine Ansiedlung von nicht zentrenrelevanten Sortimenten, wie beispielsweise großflächiger Einzelhandel in den Bereichen Möbel, Baumaterialien oder Sanitäreinrichtungen.

 

Für Ausschussmitglied Stoltenberg wäre es dann die logische Konsequenz, dass es auch Sinn machen würde, den MARKANT-Markt in den Ortskern zu verlagern.

 

Herr Kremming weist darauf hin, dass es hierfür auch im Ortskern entsprechende Flächen geben müsse. Im übrigen habe der Bestandsschutz Vorrang. Das Einzelhandelskonzept diene aber bei Veränderung von Rahmenbedingungen als Leitlinie für weitere Planungen.

 

Auf eine entsprechende Frage von Ausschussmitglied Winkler nach dem Bestandsschutz für den derzeitigen ALDI-Standort erläutert der Bürgermeister, dass für den derzeitigen Aldi-Standort nur ein „Lebensmittelfachmarkt“, zwar nicht durch den B-Plan, aber durch die Baugenehmigung festgeschrieben sei. Die Baugenehmigung sei seinerzeit grundstücksbezogen erteilt worden. Ein neuer Grundstückseigentümer habe drei Jahre Zeit, das Baurecht zu nutzen. Er könne selbstverständlich auch auf sein Baurecht verzichten. Erst nach Zeitablauf oder wenn durch eine beantragte Umnutzung eine Umnutzungsgenehmigung erforderlich wird, falle der Bestandsschutz weg.

 

Gewerbevereinsvorsitzender Lindau erkundigt sich, ob die Gemeinde die Möglichkeit habe zu verhindern, dass sich im Ortskern beispielsweise ein weiteres Geldinstitut ansiedelt.

 

Der Bürgermeister erläutert, dass die Gemeinde zwar die Bodennutzung und die Größe der Nutzungsfläche vorgeben und auch bestimmte Sortimente ausschließen könne, sie könne jedoch keinen Einfluss darauf nehmen, wer sich dort ansiedelt. Es gelte der Grundsatz: die Gemeinde kann die Nutzung bestimmen aber nicht den Nutzungsberechtigten.

 

Herr Kremming ergänzt, dass hierzu ein Flächenmanagement und Marketingmaßnahmen sinnvoll wären mit dem Ziel, die Frequenz und die Aufenthaltsqualität insbesondere im Kernbereich des zentralen Versorgungsbereichs zu erhöhen. Die Umsetzung eines solchen Konzeptes für den Ortskern könne aber nur gemeinsam gelingen. Die Qualität könne nicht die Gemeinde allein erreichen sondern, nur im Zusammenwirken mit den Gewerbebetreibenden.

 

Gemeindevertreterin Klein erklärt, dass sie den Ausführungen entnommen habe, dass es positiv für den Ortskern sei, wenn sich der ALDI dort ansiedele. Sie frage sich, ob des doppelt positiv zu bewerten sei, wenn sich beispielsweise auch LIDL im Ortskern ansiedele.

 

Herr Kremming erläutert, dass nach den landesplanerischen Grundsätzen generell gilt, dass ein starker zentraler Versorgungsbereich ein guter zentraler Versorgungsbereich ist, aber in diesem Fall sei es fraglich, ob eine zusätzliche Ansiedlung im Ortskern von der Fläche und von den Verkehrsströmen her überhaupt darstellbar wäre.

 

Ausschussmitglied Stoltenberg erkundigt sich, ob das Gutachten auf den neuesten Erkenntnissen der Landesplanung beruht.

 

Herr Kremming bestätigt dies.

 

Gemeindevertreter Dr. Raetzell bittet um nähere Erläuterungen zu dem sog. Verdrängungseffekt. Eine Verträglichkeit werde auf jeden Fall bei unter 10 % angenommen, teilweise sei aber auch von 20 % die Rede. Für ihn fehle das Gefühl was „Am alten Bahnhof“ noch gehe und was nicht mehr gehe.

 

Herr Kremming erläutert, dass es sich bei dem Einzelhandelskonzept und bei dem Verträglichkeitsgutachten um zwei verschiedene Dinge handele. Im Einzelhandelskonzept spiele eine Verdrängungsquote keine Rolle, sondern nur im Rahmen eines Verträglichkeitsgutachtens.

 

Gemeindevertreter Dr. Raetzell verweist auf Seite 46 des Konzeptes, wo die Verdrängungsquote erwähnt worden ist.

 

Herr Kremming kann sich das jetzt ad hoc nicht erklären. Möglicherweise handele es sich um einen Exkurs.

 

Der Bürgermeister erläutert ergänzend, dass ab 10 % die Umverteilung Gegenstand der Abwägung sein müsse. Über 20 % seien die Dinge im Regelfall kaum mehr abwägungsfähig.

 

Ausschussmitglied Petersen erkundigt sich nach dem Standort „Bahnhofshotel“. Sie fragt sich, ob dieser Standort für den großflächigen Einzelhandel lediglich wegen der schlechten Parksituation ausgeschlossen werde, und ob auf der anderen Seite dieser Standort wieder ins Kalkül zu ziehen sei, wenn beispielsweise die Parksituation durch eine Tiefgarage deutlich verbessert würde.

 

Herr Kremming hält dies für wenig realistisch. Aus seiner Sicht wäre ein Umbau zu einer leistungsfähigen Handelsimmobilie für kleinflächigen Einzelhandel wünschenswert. Dieser Standort wäre dann sicherlich ein Frequenzbringer.

 

Der Bürgermeister ergänzt, dass er mit zwei großen Handelsketten über diesen Standort gesprochen habe, die jedoch beide nicht interessiert waren. Ein Grund hierfür sei die Parkplatzsituation. Zur Umsetzung von großflächigem Einzelhandel müsste ein Investor dort eine Tiefgarage oder ein Parkdeck einbauen. Eine solche Investition wurde von beiden Handelsketten als nicht wirtschaftlich angesehen. Bei einem kleinen Lebensmittler ergebe sich die Schwierigkeit, die Preisvorstellungen des Grundstückeigentümers erfüllen zu können.

 

Ausschussmitglied Petersen erkundigt sich, welche Sortimente Herr Kremming an diesem Standort für sachgerecht hält.

 

Herr Kremming könnte sich einen weiteren Bereich Textilien, beispielsweise „junge Mode“ vorstellen oder aber Sport- oder Spielwaren, ggf. auch die Unterhaltungselektronik.

 

Ausschussmitglied Petersen kann dies nicht so ganz nachvollziehen. Sport- und Spielwaren sind aus ihrer Sicht Sortimente, bei denen man zielgerichtet Dinge kauft, die man benötigt. Hier gehe man in dem Sinne nicht „bummeln“.

 

Herr Kremming erläutert, dass letztendlich ein einzelner Betrieb ohnehin nicht zur Frequenzsteigerung beitragen könne, letztendlich mache es der Mix aus verschiedenen Branchen und Sortimenten.

 

Herr Lindau erinnert an den seinerzeit großen Frequenzbringer ALDI am Standort Ostseestrasse. Zu diesem Zeitpunkt war die untere Fußgängerzone voll belebt. Seit ALDI den Standort gewechselt habe, sei dies nicht mehr so. Ein ähnlicher Effekt habe sicherlich in Kiel der City-Park und der CITTI-Markt. Ohne den CITTI-Markt wäre der City-Park nicht so frequentiert, davon ist er fest überzeugt. Das bedeutet, dass man hier im Ortskern einen Frequenzbringer braucht.

 

Herr Kremming erläutert, dass die seinerzeitige Abwanderung des ALDI nach seinem Kenntnisstand wegen der geringen Raumkapazität am alten Standort und aus verkehrlichen Gründen sowie der Parkplatzsituation erfolgt sei. Jetzt könne man die Situation verbessern. Die städtebauliche Aufgabe bestehe darin, das Ortsbild werbewirksam gestalterisch darzustellen und gleichzeitig eine Wegelenkung und eine Aufklärung über das Angebot für die Konsumenten in der Fußgängerzone vorzunehmen.

 

Ausschussmitglied Winkler fragt sich, ob für den Fall, dass die Gemeinde dieses Einzelhandelsgutachten so beschließe, es dann für absehbare Zeit ausgeschlossen sei, dass sich außerhalb des zentralen Bereiches ein Lebensmittler ansiedelt.

 

Herr Kremming erklärt, dass dies kurzfristig sicherlich so sei. Auf der anderen Seite sei es ratsam, das Konzept in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, beispielsweise wenn Rahmenbedingungen sich ändern. Aber zunächst sollte es erst einmal zwei, drei Jahre konzeptionell umgesetzt werden.

 

Der Bürgermeister erkundigt sich, ob außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches großflächiger zentrenrelevanter Einzelhandel möglich wäre.

 

Herr Kremming erläutert, dass dies nach dem Konzept nicht möglich ist, es sei denn, die Rahmenbedingungen ändern sich aus gemeindlicher planerischer Sicht. Im übrigen sei es natürlich grundsätzlich möglich ganze zentrale Versorgungsbereiche zu planen.

 

Der Bürgermeister hält letzteres nicht für umsetzbar und verweist auf die Haltung der Landesplanung hierzu. Er erkundigt sich, ob eine Ansiedlung von Verkaufsflächen unter 800 m² außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches denkbar wäre.

 

Herr Kremming hält dies für denkbar.

 

Gemeindevertreterin Klein erkundigt sich nach den Auswirkungen eines Einzelhandelszentrum am alten Bahnhofes auf die Fußgängerzone.

 

Herr Kremming erläutert, dass der Ortskern grundsätzlich die Möglichkeit habe, von der Frequenzsteigerung am alten Bahnhof zu profitieren, aber von allein passiere das nicht. Hier sei die schon angesprochene Zusammenarbeit zwischen Gemeinde- und Gewerbeverein gefragt und eine Art Fussgängerzonenmarketing vonnöten.

 

Ausschussmitglied Petersen und Ausschussmitglied Stoltenberg erkundigen sich, ob die Bahnhofstraße die zusätzliche Verkehrsbelastung aushalten könne und ob überhaupt die bestehende Verkehrsinfrastruktur für ausreichend gehalten werde.

 

Gemeindevertreterin Klein verlässt den Sitzungssaal um 21.05 Uhr, sie betritt den Sitzungssaal um 21.07 Uhr.

 

Herr Kremming erläutert, dass es für den Konsumenten zwei verschiedene Motive gebe, einen Versorgungsbereich aufzusuchen, nämlich den Versorgungskauf und den Erlebniskauf. Der Versorgungskauf werde überwiegend mit dem Auto erledigt, der Erlebniskauf lädt zum „Bummeln“ ein. Letztendlich müsse man es durch ein intelligentes Flächenmanagement und Marketing schaffen, den Konsumenten eine verkehrlich attraktive Möglichkeit zu bieten, wie hier beispielsweise den Großparkplatz, und ihn außerdem zu einem Wiederholungsbesuch zu motivieren. Ein wichtiges Thema sei daher auch die Lenkung des Konsumenten innerhalb des Kernbereichs. Auch attraktive Ortsbildgestaltungen können dazu beitragen, dass der Konsument den Kernbereich fußläufig erkundet.

 

Ausschussmitglied Petersen fragt sich, ob Konsequenz des Gutachtens sei, dass wenn der Lebensmittelmarkt am Schönberger Strand sich über 800 m² vergrößern will, die Gemeinde dies ablehnen müsse.

 

Herr Kremming bestätigt dies.

 

Ausschussmitglied Winkler verweist auf die Sortimentenliste. Er erkundigt sich, ob es in Ordnung wäre, wenn dort etwas weggestrichen wird.

 

Herr Kremming erläutert, dass die Sortimentenliste selbstverständlich nur eine Empfehlung der CIMA sei. Entscheidend sei der planerische Wille der Gemeinde. Seiner Ansicht nach sollte man aber grundlegende Veränderungen am Konzept nicht vornehmen und wenn, dann nur mit entsprechender Begründung.

 

Stellv. Ausschussmitglied Manstein fasst die Erkenntnisse des Gutachtens zusammen. Er fragt sich dennoch, ob das Einzelhandelszentrum am alten Bahnhof kontraproduktiv für den Ortskern sein könnte, weil sich der Konsumentenstrom nach Süden verlagert.

 

Herr Lindau unterstreicht die Befürchtung. Seiner Ansicht nach brauchen die Unternehmen Planungssicherheit. Er verweist auf die Entwicklung der Fußgängerzone jenseits der Ostseestraße. Er hält es für eine sehr schwierige Entscheidung festzustellen, was genau wirklich für Schönberg der richtige Weg ist.

 

Herr Kremming erläutert, dass hier Chancen und Risiken gleichzeitig angesprochen werden. Der alte Bahnhof und der Ortskern verfolgen unterschiedliche Funktionen. Am alten Bahnhof gehe es um den Versorgungsbereich und im Ortszentrum um den Erlebnisbereich. Selbstverständlich gebe es ein Verlagerungsrisiko, aber die ganze Angelegenheit habe auch beträchtliche Chancen. Durch ein gemeinsames intelligentes Flächenmanagement und Marketing könne der Ortskern sehr wohl vom alten Bahnhof profitieren.

 

Ausschussmitglied Stoltenberg fasst zusammen, dass letztendlich der Standort „Alter Bahnhof“ eine Chance und ein Risiko sein kann. Sollte sich der MARKANT im Gewerbegebiet erweitern wollen, müsse man dies doch letztendlich nach dem Gutachten untersagen.

 

Herr Kremming erklärt, dass dies auf die Sortimente ankomme. Er nennt hier Garten- und Sanitärbedarf als mögliche Beispiele für Sortimentserweiterungen. Man könne natürlich auch eine Klausel aufnehmen, die bestehenden Betrieben eine Erweiterungsoption innerhalb von fünf Jahren ermöglicht. Dies sei aber eine Aufweichung des Konzeptes.

 

Gemeindevertreter Dr. Raetzell verlässt den Sitzungssaal um 21.35 Uhr.

 

Der Bürgermeister weist darauf hin, dass das Einzelhandelskonzept letztendlich nur eine Orientierungsgröße darstellt. Das Konzept sei selbstverständlich eine Selbstbindung, aber es bleibe gleichwohl eine Leitlinie. Die Gemeinde müsse allerdings plausibel begründen, wenn sie im Einzelfall hiervon abweiche. Für ihn sei es wichtig, auch den Gewerbeverein hierzu zu hören. Die Unterlagen habe er dem Gewerbeverein bereits zur Verfügung gestellt. Er schlägt vor, die Stellungnahme des Gewerbevereins vor einer Weiterberatung abzuwarten, damit die Stimmen des Gewerbevereins in die politische Willensbildung einfließen können.

 

Ausschussmitglied Meckel sieht dies ebenso. Er habe gemerkt, dass es schwierig ist, die Kernaussagen des Gutachtens zusammenzufassen. Er trägt die Bitte an die Gutachter vor, die Kerninhalte des Gutachtens in einer Kurzfassung zusammenzuführen. Dies wäre hilfreich für die weitere Debatte.

 

Herr Kremming sagt eine solche Kurzfassung zu. Die Kurzfassung wird dieser Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Die Ausschussmitglieder sprechen sich einvernehmlich für den Vorschlag des Bürgermeisters aus, die Angelegenheit erst nach Eingang der Stellungsnahme des Gewerbevereins eingehend zu beraten.

 

Der Bürgermeister schlägt außerdem vor, die Gemeindevertretersitzung, die für den 27.05.2010 terminiert ist, in den Juni zu verschieben, da auch das Verkehrsgutachten zunächst abgewartet werden sollte. Die Ausschussmitglieder sind hiermit einverstanden.

 

Die Mitglieder des Gewerbevereins, Herr Kremming und Herr Kellermann verabschieden sich und verlassen den Sitzungssaal.